Ipf- und Jagst-Zeitung

Brasserie am Bodensee verfehlt das kulinarisc­he Thema

- Von Erich Nyffenegge­r

Preisfrage am Hafen von Langenarge­n: Was haben Kässpätzle, Zwiebelros­tbraten oder Gaisburger Marsch mit der gastronomi­schen Kultur einer Brasserie nach französisc­hem Vorbild zu tun? Richtig geraten – gar nichts. Und damit wäre das Grundprobl­em von Jovos Brasserie bereits definiert, nämlich der Umstand, dass weder Konzept noch Küche so richtig zusammenpa­ssen wollen. Diesen Eindruck kann auch die idyllische Lage fast unmittelba­r am Bodensee nicht ausreichen­d übertünche­n. Denn vom Rauschen der Wellen sowie kreischend­en Möwen wird der Mensch ja nicht satt.

Grundsätzl­ich vermag die geschmackv­olle Inneneinri­chtung mit der farblichen Verbindung von elegantem Schwarz und goldigem Beige eine wunderbare Atmosphäre zu schaffen. Durch die bodentiefe­n Glasfronte­n weht die Stimmung des Bodenseeuf­ers zu den Gästen herein. Gerade im Winter, wenn die Platanen wie gerupft an der Promenade stehen, gepeitscht von Regen und Schnee, ließe es sich ausgezeich­net in der Brasserie, die ja in Wirklichke­it keine ist, sitzen und genießen. Nur: Dafür hat das Essen zu viele Schwächen. Das beginnt bei der dünnen Flädlesupp­e, die auf der Karte als Rinderkraf­tbrühe angepriese­n wird. Eine Kraftbrühe, oder Consommé wie die Franzosen sagen, zeichnet sich aber dadurch aus, dass sie besonders intensiv schmeckt. Weil bei einer echten Kraftbrühe eine fertige Rinderbrüh­e noch einmal mit kleingehac­ktem Rindfleisc­h gekocht wird, was den Geschmack intensivie­rt. Das trifft auf die Suppe bei Jovo nicht im Geringsten zu. Doch die Parade der kulinarisc­hen Fragwürdig­keiten geht noch weiter – und zwar mit dem Zanderfile­t in Mandelbutt­er nebst Salzkartof­feln, die ihren Namen nicht verdienen, weil sie gänzlich ungesalzen schmecken. Der Fisch, der in Mehl gewendet in die Pfanne kommt, zeigt sich auf dem Teller mit Fett überzogen, was nicht schlimm wäre, würde es sich um Butter handeln. Doch der Geschmack lässt nicht darauf schließen. Die Farbe des Fetts ist hell und klar, was ein Hinweis ist, dass es sich um einfaches Speiseöl handeln könnte. Jedenfalls wertet das den ansonsten passabel gebratenen Zander unnötig ab.

Mit der Nachspeise kommt dann der letzte Hoffnungst­räger dieses Menüs an den Tisch – übrigens serviert von einem aufmerksam­en und zuvorkomme­nden Kellner, dessen Charme insbesonde­re einer fröhlichen Damenrunde am Nachbartis­ch immer wieder mädchenhaf­tes Gekicher entlockt. Die bestellten Apfelküchl­e verbreiten indes keine Fröhlichke­it, weil der Teigmantel mit seiner dunkel-bronzenen Farbe und pappiger Konsistenz nichts mit der Luftigkeit eines frisch aufgeschla­genen Teiges gemein hat.

Das Wort Brasserie seht eigentlich für Brauerei. In Frankreich sind es Orte, an denen zu Bier oder Landwein ehrliche Hausmannsk­ost serviert wird. Diese Erwartungs­haltung kann das Lokal nicht erfüllen. Dabei ist die kleine Karte eigentlich prädestini­ert, mit einfachen Gerichten samt frischen und ordentlich­en Zutaten zu punkten. Natürlich wird das Haus trotz seiner Schwächen in der Saison gut besucht sein. Dafür liegt es einfach zu schön. Und der vorbildlic­he Service sowie die Wohlfühlat­mosphäre trösten über vieles hinweg. Aber das Essen ist kein zwingender Grund, um bei Jovo einzukehre­n.

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FOTO: NYFFENEGGE­R Der gebratene Zander in Mandelbutt­er mit Salzkartof­feln erfüllt nicht ganz die Erwartunge­n des Gasts am Bodensee.
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