Helfer im Zwielicht
Britische Regierung droht Oxfam mit Ende der finanziellen Unterstützung
- Wegen des Prostitutionsskandals bei der Hilfsorganisation Oxfam ist die Vizechefin der Organisation, Penny Lawrence, zurückgetreten. Sie übernehme die „volle Verantwortung“für das Verhalten von Mitarbeitern in diesen Ländern, auf das „wir nicht angemessen reagiert haben“. Sie schäme sich, dass dies alles passiert sei, teilte Lawrence am Montag in London mit. Als Lawrence im Jahr 2006 zu Oxfam in Großbritannien stieß, war sie zunächst als internationale Programmdirektorin für Teams in Dutzenden Ländern zuständig.
Im Gespräch mit der britischen Entwicklungshilfeministerin Penelope Mordaunt verteidigten die Manager von Oxfam am Montag die Reputation ihrer Wohlfahrtsorganisation. Die konservative Politikerin hatte die Spitze des international anerkannten Entwicklungshelfers nach den schwerwiegenden Vorwürfen einbestellt. Die Organisation müsse „moralische Führungsstärke“zeigen und alle Informationen offenlegen, forderte Mordaunt. Ansonsten werde die Regierung die Zusammenarbeit mit Oxfam beenden. Im vergangenen Jahr hatte Oxfam von der britischen Regierung 31,7 Millionen Pfund (35,7 Millionen Euro) erhalten. Auch die EU-Kommission drohte am Montag mit dem Entzug von Geldern und forderte eine vollständige Aufklärung der Vorwürfe. Die Kommission ist ein wichtiger Geldgeber für Hilfsorganisationen weltweit. Einer Sprecherin zufolge erhielt Oxfam Großbritannien 2011 aus Brüssel 1,7 Millionen Euro für Hilfsprojekte in Haiti.
Das 1942 in der Universitätsstadt gegründete „Oxforder Komitee für Hungerhilfe“, nach dem Gründungsort und dem englischen Wort Famine (übersetzt: Hungersnot) Oxfam genannt, genießt in der Entwicklungsbranche eigentlich einen guten Ruf. Die Regierung vertraut Oxfam seit Jahrzehnten Millionen Steuergelder an. Dem jüngsten Jahresbericht zufolge kam das Gesamtbudget von umgerechnet 461 Millionen Euro zu 45 Prozent von staatlichen Organisationen, der Rest von privaten Geldgebern und Unternehmen.
„Wie bei Caligula“
Die Vorwürfe beziehen sich vor allem auf Geschehnisse nach dem verheerenden Erdbeben in Haiti, bei dem 2010 mehr als 100 000 Menschen ums Leben kamen. Danach strömten Hunderte von Hilfsorganisationen in die bitterarme Karibiknation. Dem Vernehmen nach galt die örtliche Oxfam-Niederlassung unter Leitung des Belgiers Roland von Hauwermeiren schon bald als Partytreffpunkt, wo sich Entwicklungshelfer aus aller Herren Länder mit einheimischen Frauen trafen. „Wie bei Caligula“sei es dort zugegangen, behaupteten Zeugen mit Bezug auf den dekadenten Lebensstil des römischen Kaisers. Die „Times“hatte zum Wochenende zuerst über den Skandal berichtet.
Als 2011 entsprechende Hinweise bei Oxfam eingingen, ordnete die Organisation eine interne Untersuchung an. Vier Mitarbeiter wurden entlassen, drei weitere, darunter auch Hauwermeiren, reichten ihre Kündigung ein. In der Öffentlichkeit ebenso wie gegenüber der Aufsichtsbehörde Charity Commission und dem Ministerium war allgemein von „Fehlverhalten“die Rede; dass es dabei um Sex mit Prostituierten ging, wurde verschwiegen. Der Vorwurf, unter den jungen Frauen seien auch Minderjährige gewesen, habe sich nicht erhärten lassen, heißt es bei Oxfam. Bei den haitianischen Behörden habe man die Vorgänge nicht zur Sprache gebracht, weil dies die betroffenen Frauen in Schwierigkeiten hätte bringen können.