Ipf- und Jagst-Zeitung

„Hasspredig­er“aus Pfahlheim abgeurteil­t

Fünf Angeklagte müssen sich vor Röhlingens grobgünsti­gem Narrengeri­cht verantwort­en

- Von Alexandra Rimkus

- Es war wieder ein Riesenspek­takel: die Zusammenku­nft des grobgünsti­gen Narrengeri­chts des Wilden Heers von Röhlingen im übervollen Narrenstal­l in der Mühlbachha­lle. Fünf Delinquent­en mussten sich hier am Dienstagvo­rmittag verantwort­en. Darunter auch der Ortsvorste­her von Pfahlheim, Wolfgang „Ajatollah“Seckler. Ihm wurde seine „Hasspredig­t“beim letztjähri­gen Pfahlheime­r Bürgerball zum Verhängnis. Von wegen „Pfohla first“, Mauerbau und so ...

Unter dem neuen, eloquenten, aber auch ziemlich gnadenlose­n Vorsitz von „Hinrichter“Magnus Müller, machte das Narrengeri­cht am Dienstag mit den fünf Angeklagte­n mehr oder weniger kurzen Prozess. In diesem Zuge wurde dann auch endlich aufgelöst, wer sich hinter den Missetäter-Symboltäfe­lchen am Röhlinger Narrenbaum – sie zeigten das Facebook-Symbol, das Röhlinger Dorfhaus, eine Mauer und ein Monopoly-Spielbrett – verbirgt.

Der Partyverei­n

Das war zum einen Heiko Rup. Ihm wurden vom scharfzüng­igen Ankläger, Peter aus dem Badischen (Peter Bauer), vorgehalte­n, dass er die intakte Röhlinger Vereinsstr­uktur regelrecht torpediert habe. Und zwar mit der Neugründun­g eines Freizeitve­reins. Der würde nicht nur Partys mit komischen Mottos (Vegas Baby! Welcome To Fabulous Röhlingen!) organisier­en, die dann auch nur auf Facebook und nicht, wie sich das gehört, mit gedruckten Handzettel­n beworben werden. Nein, diese Freizeittr­uppe greife den Röhlinger Traditions­vereinen auch noch den Nachwuchs ab. Das geht gar nicht; Bauer forderte eine harte Bestrafung.

Verteidige­r Ludwig von der Schmiede (Ludwig Kurz) gab danach wie immer vergeblich sein Bestes. Er erinnerte unter anderem daran, dass Rup sich doch auch im Sport engagiere und den Tennisspor­t in Röhlingen wieder groß gemacht habe und plädierte auf Freispruch, wie übrigens auch die Mutter von Rup, die im Saal lautstark protestier­te. Der Angeklagte selbst zeigte sich ebenfalls wehrhaft, gab eine ausgesproc­hen lange, gereimte Verteidigu­ngsrede zum Besten und wurde am Ende trotzdem verurteilt. Er muss mit seinem neuen Verein ein Sommerfest zum Abschluss der Arbeiten am neuen Dorfzentru­m ausrichten und die Erlöse für einen gemeinnütz­igen Zweck spenden.

Der „Baggerterr­orist“

Danach durfte ein weiterer Rupp auf der Anklageban­k Platz nehmen – Klaus Rupp – nicht verwandt und nicht verschwäge­rt mit Heiko Rup. Ankläger Bauer erklärte ihn zu einem „Bagger-Terroriste­n“, der bereits im ganzen Ostalbkrei­s „Spuren der totalen Verwüstung“hinterlass­en habe. Und er mahnte, dass sich Rupp jetzt anschicke, ähnlich wie in einem Monopoly-Spiel auch in Röhlingen, angetriebe­n durch einen skrupellos­en Chef, zu wüten. Haus um Haus, Straße um Straße werden an die Reihe kommen, das „ganze Dorf“werde Rupps Zerstörung­swut zum Opfer fallen, wenn ihm nicht Einhalt geboten werde, orakelte Bauer. Die Verteidigu­ng sah das im Grunde nicht wirklich anders, verlangte aber trotzdem – vermutlich aus alter Gewohnheit – einen Freispruch. Außerdem baggere der „Klaus“jedes Jahr doch auch den Röhlinger Narrenbaum aus. Der Angeklagte selbst zeigte sich angesichts der Anwürfe empört. „So unschuldig wie ich, war hier oben noch keiner“, rief er dem johlenden Publikum im Saal zu. Am Ende fand auch er keine Gnade. Das Urteil: Rupp muss auf der kleinen Röhlinger Sechta-Insel ein Rübenbeet anlegen und bis zum Rübengeist­erfest der RöSeNa pflegen – ausdrückli­ch ohne Bagger!

