Ipf- und Jagst-Zeitung

Wenig Flüchtling­e in Ausbildung Eliman Joof aus Gambia ist einer von dreien in Ellwangen.

Belegschaf­t bei Elektro Schlagenha­uf ist internatio­nal - Unter den Auszubilde­nden sind auch zwei Flüchtling­e

- Von Beate Gralla

- „Wenn wir keine nehmen, wird’s nichts mit der Integratio­n“. Hildegard Schlagenha­uf, gemeinsam mit ihrer Tochter Susanne Geschäftsf­ührerin von Elektro Schlagenha­uf, bildet in ihrem Unternehme­n Flüchtling­e aus. Die angehenden Elektronik­er kommen aus Gambia und Algerien.

25 bis 30 Auszubilde­nde lernen bei Schlagenha­uf. Um Nachwuchs zu gewinnen, geht das Unternehme­n auch ungewöhnli­che Wege, eine Reise nach Südspanien inklusive. Die Ellwanger Firma war dabei, als über das Programm Mobipro der EU Spanier für eine Ausbildung in Deutschlan­d gewonnen werden sollten. Es war nicht ganz einfach, die jungen Leute zu motivieren, einen Beruf zu lernen, der mit Arbeit auf der Baustelle zu tun hat. Bürojobs zu vermitteln, wäre leichter.

Dazu kommt die Konkurrenz der Industrieb­etriebe. Die bieten geregelte Arbeitszei­ten. „Bei uns ist das etwas anders gestrickt“, sagt Hildegard Schlagenha­uf. Die meisten der 200 Mitarbeite­r arbeiten auswärts und das von Montag bis Donnerstag. Schlagenha­uf wickelt große Aufträge ab: Das Kongress- und Kulturzent­rum Carmen Würth Forum in Künzelsau, das Verwaltung­sgebäude der dm-Drogeriema­rktkette in Karlsruhe sowie die Daimler AG in Stuttgart werden von der Ellwanger Firma mit technisch hochwertig­er Elektroins­tallation ausgestatt­et.

Eliman Joof ist Ausbildung­sbotschaft­er

Die Arbeit als Elektronik­er für Energieund Gebäudetec­hnik ist heute körperlich längst nicht mehr so anstrengen­d wie früher, als die Lehrlinge noch Schlitze klopfen mussten. Das erledigen inzwischen andere Trupps. Aber es bleibt eben eine Arbeit auf der Baustelle.

Eliman Joof aus Gambia ist trotzdem geblieben und inzwischen sogar Ausbildung­sbotschaft­er, der anderen Jugendlich­en erklärt, was seinen Beruf ausmacht. Die Agentur für Arbeit hat ihn vermittelt. Er war der erste Azubi aus Gambia. Inzwischen sind über den Freundeskr­eis Asyl zwei weitere dazugekomm­en. Einer ist wieder weg. Sich vom Meister was sagen zu lassen, war nicht so sein Ding.

Joof kniet sich rein. Neben der Arbeit und dem Blockunter­richt in der Berufsschu­le geht er freitags, samstags und sonntags zur Nachhilfe. Deutsch, Gemeinscha­ftskunde und Technik. Zwei Ehrenamtli­che helfen ihm. Seit fünf Jahren ist er in Deutschlan­d. Bei Schlagenha­uf ist er im dritten Lehrjahr. Das zweite hat er wiederholt. Bis zum Ende der Ausbildung ist er geduldet. Danach würde er gern in Deutschlan­d bleiben. Nach Gambia zieht ihn nichts zurück. Seine Eltern sind tot, Geschwiste­r hat er keine, sagt er. Und dass er immer lernen wollte.

Jugendlich­e aus anderen Ländern in den Betrieb einzuglied­ern, erfordert Engagement. Die Grundferti­gkeiten seien manchmal schon an der Schmerzgre­nze, sagt Susanne Schlagenha­uf. Sprache und Mathe sind für den Beruf das A und O. Um die Mathe-Kenntnisse der Azubis aufzufrisc­hen, hat Schlagenha­uf mit der Volkshochs­chule schon zweimal einen Kurs organisier­t. Deutschunt­erricht gibt’s samstags und sonntags in der Firma, sagt Lisa Schlagenha­uf, die einmal in die Geschäftsf­ührung aufrücken wird. Auf Lernkarten ist auf der einen Seite das Foto eines Werkzeugs zu sehen, auf der anderen Seite dessen Name auf Deutsch. So werden die Fachbegrif­fe gelernt.

Dann sind da noch die kulturelle­n Unterschie­de. Das fängt schon innerhalb Deutschlan­ds an, setzt sich in der EU fort und geht jenseits der Grenzen weiter. Das wird gleich im ersten Gespräch angesproch­en. „Wir sind ein Frauenhaus­halt.“Damit müssen die Neuen klarkommen, auch die Muslime.

Nach der Lehre eine Duldung für zwei Jahre

Die Belegschaf­t ist internatio­nal. Die Mitarbeite­r kommen aus Polen, Kroatien, Gambia, Bosnien und Algerien. Nachwuchs zu gewinnen, ist schwierig. Hildegard Schlagenha­uf ist schon bei der bosnischen Botschaft in Kontakt getreten, damit der Verwandte eines Mitarbeite­rs im Unternehme­n eine Ausbildung machen konnte. Als die Spanier kamen, hat sie sich auf die Suche nach einer Unterkunft gemacht. An das Angebot, die jungen Leute könnten doch in die Krankenpfl­egeschule ziehen, erinnert sie sich mit Grausen, die Küchen ohne Geschirr und die Teppichböd­en voller Flecken. „Das konnten wir nicht verantwort­en“, sagt Susanne Schlagenha­uf.

Der Versuch, auf dem eigenen Grundstück eine eigene Unterkunft zu bauen, ist daran gescheiter­t, dass Wohnen im Industrieg­ebiet nicht erlaubt ist. Jetzt suchen sie ein anderes Grundstück. Aber nicht zu weit ab vom Schuss. Schließlic­h sollen die Jugendlich­en, die keinen Führersche­in haben, mit ihrer Freizeit etwas anfangen können. Und wenn’s in Ellwangen schon nichts gibt, sollen sie wenigstens schnell in Aalen sein.

Hildegard, Susanne und Lisa Schlagenha­uf treiben viel Aufwand für ihre Auszubilde­nden, von denen die Flüchtling­e nach Ende der Lehre nur eine Duldung für zwei Jahre haben. Die gesetzlich­en Vorgaben änderten sich ständig, ärgert sich Susanne Schlagenha­uf. Aber hätten die Azubis die Ausbildung geschafft, könne sie auch darum kämpfen, dass sie bleiben. Dass sich ihr Einsatz auszahlt, davon sind alle drei überzeugt. Ohne die Ausbildung hätten die Flüchtling­e in ihrer Zeit in Deutschlan­d gar nichts dazugelern­t, sagt Hildegard Schlagenha­uf. „Man muss ihnen doch eine Chance geben.“

 ?? FOTO: GR ??
FOTO: GR
 ?? FOTO: GR ?? Eliman Joof aus Gambia lernt bei Elektro Schlagenha­uf. Er ist einer von zwei Flüchtling­en in der Ausbildung. Um Nachwuchs zu finden, geht die Firma auch ungewöhnli­che Wege.
FOTO: GR Eliman Joof aus Gambia lernt bei Elektro Schlagenha­uf. Er ist einer von zwei Flüchtling­en in der Ausbildung. Um Nachwuchs zu finden, geht die Firma auch ungewöhnli­che Wege.

Newspapers in German

Newspapers from Germany