Strippenzieher und Politiker mit Bodenhaftung
Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Georg Brunnhuber feiert am Sonntag seinen 70. Geburtstag
- Er ist zwar ein in der Wolle gefärbter „Schwarzer“, der sich in Versammlungen politische Gegner schon mal wortgewaltig zur Brust nehmen kann. Trotzdem genießt er ob seines umgänglichen Wesens und seiner direkten, offenen Art über Parteigrenzen hinweg große Wertschätzung. Mit seiner Duzfreundin, Kanzlerin Angela Merkel, hat er noch hin und wieder Kontakt, mit Ex-Ministerpräsident Günther Oettinger und CDUFraktionschef Volker Kauder ist er dick befreundet: Georg Brunnhuber. Der „Schorsch“, wie ihn viele liebeund respektvoll nennen, feiert am Sonntag seinen 70. Geburtstag. Ihm ist viel gelungen, aber ein Traum blieb unerfüllt: Verkehrsminister oder mindestens Staatssekretär.
Brunnhuber war aber auch nicht an der Wiege gesungen, dass er es überhaupt einmal zu einem einflussreichen Strippenzieher in der Bundespolitik bringen würde. Und doch hat sich auf seinem Lebensweg eins harmonisch zum anderen gefügt. Er wuchs in einem christlich geprägten Elternhaus auf. Der Vater war schon beim jungen Zentrum aktiv und nach dem Krieg in dessen Nachfolgerin CDU und im katholischen Kirchengemeinderat. Auch am PeutingerGymnasium in Ellwangen war die Richtung klar, erinnert sich der Jubilar. „Meinen ersten Sozi habe ich mit 16 kennengelernt“, schmunzelt er.
Brunnhuber machte eine Zimmermannslehre und studierte in Stuttgart Architektur und Hochbau mit Schwerpunkt Städtebau. Im Landratsamt des Ostalbkreises war er als Kreisbaurat Leiter des Kreisplanungsamtes und Wirtschaftsbeauftragter.
Auf „Ochsentour“durch die Union
Dass die Politik einmal seine Profession werden würde, davon konnte lange keine Rede sein. Brunnhuber begann in der Jungen Union die parteipolitische „Ochsentour“, wurde zunächst Ortsvorsitzender in Oberkochen und später Kreisvorsitzender. 1972 trat er in die CDU ein und übernahm 1981 den Kreisvorsitz. Zu ihren beste Zeiten hatte die OstalbCDU 4000 Mitglieder und war eine Macht im Landesverband, wie der Jubilar erzählt.
1973, bei der ersten Wahl zum Kreistag des neu gebildeten Ostalbkreises, trat Brunnhuber als jüngster Bewerber an und eroberte auf Anhieb einen Sitz im Kreisparlament. 1990 folgte der Schritt, der seinem Leben eine entscheidende Wende geben sollte: Brunnhuber zog als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Aalen/Heidenheim in den ersten gesamtdeutschen Bundestag ein. Vorangegangen war eine spannende Kampfabstimmung innerhalb der CDU auf der Ostalb, in der Brunnhuber den erneut kandidierenden, lang gedienten Abgeordneten Manfred Abelein aus dem Rennen warf.
Anfangs naturgemäß ein Nobody in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn, machte sich Brunnhuber rasch einen Namen und wurde zum Verkehrsexperten der Fraktion. Beim seinerzeitigen Kanzler Helmut Kohl war er da schon kein Unbekannter mehr, denn der Ostälbler hatte es gewagt, den Regierungschef in einer Konferenz der Kreisvorsitzenden zu kritisieren, was prompt publik wurde. Der Kanzler nahm's nicht krumm, weil er, wie Kohl einmal sagte, direkte offene Worte durchaus zu schätzen wusste.
Klare Kante war überhaupt das, was Brunnhuber als Politiker immer auszeichnete. Der Oberkochener Bürgermeister Peter Traub hat es so beschrieben, als er im vergangenen Sommer Brunnhuber mit der Ehrenbürgerwürde seiner Heimatstadt auszeichnete: „Er ist ein Politiker mit Bodenhaftung geblieben, dem der Kontakt zu den Menschen wichtig gewesen ist. Er hat eine klare Linie. Er ist ein Kämpfer und deshalb wird er sowohl von Freunden als auch von politischen Gegnern respektiert und geschätzt.“
In Berlin stieg Brunnhuber nicht nur zum Vorsitzenden der CDULandesgruppe im Bundestag auf, sondern auch zum Vorsitzenden aller CDU-Landesgruppenchefs, der sogenannten Teppichhändlerrunde. Außerdem gehörte er zum engsten Vertrautenkreis der Kanzlerin. Und doch hat er seinen Wahlkreis nie vernachlässigt. Er war hier omnipräsent, wie es Traub ausdrückte. Er hatte das Ohr immer an der Basis, er konnte aber auch, einmal in Fahrt gekommen, eine volle Halle schwindlig reden.
Cheflobbyist der Bahn und Sonderbeauftragter für Stuttgart 21
Für viele überraschend kündigte Brunnhuber 2009 an, dass er sich nicht erneut um ein Bundestagsmandat bewerben wird. Das bedeutete auch seinen Abschied aus dem Aufsichtsrat der Bahn. Die Bahnverantwortlichen aber wollten auf seinen Sachverstand nicht verzichten und so machte ihn der damals neue Bahnchef Rüdiger Grube zunächst zu seinem politischen Berater. Brunnhuber baute dann eine politische Abteilung mit rund 40 Mitarbeitern auf und wurde Cheflobbyist der Bahn und Sonderbeauftragter für Stuttgart 21.
Mit diesem Projekt ist er auch nach seinem Ausscheiden bei der Bahn befasst: Seit drei Jahren ist Brunnhuber Vorsitzender des Vereins Bahnprojekt Stuttgart-Ulm. In dieser Eigenschaft ist er häufig in der Landeshauptstadt und das hat einen angenehmen Nebeneffekt: Der Vater zweier Töchter kann dann auch seine drei Enkel besuchen.