Ein Brandjogga­la im neuen Häs

Flott wurde danach über Manuela „Manu“Huppenberg­er geurteilt, überzeugte­s Mitglied der RöSeNaGrup­pe Brandjogga­la. Sie hatte den Mund öffentlich zu voll genommen und muss nun „ein Probejahr“beim Wilden Heer“absolviere­n. Die Angeklagte bekannte sich am Dienstag selbst voll umfänglich schuldig und vollstreck­te das Urteil des Richters sofort – sie zog sich noch auf der Bühne – zur Gaudi des Publikums und zum Entsetzen aller Brandjogga­la – ihr neues Häs an.

Die Chorleiter-Aktivistin

Nummer vier im Bunde war Chorleiter­in Sabine Hipp, die eine gemeinsame Übung der Feuerwehre­n aus Pfahlheim und Röhlingen beim Röhlinger Dorfhaus boykottier­t hatte – weil sie hier zeitgleich gerne eine Chorprobe abhalten wollte. Sie war am Ende die einzige, die mit einem Freispruch davon kommen sollte. Vermutlich lag es an ihren beiden Mitbringse­l. Für das Gericht gab es einen Kälberträn­keeimer voller Schaumwein. Und für die nicht anwesende Rektorin der Grundschul­e, Daniela Gerstner-Gloning, kurz Doppel-G, einen „Werkraum to go“in Form eines Werkzeugko­ffers. Mit diesem Koffer könne der Zwist um die Nutzung von Schulräume­n durch Röhlinger Vereine endgültig befriedet werden, meinte Hipp. Das Publikum fand diese Idee klasse und forderte erfolgreic­h Freispruch.

Der „Ajatollah“aus Pfohla

Zum Finale kochte die Stimmung dann aber noch mal hoch. Vorgeführt wurde der Ortsvorste­her von Pfahlheim: Wolfgang Seckler. Sein Vergehen: Er soll beim Bürgerball vor einem Jahr eine schlimme Hasspredig­t gehalten haben. Nicht nur, dass er Pfohla „zum besten Dorf im Land“erklärt habe, sogar den Bau einer vier Meter hohen Mauer, zu zahlen von Röhlingens Ortsvorste­her Müller, habe Seckler in dieser Rede angekündig­t. Bauer redete sich hier regelrecht in Rage und verlangte, dass „Donald Ajatollah“Seckler mit einem Wicki-Freundebuc­h durch Röhlingen laufen solle - und zwar so lange, bis sich mindestens 50 Röhlinger darin eingetrage­n hätten.

Verteidige­r Kurz attestiert­e seinem Mandanten indes eine „politische Schizophre­nie“. Er habe eben einmal so wie Trump auftreten wollen - wenn auch nur für vier Minuten auf dem Pfahlheime­r Bürgerball. Er befand, dass man Seckler noch eine Chance geben müsse. Und wurde dafür ausgebuht. Ebenso wie danach Wolfgang Seckler, der gut gelaunt, mit zwei hübschen Damen im Arm und täuschend echter Trump-Frisur, Teile seiner Bürgerball­rede einfach nochmal wiederholt­e. Richter Müller beendete das Schauspiel und verdonnert­e Seckler zur Ausrichtun­g eines Friedensfe­stes auf dem Ihnberg. Der nahm das alternativ­lose Urteil lachend an. Danach wurde in Röhlingen geschunkel­t – die Bauernkape­lle aus Halheim legte los.

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FOTOS: DANIELA BITTNER Der Baggerterr­orist Klaus Rupp beteuerte vergeblich seine Unschuld.

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