Brasserie am Bodensee verfehlt das kulinarische Thema
Preisfrage am Hafen von Langenargen: Was haben Kässpätzle, Zwiebelrostbraten oder Gaisburger Marsch mit der gastronomischen Kultur einer Brasserie nach französischem Vorbild zu tun? Richtig geraten – gar nichts. Und damit wäre das Grundproblem von Jovos Brasserie bereits definiert, nämlich der Umstand, dass weder Konzept noch Küche so richtig zusammenpassen wollen. Diesen Eindruck kann auch die idyllische Lage fast unmittelbar am Bodensee nicht ausreichend übertünchen. Denn vom Rauschen der Wellen sowie kreischenden Möwen wird der Mensch ja nicht satt.
Grundsätzlich vermag die geschmackvolle Inneneinrichtung mit der farblichen Verbindung von elegantem Schwarz und goldigem Beige eine wunderbare Atmosphäre zu schaffen. Durch die bodentiefen Glasfronten weht die Stimmung des Bodenseeufers zu den Gästen herein. Gerade im Winter, wenn die Platanen wie gerupft an der Promenade stehen, gepeitscht von Regen und Schnee, ließe es sich ausgezeichnet in der Brasserie, die ja in Wirklichkeit keine ist, sitzen und genießen. Nur: Dafür hat das Essen zu viele Schwächen. Das beginnt bei der dünnen Flädlesuppe, die auf der Karte als Rinderkraftbrühe angepriesen wird. Eine Kraftbrühe, oder Consommé wie die Franzosen sagen, zeichnet sich aber dadurch aus, dass sie besonders intensiv schmeckt. Weil bei einer echten Kraftbrühe eine fertige Rinderbrühe noch einmal mit kleingehacktem Rindfleisch gekocht wird, was den Geschmack intensiviert. Das trifft auf die Suppe bei Jovo nicht im Geringsten zu. Doch die Parade der kulinarischen Fragwürdigkeiten geht noch weiter – und zwar mit dem Zanderfilet in Mandelbutter nebst Salzkartoffeln, die ihren Namen nicht verdienen, weil sie gänzlich ungesalzen schmecken. Der Fisch, der in Mehl gewendet in die Pfanne kommt, zeigt sich auf dem Teller mit Fett überzogen, was nicht schlimm wäre, würde es sich um Butter handeln. Doch der Geschmack lässt nicht darauf schließen. Die Farbe des Fetts ist hell und klar, was ein Hinweis ist, dass es sich um einfaches Speiseöl handeln könnte. Jedenfalls wertet das den ansonsten passabel gebratenen Zander unnötig ab.
Mit der Nachspeise kommt dann der letzte Hoffnungsträger dieses Menüs an den Tisch – übrigens serviert von einem aufmerksamen und zuvorkommenden Kellner, dessen Charme insbesondere einer fröhlichen Damenrunde am Nachbartisch immer wieder mädchenhaftes Gekicher entlockt. Die bestellten Apfelküchle verbreiten indes keine Fröhlichkeit, weil der Teigmantel mit seiner dunkel-bronzenen Farbe und pappiger Konsistenz nichts mit der Luftigkeit eines frisch aufgeschlagenen Teiges gemein hat.
Das Wort Brasserie seht eigentlich für Brauerei. In Frankreich sind es Orte, an denen zu Bier oder Landwein ehrliche Hausmannskost serviert wird. Diese Erwartungshaltung kann das Lokal nicht erfüllen. Dabei ist die kleine Karte eigentlich prädestiniert, mit einfachen Gerichten samt frischen und ordentlichen Zutaten zu punkten. Natürlich wird das Haus trotz seiner Schwächen in der Saison gut besucht sein. Dafür liegt es einfach zu schön. Und der vorbildliche Service sowie die Wohlfühlatmosphäre trösten über vieles hinweg. Aber das Essen ist kein zwingender Grund, um bei Jovo einzukehren.