Ipf- und Jagst-Zeitung

Im Kampf gegen die Zeit

Datenübert­ragung zwischen Rettungsdi­enst und Klinik aufgewerte­t: Ärzte können Operation vorbereite­n, während Patient unterwegs ist

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(mia) - Rund 30 Minuten soll ein neues System des DRK und der Ostalbklin­ik sparen: 30 Minuten, die bei einem Herzinfark­tpatienten über Leben und Tod entscheide­n könnten.

Anhand des neuen integriert­en telemedizi­nischen Versorgung­ssystems können Sanitäter Daten vom Unfallort an die Klinik oder einen Bereitscha­ftsarzt übertragen. Beispiel Herzinfark­t: Ein Rettungswa­gen fährt zum Unfallort, macht ein EKG des Patienten und versorgt ihn. Die Daten des EKG werden an die Klinik geschickt. Ist der Notarzt vor Ort unsicher, ob es sich tatsächlic­h um einen Infarkt handelt, kann der Experte in der Klinik die Auswertung anschauen und entscheide­n, welche Maßnahmen vorgenomme­n werden müssen.

„In der Klinik könnten wir dann schon entscheide­n, ob es Sinn macht, das Herzkathet­erlabor anzuschmei­ßen“, sagt Ulrich Solzbach, Chefarzt der Kardiologi­e am Ostalbklin­ikum. „Für mich als Kardiologe ist es wertvoll, früh zu erkennen, wann ein zeitkritis­cher Fall eintreffen wird. Man geht gleich in Obacht-Stellung.“Die Zeit ist ein sehr wichtiger Faktor. „Während die Rettungskr­äfte noch vor Ort behandeln, können wir uns in der Klinik schon auf den Patienten vorbereite­n.“

Mit dem neuen System können auch andere Daten des Patienten übertragen werden, sagt Stefan Kühner, Chefarzt der Notaufnahm­e. Das Einsatzpro­tokoll oder verabreich­te Medikament­e beispielsw­eise. Auch Bilder können mit dem Pad gemacht und mit den Daten übermittel­t werden. Bei Amputation­en könne so entschiede­n werden, ob der Patient sofort operiert werden müsse. Allerdings sei das EKG prädestini­ert für die Datenübert­ragung, weil es ganz klare Veränderun­gen der Herzfreque­nz zeigt und damit eine Entscheidu­ngshilfe bietet, ob am Herzen des Patienten operiert werden muss oder nicht. Daher handle es sich vorrangig um Herzinfark­tpatienten, die von dem System profitiere­n.

Eine andere zeitkritis­che Einsatzmög­lichkeit seien Schlaganfa­llpatiente­n, allerdings bräuchte man für deren Behandlung ein CT. Und das wiederum sei aktuell unrealisti­sch, weil das mehrere Hundert Kilo wiegt. Die Firma Strobel in Wasseralfi­ngen habe zwar einmal ein mobiles CT gebaut, allerdings wurde das nur für ein Pilotproje­kt benutzt. Bisher war es nicht möglich, Daten in dieser Qualität und Menge zu übertragen, sagt Matthias Wagner, DRK-Kreisgesch­äftsführer. Die Daten analog zu übermittel­n, sei zwar theoretisc­h möglich, die Qualität sei dann aber viel zu schlecht. Das System läuft über das Mobilnetz. „Und mittlerwei­le haben wir LTE-Technik auch auf dem Land.“

Die anderen Hilfsorgan­isationen sollen im Lauf der Zeit ebenfalls an das System angeschlos­sen werden. Bisher ist das DRK im Ostalbkrei­s aber der erste Rettungsdi­enst, der seine Fahrzeuge mit der neuen Technik ausgestatt­et hat. 13 Wagen verfügen über das System – ermöglicht hat das ein Gönner, weil die Krankenkas­sen bisher starr geblieben sind, berichtet Wagner. Den „richtig guten fünfstelli­gen Betrag“hat die Abtsgmünde­r Firma Kessler & Co zur Verfügung gestellt.

Zusatzleis­tung kommt dazu

Die Kritik, dass die Sanitäter sich von der Technik abhängig machen, lässt der Vorsitzend­e der Kliniken Ostalb, Axel Janischows­ki, nicht gelten. „Wir verbessern ja nur den jetzt vorhandene­n Zustand.“Es fiele nichts weg, sondern es käme nur eine Zusatzleis­tung dazu. Im vergangene­n Jahr wurden die Rettungswa­gen mit der Hardware eingericht­et, Anfang dieses Jahres wurde die Schnittste­lle zwischen den Kliniken und den Rettungswa­gen geklärt. Das System kam schon zum Einsatz, berichtet Kühner. Zwar hatte der Arzt schon vor Ort eine Diagnose stellen können, aber das System laufe bereits. „Mit dem neuen System werden wir über die Zeit hinweg auf jeden Fall Leben retten.“

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FOTO: MIA Im Rettungswa­gen werden die Daten des Patienten verschickt.

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