NSU-Prozess und Love-Parade-Verfahren
Neresheimer Anwalt Manuel Reiger ist in spektakulären Prozessen tätig
- „Wenn ich das Kloster längere Zeit nicht sehe, werde ich unruhig“, sagt Manuel Reiger. Seiner Arbeit nachgehen muss der Heimatverbundene aber in ganz Deutschland: Als Rechtsanwalt ist der 34-Jährige in Prozesse involviert, die bundesweit Schlagzeilen machen wie etwa das gerichtliche Nachspiel zur Love Parade in Duisburg oder der NSU-Prozess in München. Weil er so heimatverbunden ist, hätte er dies alles aber aufgegeben, um Bürgermeister in Neresheim zu werden.
Als junger Anwalt ist es schon etwas Besonderes, bei großen Verfahren dabei zu sein, erzählt Reiger. Im NSU-Verfahren in München beispielsweise hat er zeitweise die Nebenklage vertreten. Nach knapp zwei Monaten gehen nun die Plädoyers der Nebenklagevertreter dem Ende entgegen.
Reiger war als Nebenklage-Vertreter auch am Verfahren gegen den ehemaligen Auschwitz-Wachmann Reinhold Hanning beteiligt. Das Landgericht Detmold hatte den früheren SS-Mann im Juni 2016 für schuldig befunden, zum Funktionieren der Mordmaschinerie in Auschwitz beigetragen zu haben und ihn zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das Urteil war aber noch nicht rechtskräftig geworden, weil der Bundesgerichtshof über Revisionsanträge der Verteidiger und der Nebenkläger entscheiden sollte. Das erübrigte sich, weil Hanning im Juni vergangenen Jahres im Alter von 95 Jahren gestorben war.
Brisanter Prozess um gestreckte Krebsmedikamente
Nach Reigers Einschätzung war das Besondere an dem Verfahren, einen Überlebenden von Auschwitz kennenzulernen und als Nebenkläger vor Gericht zu vertreten. Die Gräuel, von denen man im Geschichtsbuch lesen könne, würden noch unfassbarer, wenn man sie von einem Menschen erzählt bekomme, der in diesem Vernichtungslager gewesen sei, alles habe miterleben müssen und dort einen Großteil seiner Familie verloren habe. „Es wird einem nochmals klar, dass diese industrielle Ermordung von Menschen unvergleichlich ist und niemals vergessen werden darf!“
Zurzeit vertritt Reiger eine Frau als Nebenkläger im sogenannten Apotheker-Prozess am Landgericht Essen. Dort wird einem Bottroper Apotheker vorgeworfen, systematisch Krebsmedikamente gestreckt, anschließend aber voll abgerechnet zu haben. Dadurch soll allein den gesetzlichen Krankenkassen ein Schaden von rund 56 Millionen Euro entstanden sein. Bis 13. März sind insgesamt 26 Verhandlungstage vorgesehen.
Reiger vertritt eine Frau, deren Mann von dem Angeklagten Krebsmedikamente bezogen hatte. In dem Verfahren wird deutlich, erzählt er, dass krebskranke Menschen und ihre Angehörigen ihre letzte und einzige Hoffnung in die Krebsmedikamente setzen und Apotheker nur nach Vorankündigung von der Amtsapothekerin kontrolliert werden. Reiger: „Das ist für die Opfer das allerschlimmste. Schön wäre es, wenn die Politik hier bessere Kontrollen schaffen würde.“
Nebenkläger ist der selbstständige Anwalt aus Neresheim, der mit zwei Kollegen in Stuttgart eine Bürogemeinschaft betreibt, auch beim Love-Parade-Verfahren in Duisburg. Dort vertritt er eine junge Frau aus der Nähe von Donauwörth, die im Gedränge während des Techno-Festivals an der Rampe des Duisburger Bahnhofs zwar mit dem Leben davongekommen war, aber nun unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet (wir haben darüber im überregionalen Teil bereits ausführlich berichtet).
„Das Härtsfeld ist schon etwas Besonderes“
Reiger hat in Bopfingen Abitur gemacht und danach in Augsburg Jura studiert. Beruflich hat er seinen Schwerpunkt in Stuttgart. Seine Familie aber lebt nach wie vor in Neresheim, hier hat er viele Freunde und hier hat er jahrelang Fußball gespielt. „Ich fühle mich verbunden mit der Gegend“, sagt er, „das ist meine Heimat.“Und fügt hinzu: „Das Härtsfeld ist schon was Besonderes!“
Deswegen hätte es ihn auch gereizt, in seiner Heimat als Bürgermeister wirken zu dürfen. Deshalb hatte er sich bekanntlich im Herbst um die Nachfolge von Gerd Dannenmann beworben. Die Wähler haben anders entschieden und Reiger bleibt Rechtsanwalt. Nicht ausgeschlossen jedoch, dass er eines Tages Stuttgart den Rücken kehrt und sich in seiner Heimat niederlässt.