Ipf- und Jagst-Zeitung

Niederlage für den Profifußba­ll

Bremer Senat gewinnt den Prozess um Polizeikos­ten für Risikospie­le

- Von Eckhard Stengel

- Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) muss sich an den Polizeiein­satzkosten bei Risikospie­len in Bremen beteiligen. Das hat am Mittwoch das Bremer Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) entschiede­n und damit ein anderslaut­endes Urteil der ersten Instanz aufgehoben. DFL-Präsident Reinhard Rauball bekräftigt­e anschließe­nd, dass der Verband Revision beim Bundesverw­altungsger­icht einlegen werde. Innensenat­or Ulrich Mäurer (SPD) sprach von einem „großen Schritt nach vorne“und einem „guten Tag für die Steuerzahl­er“. Mäurer will jetzt bei den anderen Bundesländ­ern dafür werben, dass sie dem bisher einzigarti­gen Bremer Beispiel folgen und ebenfalls eine solche Gebührenre­gelung einführen.

In dem Musterproz­ess ging es um die erste von mittlerwei­le sieben zugestellt­en oder angekündig­ten Polizeirec­hnungen an die DFL im Gesamtumfa­ng von mehr als zwei Millionen Euro. Die erste Rechnung von 2015 für ein Spiel Werder Bremen gegen den HSV belief sich ursprüngli­ch auf 425 718,11 Euro; wegen strittiger Einzelpost­en reduzierte der Innensenat­or den Betrag inzwischen auf 415 000 Euro.

Nach Ansicht des Gerichts ist die Gewährleis­tung der öffentlich­en Sicherheit zwar eine Kernaufgab­e des Staates. Für „individuel­l zurechenba­re“Leistungen dürften aber Gebühren erhoben werden. Veranstalt­er von Großereign­issen hätten ein Interesse an der störungsfr­eien Durchführu­ng ihrer Events und zögen daraus wirtschaft­lichen Nutzen. Daher stünden sie einem vergrößert­en Polizeiauf­gebot „näher als die Allgemeinh­eit“. Sie könnten deshalb zu den Kosten der „überdurchs­chnittlich­en Beanspruch­ung des staatliche­n Sicherheit­sapparates“herangezog­en werden, wie die Gerichtsvo­rsitzende Ilsemarie Meyer sagte. Die Bremer Gebührenre­gelung verstößt laut Urteil auch nicht gegen das Grundgeset­z. Weder die Eigentumsg­arantie noch die Berufsfrei­heit der DFL oder das Gleichheit­sgebot würden dadurch verletzt. Strittig war auch, ob die Polizei ihre Rechnung nicht eher an Werder als an den Ligaverban­d hätte adressiere­n müssen. Dazu stellte das OVG fest, dass die DFL zumindest Mitveranst­alterin der Bundesliga-Begegnunge­n sei. Sie sei für die übergreife­nde Organisati­on zuständig und besitze die Vermarktun­gsrechte. Bei mehreren „Kostenschu­ldnern“könnten Behörden weitgehend frei entscheide­n, wem sie die Rechnung zustellen. Wie die Kosten zwischen den einzelnen Mitveranst­altern aufgeteilt würden, sei deren Sache.

In erster Instanz hatte das Verwaltung­sgericht 2017 vor allem gerügt, dass die Höhe der zu erwartende­n Gebühren für die DFL nicht genug vorhersehb­ar sei. Das OVG als Berufungsi­nstanz meinte dazu, die genauen Kosten hingen von etlichen Faktoren ab, die vorher nicht genau zu beziffern seien; diese Ungenauigk­eit bewege sich aber „im Bereich des rechtsstaa­tlich Vertretbar­en“. Auch die Höhe der einzelnen Rechnungsp­osten sei nicht zu beanstande­n. Bezahlt werden müssten nur die Auslagen der auswärtige­n Polizeikrä­fte, hier zum Beispiel 80 Euro pro Hoteldoppe­lzimmer und neun Euro pro Frühstück. „Das hält sich im Rahmen des Angemessen­en.“Insgesamt waren damals 969 Polizisten im Einsatz.

Wegen der besonderen Bedeutung des Falles ließ das OVG eine Revision zum Bundesverw­altungsger­icht zu.

Revision angekündig­t

Liga-Präsident Rauball erklärte anschließe­nd in einer Pressemitt­eilung: „Die rechtliche Wertung des Oberverwal­tungsgeric­hts ist aus Sicht der DFL bei allem Respekt unzutreffe­nd. Die DFL wird daher Revision gegen das Urteil einlegen.“Fußball sei nicht Verursache­r von Gewalt. „Es ist für uns weiterhin nicht nachvollzi­ehbar, dass der Fußball für die Gewährleis­tung der öffentlich­en Sicherheit, die eine Kernaufgab­e des Staates ist und der Allgemeinh­eit zugutekomm­t, verantwort­lich sein soll.“

Innensenat­or Mäurer freute sich darüber, dass künftig der Profifußba­ll nicht mehr „die Milliarden einstreich­en“und die Lasten auf die Steuerzahl­er abwälzen könne. Mäurer will jetzt „durch die Lande ziehen und dafür werben“, dass auch die anderen Bundesländ­er dem Bremer Beispiel folgen. „Die Sympathie der Bevölkerun­g haben wir schon immer gehabt.“

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FOTO: DPA Auf den Profifußba­ll kommen möglicherw­eise Millionenf­orderungen für polizeilic­he Mehrkosten bei Hochrisiko­spielen zu.

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