Verhaftung im Gerichtssaal: Vater tötet sein sieben Wochen altes Kind durch Schütteln
Das Landgericht verhängt eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten
– Weil er nach Auffassung des Gerichts seine sieben Wochen alte Tochter durch Schütteln getötet hat (wir berichteten am Freitag), hat die Erste Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ellwangen am späten Freitagabend nach zweitägiger Verhandlung den 28 Jahre alten Vater wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Noch im Gerichtssaal ist der aus dem Kosovo stammende Mann, der in Crailheim wohnt, verhaftet und in die Justizvollzugsanstalt nach Schwäbisch Hall verbracht worden.
Als Haftgrund nahm das Gericht Fluchtgefahr an. Denn die Kammer hielt es für nicht ausgeschlossen, dass sich der Angeklagte in den Kosovo absetzen wollte. Im Gerichtssaal waren bei Urteilsverkündung rund 20 seiner Angehörigen anwesend: Mutter, Vater, Oma, Tanten, Onkels, Cousins, Cousinen. Und elf Polizeibeamten und Justizwachtmeister.
„Sein eigenes Kind ist tot“, sagte Vorsitzender Richter Gerhard Ilg in der Urteilsbegründung zum Angeklagten: „Aber Sie haben es getötet.“Das am 24. August 2016 geborene Baby verstarb am 18. Oktober 2016, vier Tage nach der Tat, im Olgahospital in Stuttgart infolge starker Einblutungen im Gehirn und im Hinterkopf. Das Gericht schenkte den Angaben des Angeklagten zum Tathergang wenig Glauben und folgte den Ausführungen der Sachverständigen, die am Donnerstag aussagten. Am Freitag waren nochmals zwölf Zeugen vernommen und ein weiterer Sachverständiger gehört worden, darunter die Lebenspartnerin des Angeklagten und Mutter des getöteten Kindes. Das Gericht nahm aufgrund der engen Wohnverhältnisse und der klammen finanziellen Verhältnisse einen minder schweren Fall an. „Wir können den eigentlichen Auslöser nicht feststellen“, sagte Gerhard Ilg: „Wir können Einzelheiten nicht aufklären.“Während des Schüttelns müsse das Kind zwei bis drei Mal auf einen harten Gegenstand aufgeschlagen sein.
Oberstaatsanwalt Oliver Knopp hatte in seinem Plädoyer wegen Körperverletzung mit Todesfolge eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten gefordert. Die Einlassung des Angeklagten sei in sich nicht schlüssig, nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft gewesen, sagte der Anklagevertreter. Das vom Angeklagten vorgebrachte „Nachschütteln“sei eine Schutzbehauptung gewesen. Aufgrund der Schwere der Verletzung komme ein minder schwerer Fall nicht in Betracht, sagte Knopp. Jedoch habe der Angeklagte auch keinen Tötungsvorsatz gehabt, denn er habe nach der Tat ernsthafte Rettungsversuche unternommen. Und, was noch wichtiger für den Staatsanwalt war: „Er hat bislang keine Gewalttaten begangen und sich um seine Kinder gekümmert.“
„Ich gehe davon aus, dass er überfordert war“, sagte Oliver Knopp und nahm eine akute Stresssituation und eine Spontantat an, als das Kind zu weinen anfing, nachdem die Mutter mit dem älteren Kind zum Einkaufen gegangen war.
Der Verteidiger, Rechtsanwalt Hans Bense, nahm einen minder schweren Fall der Körperverletzung mit Todesfolge an und hielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen. „Ich habe die Kleine in der Hand gehabt. Sie hat geweint, und dann ist sie ausgerutscht“, zitierte der Advokat die Äußerungen seines Mandanten am Telefon, als der direkt nach dem Geschehen einen Notruf absetzte. „Das kann sich keiner ausdenken, Sekunden später“, sagte Bense. Sein Mandant sei kein Gewaltstraftäter. „Möglicherweise war er total überfordert.“
Am zweiten Verhandlungstag hatte Richter Gerhard Ilg angekündigt, es komme auch ein Totschlag in Betracht. Worauf Rechtsanwalt Bense den Antrag stellte, das Verfahren auszusetzen. Was das Gericht jedoch ablehnte. Der Angeklagte hatte in seinem letzten Wort gesagt: „Es war ein schrecklicher Unfall.“Er sei immer noch traumatisiert, ihm tue alles schrecklich leid.