Pflege-Wohngemeinschaft ist ein Zukunftsmodell
Firma „Lebenswert“weiht neues Betreuungsangebot für intensiv Pflegebedürftige ein – Viele Gäste in Neunheim
(möc) Großer Bahnhof in den ehemaligen Räumen des Elektrogeschäfts Papert. Sichtbar gerne sind zahlreiche Vertreter aus Politik, Kirche und Verwaltung der Einladung von Rudolf Wiedmann, dem Geschäftsführer der Lebenswert Wohnen GmbH, und seiner Frau Martina gefolgt, um hier die Eröffnung der ersten Wohngemeinschaft für intensiv Pflegebedürftige im Raum Ellwangen zu feiern.
Eine 400 Quadratmeter große Zehnzimmerwohnung und doch rappelvoll – so viele Gäste hatten sich am Freitagnachmittag in der Dr. Adolf-Schneider-Straße 1 eingefunden. Sie gratulierten zu einer neuen Versorgungsform für intensiv pflegebedürftige Menschen jeden Alters, zu einem alternativen Angebot zwischen häuslicher Pflege und der Heimunterbringung, einem Sozialprojekt mit Vorzeigecharakter.
Der Intensivpflegedienst „Lebenswert“mit Sitz in Ellwangen, im Jahr 2009 mit acht Mitarbeitern gegründet, sei längst etabliert, auf mehr als 300 Mitarbeiter gewachsen und in der häuslichen Intensivpflege inzwischen in 15 Landkreisen unterwegs. Nun wünschten die Gratulanten Wiedmann Erfolg mit seinem neuen Geschäftsfeld der PflegeWohngemeinschaften, für das er 2016 die „Lebenswert Wohnen GmbH & Co. KG“gründete. Neben der neuen WG in Neunheim, in die die ersten drei Bewohner am 27. Februar einziehen, besteht bereits eine Wohngemeinschaft in Wört. Geplant ist eine weitere WG in Aalen-Dewangen. Das Grundstück ist laut Wiedmann gekauft, Baubeginn wird im Frühjahr 2018 sein, Bezug im Frühjahr 2019.
In seiner Begrüßung freute sich Wiedmann über den Zuspruch und führte in die Geschichte seines Pflegedienstes und das Konzept der Wohngemeinschaften ein. Wichtig sei, dass die Bewohner hier möglichst selbstbestimmt leben könnten und ihre Umgebung keinen stationären Charakter vermittle, obwohl alles technisch Mögliche zu ihrer Sicherheit vorhanden sei. „Der Pflegedienst ist hier Gast“, veranschaulichte er.
Wie Familien mit einem Pflegefall zu außerklinischer Intensivpflege gelangen können, darüber informierte im Anschluss Stephan Kroneder, der Vorsitzende des Intensivpflegeverbands Deutschland. Dabei sprach er auch ein mögliches Problem an: Seit der Gesundheitsreform sei nämlich das Entlassmanagement neu geregelt. Jetzt wirke die Krankenkasse und damit der Kostenträger bei der Beratung über die geeignete Pflegeform mit. Da könne es Kassen geben, die statt auf die für den Patienten günstigste auf die wirtschaftlichste Lösung hinwirkten, sagte Kroneder und bat, „das in der Politik nochmals anzusprechen“.
Nachdem Pfarrvikar Alwin Miller das neue Haus gesegnet hatte, folgten die Grußworte. Oberbürgermeister Karl Hilsenbek freute sich über den weiteren Baustein bei den Pflegeangeboten in Ellwangen. Der CDU-Landtagsabgeordnete Winfried Mack sagte, Gelder für die Pflege bereitzustellen sei in der Politik „ein ständiges Ringen“. Um die steigenden Kosten zu finanzieren, brauche es eine wachsende Wirtschaft.
„Nichts ist schöner, als wenn das soziale Netzwerk noch ein wenig dichter wird“, lobte danach der Kreissozialdezernent Josef Rettenmaier die Firma „Lebenswert“– umso lieber, als er das in seiner Heimatgemeinde im Haus seiner Schulkameradin Monika Papert tue. Als neue Versorgungsformen würden künftig Pflege-WGs im Ostalbkreis eine Rolle spielen. Auch freute sich Rettenmaier darüber, wie Wiedmann mit der Heimaufsicht als Beratungsinstrument und nicht als Kontrollbehörde zusammengearbeitet habe, und übergab deren Okay: „Die Ampel steht für Sie auf Grün“, so der Sozialdezernent.
Auch AOK-Geschäftsführer Josef Bühler war voll des Lobes für die „sehr gute, faire Zusammenarbeit“Wiedmanns mit der AOK und für sein Projekt: „Derlei Einrichtungen gibt es in unserem Staat nicht oft.“Er habe „keine Sorge, dass dieses Haus mit seinen acht Plätzen nicht in kürzester Zeit besetzt ist“. Der „hochprofessionelle Pflegedienst“von Lebenswert sei 2017 vom medizinischen Dienst überprüft und durchweg mit 1,0 bewertet worden.
„Derlei Einrichtungen gibt es in unserem Staat nicht oft“, lobte Sozialdezernent Josef Rettenmaier die neue Plfege-WG.
Drei Impulse
Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Herbert Hieber, bezeichnete die Pflege-WG als Modellprojekt, von dem drei Impulse ausgehen. Erstens, Pflegebedürftigen ein möglichst selbst bestimmtes Leben zu ermöglichen, zweitens, Angehörige sowohl zu entlasten als auch zum Mitgestalten einzuladen, und drittens, dass zu einer guten Pflege auch die gute Bezahlung der Mitarbeiter gehöre. „Daran müssen Politik und Gesellschaft noch arbeiten.“Die Einweihung umrahmten gekonnt der Pianist Roland Hohler und der Sohn des Gastgebers, Marvin Wiedmann.