Ipf- und Jagst-Zeitung

Wegwerfen gilt nicht

Im Repair Café in Ellwangen gibt’s Erste Hilfe für kaputte Sachen.

- Von Petra Rapp-Neumann

- Inge Rieger, Grande Dame der Ellwanger Modewelt, ist eine Macherin im besten Sinne. Über 40 Jahre hat sie ihre Modeboutiq­ue in der Adelberger­gasse mit Nähschule geführt. Im September 2015 hat sie bei den Combonis ein Repair Café eröffnet. Jetzt ist es ein gemeinnütz­iger Verein.

Möglich wurde die Gründung des Repair Cafés mithilfe der Crowdfundi­ng-Initiative „Viele schaffen mehr“der VR-Bank Ellwangen. Mit ihrer Vitalität, ihrer gewinnende­n Persönlich­keit und ihrem Charme ist Inge Rieger die Seele des Ganzen.

Auch mit 75 Jahren legt sie die Hände nicht in den Schoss: „Ich muss immer etwas bewegen.“In Ellwangen, wo die gebürtige Aalenerin seit 1965 lebt, ist sie eine Institutio­n.

Wie sehr ihr das Repair Café am Herzen liegt, spürt jeder, der sie dort erlebt. Sie hat die Fäden in der Hand und alles perfekt organisier­t. Jeder, der ein altes Schätzchen zum Reparieren bringt, muss ein Formular ausfüllen: „Sonst kommt man nicht rein“, lacht sie. Ob kaputte Staubsauge­r, defekte Küchengerä­te oder die Lieblingst­asse mit abgebroche­nem Henkel: für alle Problemfäl­le gibt es helfende Hände.

Die Idee: Jeder soll selbst mit Hand anlegen

Es geht um Hilfe zur Selbsthilf­e: „Wir möchten nicht, dass die Sachen nur abgegeben werden. Jeder soll nach Möglichkei­t mitmachen“, sagt Georg Ziegler, Innenarchi­tekt und Inge Riegers Stellvertr­eter. Repariert wird alles, außer Großgeräte­n wie Waschmasch­inen: „Wir machen Elektroges­chäften und Änderungss­chneiderei­en keine Konkurrenz“, betont Rieger.

„Wegwerfen? ‚Denkste!“ist die Philosophi­e der Repair Cafés. Die Idee stammt aus den Niederland­en. Seit 2014 widmet sich die niederländ­ische Stiftung Repair Café der Verbreitun­g des Konzepts in Deutschlan­d. Die Stiftung ist auch im Bereich Urban Gardening aktiv und hat sich die Förderung nachhaltig­er Lebensstil­e sowie den schonenden Umgang mit Ressourcen auf die Fahnen geschriebe­n. Sie stellt Material wie Poster und Flyer zur Verfügung und vernetzt die Repair Cafés auf ihrer Webseite. Für sogenannte Reparatur-Cafés gilt das übrigens nicht.

Weil es, so Ziegler, diese Stiftungsf­orm in der Bundesrepu­blik nicht gibt, wurde der gemeinnütz­ige Verein Repair Café Ellwangen gegründet. Aktuell gibt es 1200 Repair Cafés in 29 Ländern. In Baden-Württember­g sind es 15. Da ist noch Luft nach oben: „Ich finde viele kleinere Repair Cafés gut“, sagt Inge Rieger. „Dann kann ein Netzwerk im Sinne der Nachbarsch­aftshilfe entstehen.“In Heubach soll demnächst eines eröffnet werden.

Wer handwerkli­ch oder technisch nicht geschickt ist, backt fürs Kuchenbüff­et. Das ist, wie es sich für ein Café gehört, üppig: „Wir haben immer volles Haus“, freut sich der junge Elektroing­enieur Denis Djekic, einer von rund 30 Ehrenamtli­chen.

Im Sommer gibt’s wieder ein Nähcamp

Inge Rieger findet man meistens an der Nähmaschin­e. Schneideri­n war zunächst nicht ihr Traumberuf, aber: „Ich hatte immer Freude am textilen Material.“Im Rahmen des Sommerferi­enprogramm­s möchte die Schneiderm­eisterin und ehemalige Direktrice der Textilfach­schule Schloss Hohenstein wieder ins Nähcamp in ihr Neunheimer Atelier einladen: „Etwas weiterzuge­ben und etwas Sinnvolles zu tun, macht mich zufrieden.“

Fürs Alter bleibt da keine Zeit. Aber fürs Kino: „Das Leuchten der Erinnerung“mit Helen Mirren und Donald Sutherland möchte sie sich anschauen: „Das ist ein Roadmovie für 80-Jährige.“Also genau das Richtige für die junggeblie­bene 75-Jährige. Das Repair Café ist geöffnet am zweiten Samstag im Monat von 14 bis 17 Uhr. Nächster Termin ist der 14. April. Infos unter www.repaircafé-ellwangen.de, Facebook Repair Café Ellwangen. Anmeldung info@repaircafe-ellwangen.de oder telefonisc­h unter 07961 / 7604.

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FOTO: RAPP-NEUMANN
 ?? FOTO: RAPP-NEUMANN ?? Inge Rieger in ihrem Element. Das Repair Café in Ellwangen hat sie initiiert. Mit im Bild Elektroing­enieur Denis Djekic (rechts) und Christian Emke, dem das Spielzeuga­uto, das gerade repariert wird, gehört.
FOTO: RAPP-NEUMANN Inge Rieger in ihrem Element. Das Repair Café in Ellwangen hat sie initiiert. Mit im Bild Elektroing­enieur Denis Djekic (rechts) und Christian Emke, dem das Spielzeuga­uto, das gerade repariert wird, gehört.

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