Verbrenner sichert mehr als 600 000 Jobs
Verbot von Benzin- und Dieselmotoren würde im Südwesten die meisten Arbeitsplätze kosten
- Ein Verbot von Verbrennungsmotoren hätte in BadenWürttemberg die gravierendsten Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Das geht aus einer Untersuchung des Münchner Ifo-Instituts hervor, bei der mögliche Jobverluste erstmals auf die einzelnen Bundesländer aufgeschlüsselt wurden. Demnach hängen im Südwesten 157 000 Jobs direkt an der Produktion von Motoren und Komponenten wie Kühlern, Getrieben oder Abgasanlagen, was einem Anteil von 13 Prozent an den gesamten Industriearbeitsplätzen im Autoland BadenWürttemberg entspricht.
Auch wenn es um den kontrovers diskutierten Vorschlag, die Zulassung von Verbrennungsmotoren in Deutschland ab dem Jahr 2030 an zu verbieten, zuletzt wieder still wurde: Vom Tisch ist das Thema noch nicht. Das für kommenden Dienstag erwartete Urteil des Bundesverwaltungsgerichts über die Rechtmäßigkeit von Dieselfahrverboten in Städten könnte der erste Schritt sein in Richtung eines generellen Zulassungsverbots für Verbrennungsmotoren. Andere Länder machen es vor: In Norwegen kommt das VerbrennerAus bereits 2025. Die Niederlande und Indien haben sich auf 2030 festgelegt, Großbritannien und Frankreich folgen zehn Jahre später.
Ein solches Verbot würde Deutschland im Allgemeinen und Baden-Württemberg im Besonderen empfindlich treffen. Denn die Automobilindustrie ist vor allem auf Verbrennungsmotoren spezialisiert. In vielen Regionen dominieren die Autobauer mit ihrem dichten Netz an Zulieferern die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt. Ein Zulassungsverbot für Verbrennungsmotoren würde deutliche Einbußen bei Beschäftigung und Wertschöpfung zur Folge haben.
Zwar können viele Teile, die für Autos mit konventionellem Antrieb gebaut werden, auch bei Elektroautos eingesetzt werden. Auch könnten die Autobauer künftig noch stärker auf E-Motoren und andere alternative Antriebstechnologien setzen und so Teile der über viele Jahre gewachsenen Produktionsinfrastruktur sichern. Dennoch macht der Übergang zur Elektromobilität etliche Zulieferer und Arbeitsplätze in der Produktion überflüssig, da Elektromotoren viel einfacher aufgebaut und mit deutlich weniger Teilen auskommen.
Kolben, Pleuel und Kurbelwellen braucht der Elektroantrieb nicht mehr, auch keine Abgasanlage. Und selbst das Getriebe eines Elektromotors ist deutlich simpler aufgebaut als ein hochkomplexes SiebengangDoppelkupplungsgetriebe mit Dutzenden von Bauteilen. Bei all diesen Komponenten gehören Zulieferer aus Baden-Württemberg – von Mahle über ZF bis hin zu Eberspächer – zu den Marktführern.
In der vom Verband der Autoindustrie in Auftrag gegebenen Studie erläutert das Ifo-Institut im Sommer 2017, dass mehr als 600 000 der heutigen Industriearbeitsplätze direkt oder indirekt von einem Verbot von Verbrennungsmotoren betroffen wären. Das entspräche zehn Prozent der deutschen Industriebeschäftigung. Bei der Wertschöpfung wären die negativen Effekte eines Verbrenner-Verbots ab 2030 noch deutlicher: Insgesamt 13 Prozent oder 48 Milliarden Euro der Bruttowertschöpfung der deutschen Industrie wären tangiert, heißt es in der Studie.
Während Baden-Württemberg bei einem Verbot von Verbrennungsmotoren in absoluten Zahlen die höchsten Jobverluste zu verkraften hätte, wäre das VW-Land Niedersachsen prozentual am stärksten betroffen. Die Ifo-Experten schätzen, dass 16 Prozent der Industriearbeitsplätze dort an der Produktion von Verbrennungsmotoren und Komponenten hängen. Die Ifo-Experten unterscheiden dabei in Jobs, die direkt vom Verbrennungsmotor abhängig sind (Motorteile, Abgasanlage) und solche, die indirekt von Verbrennungsmotoren abhängen (Getriebe).