Streit um Bild von Franz Marc
Nach den Querelen um eine abgesagte Ausstellung über den Galeristen Stern steht Düsseldorf nun vor einer heiklen Raubkunst-Frage
(dpa) - Düsseldorf hat in der heiklen Frage der Raubkunst jüngst ungeschickt agiert. Das trug der Stadt international Kritik ein. Nun gibt es ein Tauziehen um ein berühmtes Bild von Franz Marc.
Als Ronald Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses, kürzlich bei einer Veranstaltung in Berlin Deutschland wegen seines Umgangs mit NS-Raubkunst scharf kritisierte, saß auch Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel im Publikum. Geisel dürfte sich persönlich angesprochen gefühlt haben. Lauder kritisierte die „große Kluft“zwischen Ankündigungen und Taten bei der Restitution von Raubkunst. Die Schuld trügen alle zusammen: „Regierungen, Museen, Sammler, Händler, die stumme Öffentlichkeit und sogar lokale Politiker wie beispielsweise Bürgermeister, die lang geplante Ausstellungen aus politischen Vorteilen oder aus anderen Gründen absagen.“
Das war klar auf Geisel gemünzt. Die Stadt hatte Ende 2017 überraschend eine für das Frühjahr geplante Ausstellung über den von den Nazis verfolgten Düsseldorfer Galeristen Max Stern erst abgesagt und dann auf später verschoben. Die von kommunikativen Ungeschicktheiten begleitete Verschiebung entwickelte sich zu einem internationalen Eklat.Zwar soll es im Herbst ein internationales Symposium zu Max Stern geben, bei dem auch Fragen der Restitution behandelt werden sollen. Doch Geisel musste auch persönlich in Gesprächen mit jüdischen Organisationen die Wogen um die Max Stern-Ausstellung glätten. Er will auch dem Eindruck entgegenwirken, dass Düsseldorf nicht intensiv genug nach Raubkunst in seinen Museen suche. Auf Grundlage der Washingtoner Erklärung von 1998 hat die Stadt einzelne Werke bereits herausgegeben.
Schätzwert 14 Millionen Euro
Nun aber steht die Stadt vor einem spektakulären neuen Fall. Das Bild von Franz Marc „Füchse“(1913) gehört zu den Spitzenwerken der Sammlung im städtischen Museum Kunstpalast. Der Wert des signalroten kubistischen Gemäldes wird auf bis zu 14 Millionen Euro geschätzt. Auch die „Füchse“waren Thema bei Geisels Gesprächen in den USA.
Schon 2014/15 traten zwei Erbinnen des ehemaligen jüdischen Besitzers Kurt Grawi an den Kunstpalast und die Stadt heran. Nun hat Geisel die „Füchse“zur Chefsache gemacht.
Der Kaufmann Kurt Grawi (18871944) hatte die „Füchse“1928 erworben. Grawi wurde im November 1938 für mehrere Wochen ins KZ Sachsenhausen verschleppt. Er emigrierte im April 1939 mit 10 Reichsmark nach Chile. Seine Familie folgte ihm, nachdem seine Ehefrau den restlichen Besitz in Berlin verkauft hatte, um Ausreise und Zwangsabgaben finanzieren zu können.
Nach Mitteilung der Erben wechselten die „Füchse“um 1938 noch in Nazi-Deutschland „durch Zwangsverkauf unter Wert“den Besitzer. Das Gemälde tauchte 1940 in den USA auf, wo es über die Galerie Karl Nierendorf weiterverkauft wurde. 1961 erwarb der Unternehmer Helmut Horten die „Füchse“und schenkte sie der Stadt Düsseldorf.
Wie so oft ist die Spur der Kunst bis 1945 auch in diesem Fall nicht lückenlos zu klären. Belege dafür, dass Grawi das Bild freiwillig und zu einem angemessenen Kaufpreis veräußert hat, gibt es jedenfalls nicht. Wie und über wen das Bild in die USA gelangte, ist unklar. Grawis Ehefrau Else habe nach dem Krieg zwar Rückerstattung für ihre erlittenen Verluste beantragt, ein Werk von Franz Marc habe sie aber nicht genannt, so die Position der Stadt Düsseldorf.
Im April 2017 wandte sich die Leiterin des „Holocaust Claims Processing Office“(HCPO), Anna Rubin, in einem Brief an Geisel und argumentierte, dass Grawi das Marc-Gemälde „als Resultat der Verfolgung durch die Nazis verloren“habe. Die Behörde des Bundesstaates New York unterstützt Überlebende des Holocaust und ihre Erben kostenlos bei Restitutionsverfahren. Bei seinem Besuch in New York traf Geisel im Januar mit Rubin zusammen.
Die Stadt Düsseldorf habe die Beratende Kommission für Raubkunstfälle zur Vermittlung im Fall der „Füchse“einsetzen wollen, sagt Geisel. Doch die Erben seien dagegen. Sie haben Bedenken hinsichtlich der Neutralität der Kommission. Auch Lauder hatte die sogenannte Limbach-Kommission als befangen kritisiert.
Eine Lösung im Tauziehen um das Millionen-Gemälde ist auch nach drei Jahren nicht in Sicht. Inzwischen ist eine der beiden Erbinnen, Hildegard Breit, eine Schwiegertochter Grawis, in Chile gestorben. Die zweite Schwiegertochter, Ingeburg Breit, ist 88 Jahre alt. „Wir hoffen auf späte Gerechtigkeit, wie viele andere auch“, sagt die in Hamburg lebende Breit.