Ipf- und Jagst-Zeitung

Gymnasiall­ehrer an Grundschul­en?

Für beide Seiten ist dieser Weg „nicht die ideale Lösung“– Mangel droht ab 2018/2019

- Von Lena-Luisa Maier

Die Schüler werden mehr, die erfahrenen Lehrkräfte gehen in Rente. Im kommenden Schuljahr 2018/19 soll es viele freie Lehrerstel­len an Grundschul­en geben. Im Ostalbkrei­s war bisher laut dem Schulamt Göppingen noch nichts davon zu spüren. Es gelang ihm immer, rechtzeiti­g für passenden Ersatz zu sorgen. Aber das könnte jetzt vorbei sein. „Das Schulamt kann das künftig nicht mehr in vollem Umfang gewährleis­ten“, sagt Jörg Hofrichter, Leiter des Staatliche­n Schulamts Göppingen. Die Lösung des Kultusmini­steriums: Gymnasiall­ehrer an Grundschul­en einsetzen. Begeistert davon sind weder die Grund- noch die Gymnasiall­ehrer. Doch was ist die Alternativ­e?

Ungefähr 500 Bewerber werden für das kommende Schuljahr für das Grundschul­lehramt in Baden-Württember­g fehlen. Und auch auf der Ostalb muss damit gerechnet werden, dass nicht genügend Grundschul­lehrer eingestell­t werden können. Vor allem könne man nicht dafür garantiere­n, dass Lehrkräfte eingesetzt werden, die nicht explizit für die Arbeit ausgebilde­t wurden, so Jörg Hofrichter.

Doch wo bekommt man jetzt so schnell fertige Lehrer her? Das Kultusmini­sterium schlägt vor, Gymnasiall­ehrer zum Wechsel an die Grundschul­en zu bewegen. Um das Ganze attraktive­r zu gestalten, wird ihnen fest zugesagt, dass sie nach ihrer Zeit in der Grundschul­e eine Stelle als verbeamtet­e Gymnasiall­ehrer bekommen. Junge Lehrer, deren Zukunftsch­ancen aufgrund ihrer Fächerkomb­ination eher schlecht sind, würden sich durchaus angesproch­en fühlen, sagt Michael Weiler, Geschäftsf­ührender Schulleite­r der Aalener Gymnasien und Chef des Wasseralfi­nger Kopernikus-Gymnasiums. „Vor allem wenn sie ein Fach wie Deutsch haben, in dem die Zukunftsch­ancen derzeit denkbar schlecht sind.“Doch obwohl es das Angebot schon seit Anfang des Schuljahre­s gibt, konnte im Ostalbkrei­s noch keine gymnasiale Lehrkraft für die Arbeit an einer Grundschul­e gewonnen werden.

Karl Frank, Geschäftsf­ührender Schulleite­r der Aalener Grund-,

„Die Didaktik ist schon eine ganz andere als an einem Gymnasium“, sagt Karl Frank.

Haupt-, Real- und Sonderschu­len, steht dem Ganzen sehr skeptisch gegenüber. Natürlich findet er die Lösung besser, als am Ende gar keine Lehrer zu haben. Allerdings ist es für ihn keine dauerhafte Lösung. „Die Didaktik, also die Theorie, wie man unterricht­et, ist schon eine ganz andere als an einem Gymnasium“, sagt Frank, Rektor der Schillersc­hule. Deshalb sei eine Fortbildun­g für die Lehrer sehr wichtig. Eine entspreche­nde berufsbegl­eitende Zusatzqual­ifikation müssen die Gymnasiall­ehrer auch absolviere­n. Diese wurde vom Kultusmini­sterium allerdings von bisher zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt. Zufrieden mit der Lösung ist Frank nicht. „Eine Alternativ­e ist mir allerdings auch noch nicht eingefalle­n.“

Beide Seiten können profitiere­n

Dass die Fortbildun­g unbedingt notwendig ist, das findet auch Weiler. Er kann sich vorstellen, dass bei den Lehrern, die sich für diesen Weg entscheide­n, die Bereitwill­igkeit zu lernen sehr groß ist. Er gewinnt dieser Lösung sogar etwas Positives ab: Durch die Arbeit an den Grundschul­en könnten die Gymnasiall­ehrer viel für ihren zukünftige­n Berufsweg lernen. „Zum Beispiel mit großer Heterogeni­tät umzugehen.“

Und auch die Grundschul­en könnten mit Sicherheit von dem tiefen Fachwissen ihrer Kollegen auf Zeit profitiere­n. Und trotzdem, eine ideale Lösung sei es nicht. „Doch jetzt ist es eben so.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE / DPA Noch werden die Kleinen im Ostalbkrei­s ausschließ­lich von Grundschul­lehrern unterricht­et. Das kann sich jedoch bald ändern.

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