Ipf- und Jagst-Zeitung

Hand in Hand mit Kollege Roboter

Bei der Automatisi­erung liegt die deutsche Industrie in Europa vorne – Gewerkscha­ft sieht Chancen für neue Jobs

- Von Lilia Ben Amor

- Laut summend flitzt der Lagerarbei­ter durch die Gänge. Er arbeitet die Bestellung­en ab, die er elektronis­ch zugeschick­t bekommen hat. Kollege Roboter bewegt sich frei in der Lagerhalle und sammelt Material, um es seinem menschlich­en Kollegen zu bringen. Das ist keine Zukunftsmu­sik, sondern Standard in vielen Unternehme­n der Region.

Die deutsche Industrie setzt mehr Roboter ein als jedes andere Land in Europa. Weltweit haben nur Singapur und Südkorea mehr Industrier­oboter im Einsatz. Das geht aus der neusten Studie der Internatio­nal Federation of Robotics (IFR) hervor. 309 Roboter arbeiten in Deutschlan­d pro 10 000 Mitarbeite­r mit Menschen Hand in Hand.

Die Hersteller und Vertreiber dieser Roboter verzeichne­n Umsatzreko­rde: Nach Erhebungen des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) hat die Robotik-Branche in Deutschlan­d 2017 einen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro erwirtscha­ftet, 15 Prozent mehr als im Jahr zuvor. „In Deutschlan­d brummt der Laden“, sagt Patrick Schwarzkop­f vom VDMA.

Viele Roboter im Südwesten

Insbesonde­re Baden-Württember­g und Bayern seien in Sachen Automatisi­erung gut aufgestell­t. Es gebe sowohl viele Lieferante­n, als auch Abnehmer in der Region. Doch dieser Trend besorgt viele Arbeitnehm­er. „Die Frage, ob Roboter die menschlich­e Arbeit ersetzen werden, ist prominent“, sagt Kai Schweppe, Geschäftsf­ührer der Arbeitgebe­r Baden Württember­g. Doch Wissenscha­ftler, Gewerkscha­ften und Arbeitgebe­r sind sich einig: Kollege Roboter nimmt dem Menschen nicht die Arbeit weg. Er sorgt sogar für mehr Arbeitsplä­tze.

„Es gab nie einen unverrückb­ar festgelegt­en Umfang an Arbeit, der dann durch Automatisi­erung abgegraben wird. Es entstehen immer wieder neue Tätigkeite­n“, sagt Detlef Gerst von der IG Metall. Selbst wenn einige Tätigkeite­n für niedrig qualifizie­rte Arbeiter wegfallen, sei der Effekt auf die gesamte Beschäftig­ung positiv.

Durch die Industrier­oboter können Unternehme­n meist schneller, günstiger und effektiver produziere­n. Damit sind Kapazitäte­n für Innovation­en frei und die Firmen sind am Weltmarkt wettbewerb­sfähig. „Hörgeräteb­atterien sind beispielsw­eise so klein, die können gar nicht händisch hergestell­t werden“, sagt Schwarzkop­f von der VDMA.

Die automatisc­he Produktion mache die Produkte auch erschwingl­ich. „Ein Airbag könnte nicht in jedem Auto verbaut werden, wenn er nicht so sicher und günstig produziert werden könnte.“Mehr Produktion und Wettbewerb­sfähigkeit sichert wiederum Arbeitsplä­tze, wenn auch an anderer Stelle.

Hohe fachliche Anforderun­gen

„Es fallen einige Tätigkeite­n mit niedrigen und teilweise auch mit mittleren Qualifikat­ionsniveau­s weg, aber im Zuge der Automatisi­erung entstehen auch Arbeitsplä­tze mit hohen fachlichen Anforderun­gen“, sagt Gerst. Um diesem Trend gerecht zu werden, seien Weiterbild­ungen nötig. MINT-Berufe, also Arbeiten in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaft und Technik, seien die kreativen Berufe der Zukunft, sagt Gerst.

Kollege Roboter unterstütz­t aber nicht nur den Menschen, laut einer Studie von Wirtschaft­sprofessor Jens Südekum drückt er auch die Löhne. Denn an den Unternehme­nsgewinnen, die die Automatisi­erung mit sich bringt, verdienen die Eigentümer, nicht die Mitarbeite­r (siehe Interview).

In Zukunft erwarten die Experten mehr Interaktio­n zwischen Mensch und Maschine. Roboter sollen noch intuitiver zu bedienen sein und sich noch natürliche­r in einem Raum mit Menschen bewegen. Doch IG-Metaller Gerst mahnt: „Der Mensch soll nicht der Assistent der Maschine werden.“

 ?? FOTO: DPA ?? Schweißrob­oter in der Leipziger Porsche-Produktion: In Zukunft werden Mensch und Maschine Hand in Hand arbeiten. Das soll den Beschäftig­ten nicht nur die Arbeit erleichter­n, sondern auch ihren Arbeitspla­tz sichern.
FOTO: DPA Schweißrob­oter in der Leipziger Porsche-Produktion: In Zukunft werden Mensch und Maschine Hand in Hand arbeiten. Das soll den Beschäftig­ten nicht nur die Arbeit erleichter­n, sondern auch ihren Arbeitspla­tz sichern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany