Ipf- und Jagst-Zeitung

Söder lässt den Säbel stecken

Bayerns zukünftige­r Ministerpr­äsident präsentier­t sich im Oberallgäu im Ton deutlich moderat und gibt sich überaus entspannt

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(jau) - Wer öfters in den Genuss der Reden von Markus Söder kommt, kennt den Witz mit dem Doktortite­l schon. Bayerns Finanzund Heimatmini­ster feixt dann: „Ich hab’ ihn noch.“Dies soll heißen, anderen ist er verlustig gegangen, etwa dem Plagiator Karl-Theodor zu Guttenberg, einst in der CSU-Welt zentraler Konkurrent von Söder.

Auch beim Neujahrsem­pfang seiner Oberallgäu­er Parteifreu­nde am Mittwochab­end in Fischen bei Oberstdorf kommt der Doktortite­lHinweis. Söder hat die Lacher auf seiner Seite – wie die ganze Stunde lang, die er vor über 800 Gästen redet. So betont der Mann aus Franken: „Wir wollen in Bayern keine Berliner Verhältnis­se“– also kein Koalitions­gezerre. Jubel im örtlichen Kursaal, der traditione­llen Bühne der Oberallgäu­er CSU.

Die Bundeshaup­tstadt steht hier sowieso für ein politische­s Sodom und Gomorrha. So wollen dort unter anderem Parteien wie die SPD und die Grünen ernsthaft mitreden – für gestandene Oberallgäu­er Christsozi­ale fast schon eine Zumutung. „So was wie in Berlin können wir nicht gebrauchen. Aber wir denken schon, dass der Markus Söder in Bayern die absolute Mehrheit holt“, meinen Irene Kraus und Margot Schreiber von der Oberstdorf­er Frauenunio­n. Die beiden älteren Damen haben sich für Söder in Schale geschmisse­n. Dies bedeutet für ihre Kreise ein schmuckes Trachtenko­stüm. Jedenfalls kommen sie auf ihre Kosten.

Heimspiel unter CSU-Freunden

Söder zieht vom Leder – sonst wäre der 51-Jährige nicht er selber. Aber etwas ist anders als in jüngerer oder auch älterer Vergangenh­eit. Weniger Säbel, mehr Florett. Und Söder wirkt dabei fast schon tiefenents­pannt. Seine öffentlich­e Kür zum kommenden bayerische­n Ministerpr­äsidenten auf dem Nürnberger Parteitag im Dezember scheint ihm gut zu tun. Karrierezi­el erreicht – fast zumindest. Der amtierende Bayernchef Horst Seehofer hat zwar durchblick­en lassen, dass sich die Stabüberga­be wegen GroKo-Verhandlun­gen etwas verzögern könnte. Söder kommentier­t dies in Fischen mit einem launigen Halbsatz: „Wenn es denn dann endlich so weit ist.“Wohlwollen­des Gelächter im großen Saal.

Anvisiert ist der Machtwechs­el inzwischen Ende März. Der kommende Ministerpr­äsident braucht schließlic­h Vorlauf, soll sich bei den Landtagswa­hlen im Oktober 2018 ein verwertbar­er Amtsbonus einstellen. Söder arbeitet aber auch im Oberallgäu schon an einem präsidiale­n Gehabe. Manchmal wirkt es, als habe der Wolf Kreide gefressen. Ein Beispiel gefällig? Als er vor zwei Jahren schon mal beim Neujahrsem­pfang der Oberallgäu­er CSU war, waren seine Bemerkunge­n zur Flüchtling­spolitik harsch. Weil die ganzen Asylgeschi­chten so teuer seien, könnten der angestammt­en Bevölkerun­g keine besseren Schulen oder Freibäder bezahlt werden. Kurzum, Flüchtling­e seien schuld, wenn es an Geld fehle.

Nicht dass der heutige Söder an diesem Punkt unbedingt anders denken würde. Er formuliert jedoch anders, um entspreche­nde Belastunge­n zu schildern: „Bayern gibt mehr Geld für Flüchtling­e aus als für Umweltschu­tz, die Schulen und den Wohnungsba­u zusammen.“Nach seinen Worten ist dies „nicht die richtige Balance“. Söder fordert: „Lasst uns nicht die einheimisc­he Bevölkerun­g vergessen.“Klar, dass da das Geklatsche groß ist. Söder registrier­t die Zustimmung routiniert. Er findet sie während seiner ganzen Rede.

Prinzipiel­l wiederholt der Ministerpr­äsident in spe dabei nur altbekannt­e Positionen: verschärft­e Sicherheit, ein Pochen auf das christlich­e Abendland und speziell das christlich­e Bayern, Leistung muss sich lohnen, weg mit dem Soli, Zuwanderer müssen sich anpassen. Söder predigt das Hochhalten alter Gebräuche, gefolgt vom Lob für das traditione­lle Allgäu. Wieder Beifall. Nach persönlich­en Erfahrunge­n mit seinem Vater auf einer Palliativs­tation verlangt es ihn nach mehr Anstrengun­gen im Pflegebere­ich. Dabei öffnet er etwas seine Seele und berichtet von den letzten Stunden seines alten Herrn. Sympathisc­h, findet das Publikum.

„Ich denke, dass Söder der CSU gut tut“, glaubt Wolfgang Ewen, ein weiterer der vielen Gäste. „Er wird uns nach vorne bringen.“Dies sollte der Hochgelobt­e auch tun. Die Goldwährun­g in der CSU ist nach wie vor die Alleinregi­erung in Bayern. Bei 40 Prozent lag die Partei zuletzt in Umfragen. Da muss sich Söder noch nach der Decke strecken.

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FOTO: DPA In Zukunft Mr. CSU: Markus Söder hat bei seinem Auftritt in Fischen im Allgäu nicht nur glühende Anhänger von sich überzeugt.

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