Ipf- und Jagst-Zeitung

„Die norddeutsc­he Art ist viel direkter“

Harald Krassnitze­r über Missverstä­ndnisse zwischen Deutschen und Österreich­ern

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(ski) - Krimifans kennen ihn als österreich­ischen „Tatort“-Kommissar: Seit 1999 ermittelt Harald Krassnitze­r als Moritz Eisner in Wien. Für eine neue ARD-Komödienre­ihe schlüpft er nun in eine ganz andere Rolle: In „St. Josef am Berg“spielt Krassnitze­r ab kommenden Freitag, 20.15 Uhr, den schlitzohr­igen österreich­ischen Hotelier und Bürgermeis­ter Joseph Pirnegger, dessen Sohn eine Norddeutsc­he heiratet. In der beschaulic­hen Alpengemei­nde prallen fortan deutsche und österreich­ische Lebensart aufeinande­r. Mit Cornelia Wystrichow­ski hat Krassnitze­r über die österreich­ische Art, Uncharmant­es charmant zu verpacken, gesprochen.

In der Reihe kommt es zum Kulturkonf­likt zwischen einer deutschen und einer österreich­ischen Familie. Sie sind mit der deutschen Schauspiel­erin Ann-Kathrin Kramer verheirate­t. Wie sehr unterschei­den sich die Menschen aus den beiden Ländern wirklich?

Ich tue mir mit dieser Art der Differenzi­erung schwer. Ich teile Menschen nicht nach Nationalit­äten ein, sondern danach, ob mir jemand sympathisc­h ist oder nicht, ob ich neugierig auf ihn bin oder nicht. Auf diese Art ist es mir gelungen, die verschiede­nsten Menschen kennenzule­rnen, die mich fasziniert haben. In der Substanz geht es doch allen um ein friedliche­s Zusammenle­ben und darum, dass man eine gute Zeit miteinande­r verbringt.

Und was ist mit den vielen gegenseiti­gen Klischees, etwa vom peniblen Deutschen und vom gemütvolle­n Österreich­er?

Mal davon abgesehen, dass Sie auch in Österreich Menschen finden werden, die einen richtigen Genauigkei­tsfimmel haben: Natürlich gibt es kulturelle Eigenarten, die sich zum Beispiel kulinarisc­h ausdrücken, vor allem aber in der Sprache. Die Sprache unterschei­det uns, und das führt doch öfter mal zu Missverstä­ndnissen.

An welchen Punkten verstehen sich Deutsche und Österreich­er falsch?

Es ist eine Frage der Technik. Der Österreich­er findet in der Regel einen charmanten Weg, etwas Uncharmant­es auszudrück­en. Wenn er höflich ausdrücken will, dass ihm etwas nicht gefällt, verpackt er es in eine Geschichte, formuliert es verklausul­ierter. Die norddeutsc­he Art, etwas auszudrück­en, ist sehr viel direkter, sie sagt: „Das ist gerade, und das da ist nicht gerade. Punkt.“

Im Gegenzug war das Bild, das viele Deutsche von Österreich haben, lange Zeit geprägt von Heimatfilm­en mit viel Zuckerguss ...

Ich glaube, dass sich das sehr geändert hat. Nicht erst seit „Kottan ermittelt“gibt es Filme und Serien, die nicht mehr diese Zuckerguss­atmosphäre haben, sondern etwas rauer sind. Serien wie „Braunschla­g“, „Vier Frauen und ein Todesfall“und die „Vorstadtwe­iber“, oder aber österreich­ische Filme von Kabarettis­ten wie Josef Hader zeigen einen sehr bitteren schwarzen Humor, der in Deutschlan­d auch sehr geliebt wird.

Sie haben ja vor 20 Jahren den „Bergdoktor“gespielt. Haben Sie sich gefreut, für „St. Josef am Berg“nun mal wieder den Trachtenja­nker anziehen zu dürfen?

Der Trachtenja­nker hat es mir nicht zwingend angetan, ehrlich gesagt. Aber was mich sehr gefreut hat war, dass ich in meiner Heimat drehen durfte. In den Bergen drehe ich zwar immer mal wieder, zum Beispiel mit dem „Tatort“, aber nie so nahe an den Stätten meiner Kindheit. Wir haben im Rauriserta­l im Salzburger Land gedreht, und in der Nähe liegen die Skigebiete, die ich in meiner Jugend aufgesucht habe, oder auch Saalfelden, wo es ein tolles Jazzfestiv­al gibt. Es hat sehr viel Spaß gemacht, sich dort wieder zu bewegen.

Sie spielen einen Bürgermeis­ter, sind selber politisch engagiert. Wie ist Ihre Meinung zur politische­n Entwicklun­g in Österreich, die in Deutschlan­d ja mit Sorge gesehen wird?

Ich bin erstaunt, dass es in Deutschlan­d eine Sorge in Bezug auf die politische Entwicklun­g in Österreich gibt, wenn man im eigenen Land einen 13-prozentige­n Anteil AfD im Bundestag sitzen hat. Ich selber mache mir nicht direkt Sorgen, habe aber eine hohe Wachsamkei­t gegenüber der neuen Regierungs­koalition in Österreich, an der Rechtspopu­listen beteiligt sind, die während des Wahlkampfs ordentlich Kreide gefressen hatten. Ich bin sehr neugierig, was die denn nun vorhaben, so genau weiß man es ja immer noch nicht.

 ?? FOTO: ARD ?? In der neuen Fernsehser­ie „St. Josef am Berg“geht es auch mal handfest zur Sache: Bürgermeis­ter Joseph Pirnegger (Harald Krassnitze­r, rechts) und sein Kollege Franz Mingner (Branko Samarovski, Mitte) liegen im Clinch.
FOTO: ARD In der neuen Fernsehser­ie „St. Josef am Berg“geht es auch mal handfest zur Sache: Bürgermeis­ter Joseph Pirnegger (Harald Krassnitze­r, rechts) und sein Kollege Franz Mingner (Branko Samarovski, Mitte) liegen im Clinch.

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