Stadtwerke: Es bleiben offene Fragen
Viele Aalener haben Abgang von Cord Müller an der Spitze des Energieunternehmens noch immer nicht „verdaut“
- „Ein reibungsloser Übergang ist durch unsere Führungsmannschaft bis zur Wahl eines neuen Geschäftsführers gewährleistet. Stadt und Stadtwerke werden auf der Arbeitsebene noch enger zusammenarbeiten, wie dies bei der Ertüchtigung der Bäderlandschaft bereits erfolgt ist.“So steht es in einem Brief zum neuen Jahr der Stadtwerke Aalen (SWA), den diese kürzlich an ihre Geschäftspartner verschickt haben und der auch unsere Redaktion erreicht hat. Alles gut also nach der Auflösung des Vertrags mit dem bisherigen Geschäftsführer Cord Müller? Wer sozusagen auf der Straße mit so manchem Aalener ins Gespräch kommt, gewinnt einen anderen Eindruck: Der schnelle Abschied vom bisherigen Stadtwerke-Chef kurz vor Weihnachten treibt nicht wenige in der Stadt immer noch um. Und sie haben Fragen, die sie aus dem Rathaus bis heute nicht beantwortet sehen.
„Die Stadtwerke sind personell und wirtschaftlich hervorragend aufgestellt“, heißt es in dem vom Aufsichtsratsvorsitzenden Thilo Rentschler und vom neuen Geschäftsführer Wolfgang Weiß unterzeichneten Neujahrsschreiben. Und: „Wir freuen uns darauf, für unsere Geschäftspartner und Kunden weiterhin ein verlässlicher, fairer und kompetenter Partner zu sein.“Vielleicht liegt in dieser Einschätzung mit ein Grund, dass vielen Aalenern „ihre“Stadtwerke und das, was bei ihnen geschieht, nicht „Wurscht“sind. Die Stadtwerke mit ihrer stolzen 150-jährigen Geschichte begleiten die Aalener quasi rund um die Uhr durch ihren Alltag: vom morgendlichen Aufenthalt im Badezimmer über die behagliche Wärme und das Licht in der Wohnung, das Parkhaus beim Innenstadtbesuch und das Vergnügen in einem der Aalener Bäder bis hin zu abendlichen Unternehmungen, für die die Stadtwerke oft genug Sponsor oder Kooperationspartner sind.
Seit Anfang 2008 war dies alles für viele Aalener auch mit dem Namen von Cord Müller verbunden. Dem über Jahre hinweg auch der Gemeinderat immer wieder eine gute Arbeit mit guten Zahlen für die Stadtwerke bescheinigt hat. Insofern platzte für nicht wenige in der Stadt Anfang Dezember tatsächlich so etwas wie eine Bombe, als bekannt wurde, dass sich Stadt und Stadtwerke-Chef bereits zum Jahresende, einvernehmlich, wie es hieß, trennen. Und dies, wie es ebenfalls hieß, nach einem „längeren Prozess“. Was war da geschehen?
Verschwiegenheit und „Sprechklausel“
Die Tatsache, dass die mehrheitliche Zustimmung zur „einvernehmlichen“Aufhebung des Vertrags von Müller jeweils nichtöffentlich im Aufsichtsrat der Stadtwerke – was dort üblich ist – und im Gemeinderat – was dort bei Personalangelegenheiten ebenfalls Usus ist – erfolgte, hat den Aalenern ihre Fragen jedenfalls nicht beantwortet. Ebenso jene „Sprechklausel“, also die gegenseitige Verpflichtung zur Verschwiegenheit, die offenbar Bestandteil des Aufhebungsvertrags ist.
Die Fragen bleiben also. Zum Beispiel die, weshalb der Vertrag mit Müller schon Mitte 2016 vom Gemeinderat für einen neuen fünfjährigen Zeitraum ab Anfang 2018 verlängert worden ist, um ihn dann eineinhalb Jahre später aufzuheben, noch ehe er angetreten wird. Was ist also zwischen Mitte 2016 und jetzt, Ende 2017, vorgefallen? Und was muss man sich dabei unter einem „längeren Prozess“vorstellen? Tatsache scheint jedenfalls zu sein, dass es Mitte 2016 weder im Aufsichtsrat noch im Gemeinderat eine Mehrheit dafür gegeben hätte, den offenbar damals von Müller ausgegangenen Wunsch, seinen Vertrag rechtzeitig zu verlängern, abzulehnen.
Eine andere Frage, die sich viele stellen: Wie hoch ist eigentlich die finanzielle Belastung, die aus dem Aufhebungsvertrag mit Müller für die Stadtwerke entstanden ist? Die Spekulationen gehen dabei von einem hohen sechsstelligen Betrag bis zu einer Million Euro.
Wie sieht die Zukunft insgesamt aus?
Stadtrat Norbert Rehm, der mittlerweile seitenweise Traktate in Sachen Stadtwerke an das Regierungspräsidium geschickt und dort unter anderem die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen Rentschler beantragt hat, spricht darin von 600 000 bis 700 000 Euro und beruft sich dabei auf eine nichtöffentliche Sitzung, in der diese Summe so benannt worden sei. So mancher Aalener jedenfalls fragt sich auch, ob das Geld jetzt an anderer Stelle, zum Beispiel für die Bäder, fehle.
Schließlich machen sich die Bürger, wie immer wieder zu hören ist, auch Gedanken darüber, ob die jetzige Geschäftsführung der Stadtwerke durch den Wirtschaftsbeauftragten Wolfgang Weiß wirklich nur eine kommissarische Lösung sei und was es heiße, die Stadtwerke wieder enger an die Stadtverwaltung zu binden. Verbunden mit der Frage, was dies alles für die Zukunft der Stadtwerke insgesamt bedeuten könnte. Immerhin gibt es Städte, bei deren Stadtwerken längst weitere Anteilseigner wie etwa die EnBW mit im Boot sind.
Offene Antworten gibt es beim Versuch, in Sachen Stadtwerke in den Gemeinderat hineinzuhören, verständlicherweise derzeit nicht. Im Gesamtbild, sozusagen unter vorgehaltener Hand, wird aber deutlich, wie gespalten teilweise die Mitglieder insgesamt die Vorgänge weiterhin selbst bewerten – unabhängig davon, wer nun der Aufhebung des Vertrags mit Müller explizit zugestimmt hat und wer nicht. Und während sich die einen auf den Standpunkt stellen, die Dinge jetzt so zu nehmen, wie sie sind, und nach vorne zu blicken, gibt es auch solche, die sich unter anderem schlichtweg fragen, warum es zwei erwachsene und hoch dotierte Menschen nicht geschafft hätten, miteinander klarzukommen.