Polens Regierungschef relativiert Aufruf zur Denunziation
Bei seinem Antrittsbesuch in Berlin verteidigt Mateusz Morawiecki jedoch die umstrittene Justizreform seines Landes
(AFP/dpa) - Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat den Aufruf seines Landes an Auslandspolen relativiert, gegen das Land gerichtete Äußerungen zu melden. „Da würde ich nicht aus einer Mücke einen Elefanten machen“, sagte Morawiecki am Freitag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Es dürften „keine falschen Schlussfolgerungen“gezogen werden, sagte der Regierungschef. Zugleich betonte er aber, sein Land wolle „weltweit dafür sorgen, dass es keine Lügen über Polen gibt“.
In einem Aufruf des polnischen Senatspräsidenten Stanislaw Karczewski von der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hieß es, „alle anti-polnischen Äußerungen, Darstellungen und Meinungen, die uns schaden“, sollten dokumentiert und die polnischen Auslandsvertretungen darüber informiert werden. Der Aufruf steht im Zusammenhang mit dem kürzlich in Kraft getretenen umstrittenen Holocaust-Gesetz in Polen. Dieses sieht Strafen vor, wenn der „polnischen Nation oder dem polnischen Staat“eine Mitschuld an den Naziverbrechen gegeben wird.
Bei der Pressekonferenz mit Merkel stellte sich Morawiecki zudem hinter die umstrittene Justizreform. Sie solle die polnische Justiz vor allem effizienter machen, sagte er. Deutschland habe nach der Wiedervereinigung ähnliche Reformen in den neuen Bundesländern durchgeführt. So etwas habe es in Polen nicht gegeben. „Besser spät als überhaupt nicht“, sagte Morawiecki. Polen steht in Europa wegen einer Justizreform in der Kritik. Die EU-Kommission sieht die Unabhängigkeit der Justiz nach den Gesetzesänderungen bedroht. Brüssel leitete im Dezember erstmals in der EU-Geschichte ein Sanktionsverfahren ein, durch das Polen sogar seine Stimmrechte in der EU verlieren könnte.
Morawiecki erneuerte auch seine Kritik an dem geplanten Bau einer weiteren Gaspipeline von Russland durch die Ostsee nach Deutschland, Nord Stream 2. Warschau warnt, Europa mache sich zunehmend von Russland abhängig.
Bundeskanzlerin Merkel sieht in Beziehungen zu Polen noch erheblichen Verbesserungsbedarf. Merkel sprach am Freitag in Berlin nach dem Antrittsbesuch des neuen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki von „ernsthaften Meinungsunterschieden“in verschiedenen Fragen und einem intensiven Dialog. „Es ist eine Menge zu tun, was wir noch besser machen können“, sagte Merkel. Zugleich aber sei vieles bereits auf dem Weg.