Fast jeder dritte Parlamentarier mit Nebentätigkeit
Bundestagsverwaltung veröffentlicht Zahlen über Nebeneinkünfte der Abgeordneten
- Mindestens 41 der 709 Abgeordneten des neuen Bundestags gehen einer bezahlten Nebentätigkeit nach. Das geht aus einer Auswertung des Portals abgeordnetenwatch.de hervor, über die die „Süddeutsche Zeitung“(Donnerstag) zuerst berichtet hatte. Demnach geht fast jeder dritte Parlamentarier einer Nebentätigkeit nach – die allermeisten allerdings unentgeltlich.
Die Abgeordneten mit bezahltem Nebenjob beziehen regelmäßige Nebeneinkünfte in Aufsichtsräten, als Firmeninhaber oder durch hoch bezahlte Beraterhonorare. Spitzenreiter auf der am Donnerstag veröffentlichten Liste sind der CSU-Abgeordnete Hans Michelbach mit mehr als 250 000 Euro pro Jahr, der AfD-Politiker Uwe Kamann mit bis zu 220 000 Euro und FDP-Mann Reinhard Houben mit Einkünften zwischen 43 000 und 90 000 Euro. Die Liste der Top-Nebenverdiener ist aber noch unvollständig. Die Bundestagsverwaltung ist nicht fertig mit ihrer Auswertung der Nebentätigkeiten der Abgeordneten.
An den Nebeneinkünften in Millionenhöhe gibt es nach der Veröffentlichung Kritik. Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch zeigt sich empört. „Wirtschaftsinteressen sollten nicht mit im Parlament sitzen“, sagte er am Donnerstag im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Topverdiener Michelbach verteidigt sich: „Es gehört zur Freiheit des Mandats, dass Abgeordnete weiter ihrem Beruf nachgehen dürfen, wenn sie in den Bundestag gewählt werden“, sagte er. Wer wie er vor seinem Einzug ins Parlament eine Firma gehabt habe, müsse sein Eigentum behalten können. Außerdem handele es sich bei seinen Angaben nicht um seinen Nebenverdienst, sondern um die Gesamterträge seiner Unternehmensgruppe. Das operative Geschäft werde nicht durch ihn, sondern durch angestellte Geschäftsführer wahrgenommen. Seine Arbeit als Parlamentarier werde dadurch nicht beeinträchtigt.
Verboten oder verwerflich sind Nebeneinkünfte verfassungsrechtlich nicht, allerdings nur unter bestimmten Umständen und in bestimmten Grenzen. Das Bundesverfassungsgericht urteilte 2007: Nur der Umstand, dass die Abgeordneten von ihrem Mandat derart in Anspruch genommen seien, dass sie ihren Lebensunterhalt anderweitig nicht bestreiten können, rechtfertige die Finanzierung des vollen Lebensunterhalts aus Steuermitteln.
Von Nebentätigkeiten wie etwa in Aufsichtsräten gingen allerdings „besondere Gefahren für die Unabhängigkeit“der Abgeordneten aus, da die Annahme naheliege, dass Einnahmen aus Nebentätigkeiten in Konzernen Auswirkungen auf die Mandatsausübung haben könnten, so das Bundesverfassungsgericht. Das Volk habe daher Anspruch darauf zu wissen, von wem seine Vertreter Geld entgegennehmen und wie viel. Die Parlamentarier müssen Einkünfte ab 1000 Euro im Monat oder 10 000 Euro im Jahr in zehn groben Stufen veröffentlichen. Spitzenstufe 10 beginnt bei 250 000 Euro und ist nach oben offen.