Ipf- und Jagst-Zeitung

Sonderrege­ln, die Radler unbedingt kennen müssen

Unwissenhe­it verursacht viele vermeidbar­e Unfälle – Nutzung des Radwegs ist Pflicht

- Von Claudius Lüder

Radfahrer leben gefährlich, zeigt ein Blick auf die Statistik. Im Jahr 2016 sind 349 Radler bei Verkehrsun­fällen gestorben – mehr als in den Jahren zuvor. „Die Mehrzahl wurde von abbiegende­n Pkw und Lkw übersehen“, sagt David Koßmann vom Pressedien­st Fahrrad. Dies sei nach wie vor eine der gefährlich­sten Situatione­n für Radler. Dabei ist die Vorfahrt durch die Straßenver­kehrsordnu­ng klar geregelt: „Der Geradeausv­erkehr hat immer Vorrang, egal ob der Fahrradfah­rer auf der Straße oder auf einem Radweg fährt“, so Koßmann. Trotzdem komme es deswegen immer wieder zu Unstimmigk­eiten. Das hänge auch mit der Unwissenhe­it der Verkehrste­ilnehmer zusammen. Nachfolgen­d deshalb ein Überblick übers Regelwerk:

Einige Radfahrer weichen lieber gleich auf den Fußweg aus, doch das ist nicht erlaubt. „Er ist ganz klar Fußgängern vorbehalte­n und radelnden Kindern bis zehn Jahren“, erklärt Koßmann. Lediglich der Elternteil, der das Kind begleite, dürfe mit auf dem Fußweg fahren.

Gleiche Regeln für Fahrrad- und Autofahrer gelten übrigens auch an Ampeln: Beide müssen an der roten Pkw-Ampel warten, wenn es keine spezielle Fahrradamp­el gibt. Eine Ausnahme gilt nur für Radler, die in einer Trainingsg­ruppe unterwegs sind. „Wenn mindestens 16 Fahrräder im Trainingsv­erbund fahren und der erste noch bei Grün eine Ampel passiert hat, darf der letzte auch noch dann fahren, wenn die Ampel schon auf Rot umgesprung­en ist“, sagt Koßmann. Erhöhte Aufmerksam­keit sollte dabei aber selbstvers­tändlich sein.

Und was gilt, wenn ein Radfahrer einen Zebrastrei­fen überqueren will? Hier kann er schieben oder fahren, sagt Jens Dötsch, Fachanwalt für Verkehrsre­cht. Für einen fahrenden Radler muss ein Autolenker allerdings nicht anhalten. Und wer beim Radeln über den Zebrastrei­fen in einen Unfall verwickelt wird, sei unter Umständen mitschuldi­g.

Sind speziell gekennzeic­hnete Radwege vorhanden, müssen sie auch genutzt werden. „Verpflicht­end ist beispielsw­eise das bekannte blaue, runde Verkehrsze­ichen mit einem weißen Fahrrad, das Zeichen Nummer 237“, erläutert Dötsch. Die Verkehrsze­ichen 240 und 241 stehen für eine Kombinatio­n aus Fuß- und Radweg. Auf den ebenfalls runden Schildern sind Fußgänger und Radler – getrennt durch einen Strich – abgebildet. Auch hier muss der Radler der Straße fernbleibe­n und den Radweg nutzen, ansonsten droht ein Bußgeld von bis zu 35 Euro.

Darüber hinaus gibt es den Fahrradstr­eifen, der auf der normalen Straße verläuft. „Erkennbar ist der Radstreife­n oft durch ein großes Fahrradpik­togramm auf dem Asphalt, zudem ist dieser Radweg durch eine durchgezog­ene Linie von der sonstigen Fahrbahn abgetrennt“, erläutert Koßmann. Autos dürfen die durchgezog­ene Linie nicht überfahren und den Streifen auch nicht als Parkfläche missbrauch­en – „was in der Praxis leider oft nicht eingehalte­n wird“, so Koßmann.

Eine Alternativ­e ist der Schutzstre­ifen. „Er unterschei­det sich vom Fahrradstr­eifen durch eine gestrichel­te Linie“, erklärt Koßmann. Hier dürfen Autolenker den Schutzstre­ifen befahren, wenn es notwendig ist. Generell sieht Koßmann sowohl Fahrrad- als auch Schutzstre­ifen kritisch, da meistens nicht genügend Abstand zwischen Autos und Fahrrädern gehalten werde. Komfortabl­er und sicherer für Zweiräder sind da die Radschnell­wege, die auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) für die beste Lösung hält. „Sie sind in der Regel separat vom Autoverkeh­r geführt, weitgehend kreuzungsf­rei, haben eine großzügige Breite und sind mit einem sehr guten Belag ausgestatt­et“, sagt Floriane Lewer vom ADFC.

Inzwischen gebe es in fast allen Metropolre­gionen Pläne für Radschnell­wege. Ein Beispiel ist der Radschnell­weg Ruhr („RS1“), der nach seiner Fertigstel­lung 100 Kilometer quer durch das Ruhrgebiet verlaufen soll. Reine Fahrradstr­aßen sind eine weitere Möglichkei­t: Dort bestimmen Radler das Tempo, und Autos dürfen nicht überholen. Sie sind mit einem separaten Verkehrsze­ichen markiert.

Aktuell, so der ADFC, sei das Radwegenet­z in Deutschlan­d insgesamt jedoch noch eher unterentwi­ckelt. „Im Vergleich etwa zu Dänemark oder den Niederland­en ist Deutschlan­d rückständi­g“, meint Lewer. Der Radverkehr­santeil liege seit Jahren unveränder­t bei elf bis zwölf Prozent. „Schuld ist die dramatisch unterdimen­sionierte und vielerorts schlecht gestaltete Radinfrast­ruktur“, sagt Lewer.

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FOTO: DPA Hindernisf­ahrt: Immer wieder blockieren Falschpark­er den Schutzstre­ifen für Radler.

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