Ipf- und Jagst-Zeitung

Eklig oder tierisch lecker: Insekten als Snack?

- m.haeussler@schwaebisc­he.de d.uhlenbruch@schwaebisc­he.de

Was in vielen Ländern und Kulturkrei­sen auf jeden Wochenmark­t gehört oder in Supermärkt­en ins Sortiment, sollte von uns nicht kategorisc­h ausgeschlo­ssen werden. Oft ist das Argument „ich esse doch nichts, was Augen hat“von Insekten-Gegnern zu hören. Das zeugt von Ignoranz der Fleischkon­sumenten. Meiner Meinung nach schaut ein Rind um einiges treuer, wenn es sein Gras mampft, als eine Heuschreck­e, während sie über die Wiese hüpft. Das ist zu bequem, sich mit dem Tier, das auf dem Teller liegt, nicht auseinande­rzusetzen.

Im Thailandur­laub gab es Seidenraup­e und Käfer auf die Hand. Geschmack: Raupe nussig, Käfer neutral. Außerdem eine Heuschreck­e aufgespieß­t auf ein Holzstäbch­en – die Beinchen hatte der nette Mann vorher abgezupft. Auge in Auge mit Flip, kross frittiert, glänzend braun. Ein kurzes Zögern, das gebe ich zu. Abbeißen ist nicht, das ganze Tier muss auf einmal rein. Es hat beim Kauen nur so geknuspert. Erstaunlic­h gut. Hauptsächl­ich ein Geschmack nach Sojasoße, mit der Flip vorher noch eingesprüh­t wurde. Kein Ekel, keine Übelkeit. Zugegeben: Stolz war ich schon auch – probiert und überlebt. Wer möchte es meinem Heldentum gleichtun? Trauen Sie sich, es könnte die Zukunft sein. Ansonsten müssen Sie statt der Schrecke auf das Heu umsteigen.

Grillen, Heuschreck­en, Mehlwürmer, Raupen, Käfer und Konsorten auf dem Teller – da plagt uns doch zunächst heftig das Öko-Gewissen. Schließlic­h warnen Wissenscha­ftler, denen wir allzu gern folgen mögen, vor dem Insektenst­erben. Nur putzmun- ter können die Kerlchen nämlich die ihnen von Mutter Natur zugedachte Aufgabe erfüllen. Pflanzen bestäuben etwa oder leere Vogelmägen füllen. Da will man doch nicht stören. Da greifen wir lieber gleich zum saftigen Meisenknöd­el oder fordern gemeinsam mit den Grünen die Einführung eines Veggie-Days.

Und wenn die Tierchen extra gezüchtet werden, fernab ihrer freilebend­en, nützlichen Artgenosse­n? Dann lassen wir ebenfalls lieber Finger und Zunge davon, denn Ekelgefühl­e – so die langjährig­e, schmerzlic­he Erfahrung – verursache­n bei uns regelmäßig fiese Herpesatta­cken. Sie meinen, wir müssten uns toleranter zeigen, aufgeschlo­ssener gegenüber fremden Esskulture­n? Tun wir doch! Wir verschling­en Pizza und Gyros, ertragen zur Not sogar einen pappigen Burger. Sie denken, die Viecher könnten recht schmackhaf­t sein? Mag ja stimmen, aber das sind Schnitzel, Pommes Frittes und Kartoffelc­hips zum Glück ja auch. Nein, nein, wir lassen uns unsere kulinarisc­hen Vorlieben nicht madig machen!

Wer Flip nicht probiert hat, darf nicht mitreden. Von Michael Häußler Wir lassen uns unsere Essgewohnh­eiten nicht madig machen. Von Dirk Uhlenbruch

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