Gehaltsunterschied hierzulande noch größer
Frauen verdienen 21 Prozent weniger – Kluft in der Industrieregion Ostwürttemberg ist noch breiter
- Dieses Jahr ist es der 18. März. Der Tag im Jahr, bis zu dem Frauen umsonst arbeiten, um an das Gehalt der Männer heranzukommen. 21 Prozent sind es nach wie vor, die Frauen weniger verdienen. Auf der Ostalb liegt die Frauenerwerbsquote sogar auf einem unterdurchschnittlichen Niveau, es gibt eine überdurchschnittliche Anzahl von Frauen, die entweder in Teilzeit arbeiten oder geringfügig beschäftigt sind.
DGB-Gewerkschaftssekretärin Kerstin Pätzold erklärt sich den Umstand so: „Wir sind ein starker Industriestandort.“Und Industrie, das heißt: Mehr Männer, besser bezahlt, mehr männliche Führungskräfte.
Bei der ungleichen Bezahlung geht es nur bedingt darum, dass Frauen in denselben Stellen weniger verdienen – obwohl es das durchaus gibt. Das eigentliche Problem sind aber die Strukturen, teilt auch das Landratsamt Ostalb mit: Es geht um geschlechterspezifische Berufs- und Studienwahl, Frauen, die eher in Teilzeit arbeiten, nicht in Führungspositionen vertreten sind und für die Familie eher aus dem Beruf aussteigen als Männer. „Frauen sind öfter in Teilzeit, weil sie sich um die Kinder kümmern“, sagt Pätzold. Helmut Gerlach vom Arbeitsamt Aalen bestätigt das. „Oft sind es die Frauen, die Elternzeit nehmen.“Und bis die Frau nach fünf Jahren wieder im Job einsteige, seien die Männer schon drei Stufen auf der Karriereleiter gestiegen. Kinderbetreuung ist vielerorts Mangelware. In Aalen warten derzeit 250 Kinder auf einen KitaPlatz. Auf der Ostalb, im eher ländlichen Raum, sei oft auch ein Auto notwendig, um die Kinder zur Betreuung zu bringen, was die Sache erschwere.
Bianka Hamann von der IG Metall Aalen warnt vor der Teilzeit-Falle. Gerade in „Frauenberufen“, in der Pflege oder in sozialen Stellen, die sowieso schon schlechter bezahlt werden, käme es vor, dass Stellen nur in Teilzeit ausgeschrieben werden. Seit der Gewerkschaftsentscheidung vergangene Woche gebe es immerhin das Recht für Mitarbeiter, die in die Teilzeit gewechselt haben, wieder zurück auf hundert Prozent zu kommen. Hamann glaubt, dass Männer anders netzwerken, sich informieren, um auf keinen Fall weniger zu verdienen als die Kollegen.
Die Überzahl von Männern in der Chefetage habe mit Stereotypen zu tun, sagt Pätzold. „Man kann sich das besser vorstellen – oder man glaubt, dass verheiratete Frauen bald schwanger werden.“Ein Mann, der ein Kind bekomme, werde trotzdem Chef, die Frau nicht. „Das sind manchmal verinnerlichte Vorstellungen, die kann man gar nicht richtig fassen.“
Frauen neigen ihrer Meinung nach dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, zurückhaltend zu verhandeln. Es dürfe aber keinesfalls die Aufgabe der Frau sein, selbstbewusst und kämpferisch in Gehaltsverhandlungen gehen. „Man darf da nicht nur den Frauen die Verantwortung geben.“Da, wo es klare, transparente Tarife gebe, sei es gleich besser.
„Man müsste sich kontinuierlich dafür einsetzen.“Das fände seit ein paar Jahren im Anfang statt. „Die Diskussion ist stärker geworden. Da profitieren auch die Frauen“, sagt Pätzold. Man müsse Steuern dazu benutzen, soziale Tätigkeiten zu bezahlen. „Ich bin da schon zuversichtlich, aber es wird schwierig.“