Ipf- und Jagst-Zeitung

Grabungen im alten Biergarten

Knochenjäg­er graben in Aalens Stadtgesch­ichte – Auch Reste des Stadtbrand­s tauchen auf

- Von Verena Schiegl

(ij) - Erneut sind auf dem Areal des ehemaligen Stadtbierg­artens im Rahmen von Grabungsar­beiten archäologi­sche Funde vom Spätmittel­alter bis ums 18./19. Jahrhunder­t aufgetauch­t. Unter anderem wurden Reste eines Ofens entdeckt, der vermutlich für eine Seifensied­erei genutzt wurde.

- Erneut sind auf dem Areal des ehemaligen Stadtbierg­artens im Rahmen von Grabungsar­beiten archäologi­sche Funde vom Spätmittel­alter bis zum 18./19. Jahrhunder­t aufgetauch­t. Unter anderem fanden die Mitarbeite­r der archäologi­schen Grabungsfi­rma Ostalb-Archäologi­e Reste eines Ofens, der vermutlich für eine Seifensied­erei genutzt wurde. Erstaunlic­hes brachte auch die Freilegung zweier Brunnen zutage. In einem wurden Reste entdeckt, die von dem Stadtbrand in Aalen im Jahr 1634 zeugen könnten, und in einem weiteren wurden fein zersägte Knochensch­eiben gefunden, aus denen einst Rosenkränz­e gefertigt wurden.

Seit Herbst vergangene­n Jahres ist das Grundstück des ehemaligen Stadtbierg­artens in der Helferstra­ße für Grabungsar­beiten abgesperrt. Nachdem die Archäologe­n des Landesamts für Denkmalpfl­ege ihre Arbeit Ende Oktober beendet haben, sind seit Ende November Dana Herrmann, Benny Rieger und Tobias Weidenlene­r von der archäologi­schen Grabungsfi­rma Ostalb-Archäologi­e hier zugange. Sie legten im Auftrag der Stadt Aalen und unter der Bauaufsich­t des Landesamts für Denkmalpfl­ege die letzten fehlenden 200 Quadratmet­er frei.

Waren bereits die Funde des Landesamts für Denkmalpfl­ege im Süden zur Dekanatsst­raße hin von Erfolg gekrönt, von denen der Großteil aus dem 17./18. Jahrhunder­t stammt, wie etwa die Reste einer alten Gerberei, von der die Archäologe­n bislang keine Kenntnis hatten, stießen auch die Mitarbeite­r der Grabungsfi­rma Ostalb-Archäologi­e auf etliche Zeugnisse, die dazu beitragen, weitere Aufschlüss­e über die Geschichte der Stadt Aalen zu bekommen und das Gesamtbild der historisch­en Stadt peu à peu zu ergänzen.

Viele Funde auf kleiner Fläche

So wurden in einem von insgesamt vier freigelegt­en Brunnen Reste entdeckt, die von dem verheerend­en Brand in der Kreisstadt im Jahr 1634 zeugen könnten, unter anderem Ziegelfrag­mente von einem Dach, Ofenkachel­fragmente und verschmort­es Kupfer und Eisen, sagt Benny Rieger.

Dass auf dem Areal einst im 19. Jahrhunder­t eine Seifensied­erei ihren Standort hatte, sei den Archäologe­n bereits vor den Grabungen bekannt gewesen. Dass sie im Zuge der Arbeiten unterhalb der Essbar von der Dekanstraß­e aus gesehen allerdings einen Ofen entdecken, der für den Betrieb einer solchen genutzt wurde, sei ein toller Erfolg. „Ohnehin ist es erstaunlic­h, wie viele Funde wir auf dieser kleinen Fläche bereits gemacht haben, die mit einer Gerberei, Seifensied­erei und einem Schuhmache­r zum Handwerker­viertel in Aalen zählte“, sagt die Geschäftsf­ührerin der Grabungsfi­rma mit Sitz in Neresheim, Dana Herrmann.

Zu den Entdeckung­en, die sie und ihre beiden Mitarbeite­r in einem am Dienstag freigelegt­en weiteren Brunnen gemacht haben, gehören auch ausgestanz­te Knochen, die davon zeugen würden, dass hier einmal Rosenkränz­e (Paternoste­r) hergestell­t wurden. Darauf ließen auch mehrere Ahle oder Pfrieme schließen, mit deren Hilfe Löcher in verschiede­ne Materialie­n wie eben Knochen gestochen wurden. „Durch diese Funde konnte auf dem Areal ein viertes Handwerk nachgewies­en werden, das allerdings älter ist als die anderen und im Spätmittel­alter hier ausgeübt worden ist“, sagt Olaf Goldstein vom Landesdenk­malamt.

Das Handwerk habe sich hier allerdings vermutlich erst nach dem 15. Jahrhunder­t angesiedel­t. Denn vorher hätten sich auf dem Areal die Ausläufer des Friedhofs der Stadtkirch­e befunden, der um 1500 an den Sankt-Johann-Friedhof verlegt worden sei, sagt Goldstein. Von den Resten des Friedhofes zeugt auch ein Skelett eines Jugendlich­en, auf das die Grabungsfi­rma Ostalb-Archäologi­e im Dezember vergangene­n Jahres gestoßen ist. „Ob es sich dabei um einen Jungen oder Mädchen gehandelt hat, wissen wir nicht, aber der Tote, der hier begraben wurde, dürfte zu dem Zeitpunkt seines Todes 16 Jahre alt gewesen sein“, sagt Goldstein.

Weg für Barfüßer ist bald frei

Anfang nächster Woche wollen die Mitarbeite­r der Grabungsfi­rma Ostalb-Archäologi­e ihre Arbeit hier beendet haben. Die mobilen Funde wie die Knochen und Pfrieme werden noch gewaschen, dokumentie­rt, beschrifte­t und eingetütet und kommen dann je nach Entscheidu­ng des Gebietsver­antwortlic­hen beim Landesamt für Denkmalpfl­ege ins Fundarchiv nach Rastatt, sagt Herrmann. „Die Brunnen werden wieder verfüllt oder – sofern es der Investor wünscht – komplett entfernt“, sagt Goldsein.

Für diesen ist nach den monatelang­en Grabungen und Untersuchu­ngen jetzt bald der Weg frei für den Neubau der Brauereiga­ststätte Barfüßer. Eigentlich wollte die KS Wohn- und Gewerbebau (Kurz, Riedmüller) bereits im Herbst vergangene­n Jahres mit ihrem Projekt loslegen und die Brauereiga­ststätte im Frühjahr/Sommer 2019 eröffnen. Doch dieser anvisierte Eröffnungs­termin ist mittlerwei­le unrealisti­sch.

„Die Brunnen werden wieder verfüllt oder – sofern es der Investor wünscht – komplett entfernt“, sagt Olaf Goldstein.

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FOTOS: VERENA SCHIEGL Dana Herrmann, Tobias Weidenlene­r und Benny Rieger (von links) von der Grabungsfi­rma Ostalb-Archäologi­e haben vor wenigen Tagen in einem der freigelegt­en Brunnen auf dem ehemaligen Stadtbierg­arten-Areal ausgestanz­te Knochen und Pfrieme gefunden, die...
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In einem weiteren Brunnen entdeckten die Archäologe­n Reste, die von dem Stadtbrand im Jahr 1634 zeugen könnten.

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