Gymnasiallehrer an Grundschulen?
Für beide Seiten ist dieser Weg „nicht die ideale Lösung“– Mangel droht ab 2018/2019
Die Schüler werden mehr, die erfahrenen Lehrkräfte gehen in Rente. Im kommenden Schuljahr 2018/19 soll es viele freie Lehrerstellen an Grundschulen geben. Im Ostalbkreis war bisher laut dem Schulamt Göppingen noch nichts davon zu spüren. Es gelang ihm immer, rechtzeitig für passenden Ersatz zu sorgen. Aber das könnte jetzt vorbei sein. „Das Schulamt kann das künftig nicht mehr in vollem Umfang gewährleisten“, sagt Jörg Hofrichter, Leiter des Staatlichen Schulamts Göppingen. Die Lösung des Kultusministeriums: Gymnasiallehrer an Grundschulen einsetzen. Begeistert davon sind weder die Grund- noch die Gymnasiallehrer. Doch was ist die Alternative?
Ungefähr 500 Bewerber werden für das kommende Schuljahr für das Grundschullehramt in Baden-Württemberg fehlen. Und auch auf der Ostalb muss damit gerechnet werden, dass nicht genügend Grundschullehrer eingestellt werden können. Vor allem könne man nicht dafür garantieren, dass Lehrkräfte eingesetzt werden, die nicht explizit für die Arbeit ausgebildet wurden, so Jörg Hofrichter.
Doch wo bekommt man jetzt so schnell fertige Lehrer her? Das Kultusministerium schlägt vor, Gymnasiallehrer zum Wechsel an die Grundschulen zu bewegen. Um das Ganze attraktiver zu gestalten, wird ihnen fest zugesagt, dass sie nach ihrer Zeit in der Grundschule eine Stelle als verbeamtete Gymnasiallehrer bekommen. Junge Lehrer, deren Zukunftschancen aufgrund ihrer Fächerkombination eher schlecht sind, würden sich durchaus angesprochen fühlen, sagt Michael Weiler, Geschäftsführender Schulleiter der Aalener Gymnasien und Chef des Wasseralfinger Kopernikus-Gymnasiums. „Vor allem wenn sie ein Fach wie Deutsch haben, in dem die Zukunftschancen derzeit denkbar schlecht sind.“Doch obwohl es das Angebot schon seit Anfang des Schuljahres gibt, konnte im Ostalbkreis noch keine gymnasiale Lehrkraft für die Arbeit an einer Grundschule gewonnen werden.
Karl Frank, Geschäftsführender Schulleiter der Aalener Grund-,
„Die Didaktik ist schon eine ganz andere als an einem Gymnasium“, sagt Karl Frank.
Haupt-, Real- und Sonderschulen, steht dem Ganzen sehr skeptisch gegenüber. Natürlich findet er die Lösung besser, als am Ende gar keine Lehrer zu haben. Allerdings ist es für ihn keine dauerhafte Lösung. „Die Didaktik, also die Theorie, wie man unterrichtet, ist schon eine ganz andere als an einem Gymnasium“, sagt Frank, Rektor der Schillerschule. Deshalb sei eine Fortbildung für die Lehrer sehr wichtig. Eine entsprechende berufsbegleitende Zusatzqualifikation müssen die Gymnasiallehrer auch absolvieren. Diese wurde vom Kultusministerium allerdings von bisher zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt. Zufrieden mit der Lösung ist Frank nicht. „Eine Alternative ist mir allerdings auch noch nicht eingefallen.“
Beide Seiten können profitieren
Dass die Fortbildung unbedingt notwendig ist, das findet auch Weiler. Er kann sich vorstellen, dass bei den Lehrern, die sich für diesen Weg entscheiden, die Bereitwilligkeit zu lernen sehr groß ist. Er gewinnt dieser Lösung sogar etwas Positives ab: Durch die Arbeit an den Grundschulen könnten die Gymnasiallehrer viel für ihren zukünftigen Berufsweg lernen. „Zum Beispiel mit großer Heterogenität umzugehen.“
Und auch die Grundschulen könnten mit Sicherheit von dem tiefen Fachwissen ihrer Kollegen auf Zeit profitieren. Und trotzdem, eine ideale Lösung sei es nicht. „Doch jetzt ist es eben so.“