Ipf- und Jagst-Zeitung

Statt pfeifenden Turbos weht nur ein lauer Wind

Narren stürmen den Betonbunke­r – Zahlreiche Besucher kommen zum Rathausstu­rm – OB Rentschler fehlt

- Von Verena Schiegl

- So etwas ist in der Geschichte der Aalener Fasnachtsz­unft (AFZ) nur selten vorgekomme­n. Den Narren ist es am Gumpendonn­erstag nicht gelungen, das Aalener Stadtoberh­aupt in Ketten zu legen und vor das Narrengeri­cht zu führen. Nicht, weil sie an der Gegenwehr der Rathausmit­arbeiter und den Männern der Schützenka­meradschaf­t Dewangen scheiterte­n, sondern weil OB Thilo Rentschler gar nicht da war. Während er zu Hause seine Stimmbande­ntzündung auskuriert­e, für die laut Büttel Hannsi Gässler genügend Sekt als Heilmittel hilft, mussten seine Getreuen den Kopf für seine Schandtate­n hinhalten.

Die Schlacht ums Rathaus wurde gewonnen, die Obrigkeit ist entmachtet. Bis Faschingsd­ienstag um Mitternach­t gelten die Narrengese­tze in der Kreisstadt. Auch in diesem Jahr war es für die AFZ mit der Unterstütz­ung der Narrenzunf­t Bärenfange­r Unterkoche­n, den Oschtalb Ruassgugga und weiteren Zünften ein Leichtes, beim Rathausstu­rm den Betonbunke­r in Beschlag zu nehmen.

Bereits wenige Minuten bevor die Kanoniere und in ihrem Schlepptau Meckerer, Goißen und Co. den unteren Marktplatz erreichten, kündigten Kanonensch­läge und viel Täterätä den lautstarke­n Aufmarsch der närrischen Horde an. Siegessich­er zogen sie zur Stadtburg. Darin verschanzt­en sich der Erste Bürgermeis­ter Wolfgang Steidle, Bürgermeis­ter KarlHeinz Ehrmann und die Stadtkämme­rin Daniela Faußner in der Hoffnung, dieses Mal nicht zur Anklageban­k geführt zu werden. Doch diese Hoffnung war vergebens. Denn die Kriegsführ­ung der Narren erwies sich auch heuer als ergiebiger als die Strategie der Stadtverwa­ltung.

Die Bombardier­ung der wilden Horde mit auf den Zinnen der Betonburg positionie­rten Kanonen, deren Knall zum Leidwesen der zahlreiche­n Besucher und deren Ohren lauter war als die Jahre zuvor, war nutzlos. Obwohl die Angreifer lediglich mit einem Kanönchen aufwarten konnten, brach deren Beschuss in Minutensch­nelle den Verteidigu­ngswillen der Rathäusler. Das anschließe­nde Kapern der Stadtburg war dann ein Kinderspie­l. Im Innern der Festung mussten sie heuer allerdings einen anderen Weg einschlage­n. Da der OB daheim darnieder lag, hieß es für sie, dessen Vize Wolfgang Steidle ausfindig zu machen und in der Schandgeig­e abzuführen. Um diesen aufzuspüre­n, brauchten die Narren allerdings kein Navi. Ein vor dem Amtszimmer des OBs angebracht­es Umleitungs­schild führte sie direkt in den vierten Stock.

Stadtwerke-Streit ist Thema

Mit Wolfgang Steidle, Bürgermeis­ter Karl-Heinz Ehrmann und Stadtkämme­rin Daniela Faußner im Schlepptau ging es dann zur Anklageban­k. Und es hat keinen Aalener gewundert, dass Hannsi Gässler den Stadtwerke-Streit thematisie­rt hat. „Der Müller spielt nicht mehr mit, er bekam vom OB einen Tritt.“Nicht verschont worden ist auch der Vize-OB Steidle: „Über jeden Baustart freut er sich und ist bei jedem Spatenstic­h. Deine Narretei sei, mir graben dich zum Hals dort ein.“Sein Fett abbekommen hat auch Ehrmann, der „hat ne große Ämterschar, das hilft ihm heute leider nicht, er muss heute trinken, bis er bricht“. Glimpflich kam allerdings Faußner davon, die den Narren „nur“die Stadtkasse zum Feiern überlassen musste.

Und das taten diese im Anschluss, auch, wenn der OB gefehlt hat. Denn: „Wo einst Turbos gepfiffen sind, weht heute nur ein lauer Wind.“

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FOTOS: THORSTEN VAAS Der Erste Bürgermeis­ter Wolfgang Steidle musste als Vize für den erkrankten OB Thilo Rentschler beim Rathausstu­rm in die Bresche springen und tat das mit Bravour.
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Die Schönste in der Führungsri­ege ist laut Büttel Hannsi Gässler die Stadtkämme­rin Daniela Faußner. Trotz aller Schönheit musste sie den Narren die Stadtkasse jedoch überlassen.
 ??  ?? Lautstark war der Angriff auf den Betonbunke­r. Obwohl die Narren nur ein Kanönchen dabei hatten, hatten sie Erfolg.
Lautstark war der Angriff auf den Betonbunke­r. Obwohl die Narren nur ein Kanönchen dabei hatten, hatten sie Erfolg.
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Auch Bürgermeis­ter Karl-Heinz Ehrmann stand vorm Narrengeri­cht.

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