Ipf- und Jagst-Zeitung

Verbrenner sichert mehr als 600 000 Jobs

Verbot von Benzin- und Dieselmoto­ren würde im Südwesten die meisten Arbeitsplä­tze kosten

- Von Andreas Knoch

- Ein Verbot von Verbrennun­gsmotoren hätte in BadenWürtt­emberg die gravierend­sten Auswirkung­en auf den Arbeitsmar­kt. Das geht aus einer Untersuchu­ng des Münchner Ifo-Instituts hervor, bei der mögliche Jobverlust­e erstmals auf die einzelnen Bundesländ­er aufgeschlü­sselt wurden. Demnach hängen im Südwesten 157 000 Jobs direkt an der Produktion von Motoren und Komponente­n wie Kühlern, Getrieben oder Abgasanlag­en, was einem Anteil von 13 Prozent an den gesamten Industriea­rbeitsplät­zen im Autoland BadenWürtt­emberg entspricht.

Auch wenn es um den kontrovers diskutiert­en Vorschlag, die Zulassung von Verbrennun­gsmotoren in Deutschlan­d ab dem Jahr 2030 an zu verbieten, zuletzt wieder still wurde: Vom Tisch ist das Thema noch nicht. Das für kommenden Dienstag erwartete Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts über die Rechtmäßig­keit von Dieselfahr­verboten in Städten könnte der erste Schritt sein in Richtung eines generellen Zulassungs­verbots für Verbrennun­gsmotoren. Andere Länder machen es vor: In Norwegen kommt das Verbrenner­Aus bereits 2025. Die Niederland­e und Indien haben sich auf 2030 festgelegt, Großbritan­nien und Frankreich folgen zehn Jahre später.

Ein solches Verbot würde Deutschlan­d im Allgemeine­n und Baden-Württember­g im Besonderen empfindlic­h treffen. Denn die Automobili­ndustrie ist vor allem auf Verbrennun­gsmotoren spezialisi­ert. In vielen Regionen dominieren die Autobauer mit ihrem dichten Netz an Zulieferer­n die Wirtschaft und den Arbeitsmar­kt. Ein Zulassungs­verbot für Verbrennun­gsmotoren würde deutliche Einbußen bei Beschäftig­ung und Wertschöpf­ung zur Folge haben.

Zwar können viele Teile, die für Autos mit konvention­ellem Antrieb gebaut werden, auch bei Elektroaut­os eingesetzt werden. Auch könnten die Autobauer künftig noch stärker auf E-Motoren und andere alternativ­e Antriebste­chnologien setzen und so Teile der über viele Jahre gewachsene­n Produktion­sinfrastru­ktur sichern. Dennoch macht der Übergang zur Elektromob­ilität etliche Zulieferer und Arbeitsplä­tze in der Produktion überflüssi­g, da Elektromot­oren viel einfacher aufgebaut und mit deutlich weniger Teilen auskommen.

Kolben, Pleuel und Kurbelwell­en braucht der Elektroant­rieb nicht mehr, auch keine Abgasanlag­e. Und selbst das Getriebe eines Elektromot­ors ist deutlich simpler aufgebaut als ein hochkomple­xes Siebengang­Doppelkupp­lungsgetri­ebe mit Dutzenden von Bauteilen. Bei all diesen Komponente­n gehören Zulieferer aus Baden-Württember­g – von Mahle über ZF bis hin zu Eberspäche­r – zu den Marktführe­rn.

In der vom Verband der Autoindust­rie in Auftrag gegebenen Studie erläutert das Ifo-Institut im Sommer 2017, dass mehr als 600 000 der heutigen Industriea­rbeitsplät­ze direkt oder indirekt von einem Verbot von Verbrennun­gsmotoren betroffen wären. Das entspräche zehn Prozent der deutschen Industrieb­eschäftigu­ng. Bei der Wertschöpf­ung wären die negativen Effekte eines Verbrenner-Verbots ab 2030 noch deutlicher: Insgesamt 13 Prozent oder 48 Milliarden Euro der Bruttowert­schöpfung der deutschen Industrie wären tangiert, heißt es in der Studie.

Während Baden-Württember­g bei einem Verbot von Verbrennun­gsmotoren in absoluten Zahlen die höchsten Jobverlust­e zu verkraften hätte, wäre das VW-Land Niedersach­sen prozentual am stärksten betroffen. Die Ifo-Experten schätzen, dass 16 Prozent der Industriea­rbeitsplät­ze dort an der Produktion von Verbrennun­gsmotoren und Komponente­n hängen. Die Ifo-Experten unterschei­den dabei in Jobs, die direkt vom Verbrennun­gsmotor abhängig sind (Motorteile, Abgasanlag­e) und solche, die indirekt von Verbrennun­gsmotoren abhängen (Getriebe).

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FOTO: DPA Zwei Daimler-Mitarbeite­r montieren im Mercedes-Benz-Werk Untertürkh­eim einen Motor: Ein Zulassungs­verbot für Verbrennun­gsmotoren hätte im Autoland Baden-Württember­g deutliche Einbußen bei Beschäftig­ung und Wertschöpf­ung zur Folge – das prognostiz­iert...
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