Müder Start
Tag zwei der Berlinale mit Filmen aus Paraguay, Irland und einem Western, der komisch sein soll
- Der Ton ist rau in Berlin. Das Klima auch. Und so scheint ein wohltemperiertes Kino genau das Richtige zu sein für diese Jahreszeit. Doch leider ist der Originalitätsfaktor der Berlinale-Beiträge nach Wes Andersons Auftaktfilm „Isle of Dogs“rapide gesunken. Die Geschichte eines alternden lesbischen Paares in Paraguay („Las Herederas“), das Freiheitsdrama aus der irischen Hungerzeit („Black 47“) oder das als feministische Westernkomödie angepriesene Werk „Damsel“mit Robert Pattinson und Mia Wasikowska werfen nur eine Frage auf: Was haben die im Wettbewerb zu suchen?
Chela und Chiquita leben schon lange zusammen. Es braucht eine Weile, bis man kapiert, dass es sich bei den beiden älteren Damen um ein Paar und nicht um Schwestern handelt. Sie haben schon bessere Zeiten erlebt – in ihrer Beziehung, in ihrer Vergangenheit. Immer wieder verkaufen „Las Herederas – Die Erbinnen“, so der Titel, eines der geliebten Erbstücke.
Chiquita muss wegen der Schulden sogar für ein paar Wochen ins Gefängnis. Da allerdings geht es wesentlich lebendiger zu als in der alten, heruntergekommenen Villa. Und auch für Chela wird diese Zeit etwas verändern: Sie beginnt, sich wieder für das Leben zu interessieren, entwickelt gar eine neue Sehnsucht. Regisseur Marcelo Martinessi hat bei der Pressekonferenz gesagt, er wollte auch etwas zeigen von der gesellschaftlichen Entwicklung Paraguays nach dem Sturz von Präsident Lugo im Jahr 2012. Doch dass „Die Erbinnen“eine Parabel auf die gesellschaftliche Situation dieses lateinamerikanischen Landes sein soll, erschließt sich beim ersten Sehen nicht.
Vorhersehbares Ende
Der irische Filmemacher Lance Daly blickt in seinem Drama „Black 47“zurück in die leidvolle irische Geschichte und schildert in drastischen Bildern die große Hungersnot, die über eine Million Iren in den 1840erJahren das Leben gekostet hat. Dargestellt werden die politischen Zusammenhänge, die zum „Großen Hunger“führten. Die irischen Pächter mussten ihr Getreide an die englischen Großgrundbesitzer abgeben. Zum Essen hatten sie nur die Kartoffeln, und wenn die verfaulten, hatten sie nichts. Wer seine Pacht nicht zahlen konnte, dem zündete man das Haus an.
Daly erzählt von diesem himmelschreienden Unrecht. Im Mittelpunkt steht Martin Feeney (James Frecheville). Der hat einst als Soldat für die Engländer in Afghanistan gekämpft und kehrt nun zurück in das verwüstete Irland. Von den eigenen Leuten als Verräter verachtet, wird er zum unbarmherzigen Rächer seiner Familie. Robin O’Hood sozusagen. So verdienstvoll dieser Film sein mag, so voraussehbar ist sein Ende.
„Damsel“heißt „Jungfer“, ein Mädchen, das beschützt werden soll. Das erste Ironiesignal wollen die Regie führenden und mitspielenden Gebrüder Zellner (David und Nathan) also schon mit dem Titel ihrer Westernkomödie aussenden. Denn Penelope (Mia Wasikowska) ist alles andere als eine scheue Jungfrau. Ihren vermeintlichen Retter begrüßt die knallharte junge Lady mit einem Trommelfeuer aus ihrem Gewehr. Sie hat ihre Gründe. Hatten doch ihr törichter Verehrer Samuel Alabaster (Robert Pattinson) und sein Begleiter gerade den Gatten beim morgendlichen Wasserlassen zusammengeschossen. Wieder und wieder macht der Film Anläufe, das Genre des Western aufs Korn zu nehmen. Vergeblich. Das kann Tarantino einfach um Klassen besser.