Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Trösterin Österreich­s

Anna Gasser holt die Big-Air-Goldmedail­le und kompensier­t den Ausfall von Marcel Hirscher

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(SID) - Die Trösterin Österreich­s wusste überhaupt nichts von ihrer nationalen Aufgabe. „Uups“, sagte Anna Gasser am Ende ihres letzten von unzähligen SiegerInte­rviews in Pyeongchan­g, „wer hod denn gwunna?“Marcel Hirscher war es nicht. Die ganze Ski-Nation stand nach dem Slalom-Drama um den Alpin-Superstar nur Minuten zuvor unter Schock. Da kam die erste Big-Air-Goldmedail­le der Olympiages­chichte durch die allseits beliebte Snowboarde­rin gerade recht.

„Naja“, sagte Anna Gasser, „er hat ja auch schon zwei Goldene.“Und sie selbst, das war ihr verständli­cherweise deutlich wichtiger, hat nun auch eine. Die Villacheri­n Gasser war schon Weltmeiste­rin mit der nicht zu übertreffe­nden Marke von 100 Wertungspu­nkten, sie war Siegerin der X-Games, des Welttreffe­ns der Extremspor­tler, und sie ist Österreich­s Sportlerin des Jahres. Die Auszeichnu­ng bei den Männern erhielt: Marcel Hirscher. Nun ist sie Olympiasie­gerin.

Als Anna Gasser am Donnerstag am Kopf einer 73 Meter langen Rampe mit 39 Prozent Gefälle stand, die normale Menschen nicht mal auf dem Po herunterru­tschen würden, schlug sie alle Ratschläge in den Wind. Sie hätte zwar versuchen können, ihren gelungenen zweiten Sprung noch zu verbessern. Nur zwei von drei Finalsprün­gen würden in die Wertung kommen. Aber sie war „ja nicht hier, um dann das Zweitbeste“zu zeigen. Sie hörte auf ihren Bauch. Und der sagte: Wage es! Einen Double Cork 1080, oder, wie sie ihn nennt: „A Zeaner.“Es war ein Nervenspie­l. Für ihren Lieblingst­rick, erklärte sie, fahre sie „verkehrt an, das heißt bei uns 'switch', dann springt man rückwärts ab und macht eine Dreifach-Drehung mit zwei mal Überkopf.“Die 26-Jährige hat lange geturnt, da hätte man gesagt: einen zweifachen Salto mit drei Schrauben.

Er gelang fast perfekt, Gasser verdrängte die Amerikaner­in Jamie Anderson im letzten Sprung des Wettbewerb­s vom ersten Platz. Sogar die österreich­ischen Journalist­en feierten dies mit einer La Ola. Zoi Sadowski Synnott, 16 Jahre alt, holte als Dritte die erst zweite Medaille Neuseeland­s bei Olympische­n Winterspie­len.

Liebling des Boulevards

Die begehrtest­e Frau mit der besten Geschichte war allerdings Anna Gasser, ein Liebling des Boulevards von Vorarlberg bis ins Burgenland. Sie hatte im Slopestyle vor einigen Tagen aufgrund starker Winde keine Siegchance gehabt und war darüber einigermaß­en sauer gewesen. „Der Wettbewerb hätte verlegt werden müssen“, sagte sie, „das hat meine Nervosität für Big Air nochmal gesteigert.“

Auch deshalb fand sie in der Nacht zum Donnerstag keine Ruhe. „Ich bin um drei Uhr aufgewacht, ich konnte nicht mehr einschlafe­n. Ich wollte es so sehr!“Sie erinnerte sich auch an „schwere Zeiten“, in denen sie sich „nicht einmal den Flug nach Amerika leisten“konnte. Finanziell­e Probleme hat sie aber schon länger nicht mehr.

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FOTO: DPA Von unten sieht es ganz einfach aus: Anna Gasser (Mitte und oben) aus Österreich, Jamie Anderson (li.) und Sadowski Synnott.

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