„Digitalisierung vernichtet keine Arbeitsplätze“
Der Vorstandsvorsitzende der VR-Bank Ostalb, Hans-Peter Weber: Service bleibt, Aufgaben und Inhalte ändern sich
AALEN - Dank der fortschreitenden Digitalisierung kann die VR-Bank Ostalb Flexibilität mit Nähe verbinden. Dies sagt Vorstandsvorsitzender Hans-Peter Weber im Gespräch mit Viktor Turad. Arbeitsplätze würden nicht vernichtet, aber Aufgaben und Inhalte änderten sich.
Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten, bringt aber auch neue Herausforderungen mit sich. Wo sehen Sie die Vorteile für die VR-Bank Ostalb?
Die Digitalisierung verbindet für uns als regional agierende Genossenschaftsbank die Vorteile von Flexibilität und Nähe. Der Aktionsradius unserer Kunden wird immer größer und erstreckt sich über den gesamten Globus. Dank modernster Kommunikationsmedien und unserer VR-Banking-App sind wir in der Lage, unsere Mitglieder und Kunden überall hin zu begleiten. Damit haben unsere Kunden ihre Bank überall auf der Welt quasi „in der Tasche“und können ihre Bankgeschäfte auf diesem Weg oder über unser Kunden-Dialog-Center bequem unabhängig von ihrem Aufenthaltsort aus erledigen. Dasselbe gilt für Beratungsgespräche. Über unser Videoberatungsangebot können wir unsere Kunden per Web-Telefonie und Bildschirm begleiten und auf diesem Weg auch komplexe Sachverhalte verständlich erläutern.
Welchen Anspruch verfolgen Sie dabei?
Es ist uns wichtig, dass der Kunde ständig von seiner Bank begleitet wird und immer den vollen Leistungsumfang abrufen kann. Somit können wir Nähe neu definieren. Wir verstehen unter Nähe die persönliche Erreichbarkeit in unseren Filialen vor Ort und die digitale Erreichbarkeit via Telefon, PC und Smartphone – ganz so, wie es der Kunde wünscht.
Was folgt daraus konkret?
Dass sowohl unsere Kunden als auch unsere Mitarbeiter über mediale Kompetenz verfügen müssen. Außer der Notwendigkeit, dass sich unser Kunde für den digitalen Zugang zu seiner Bank anmelden und freischalten lassen muss und über Telefon, PC oder Smartphone verfügt, gibt es keine weiteren technischen Anforderungen.
Wie bereiten Sie Ihre Mitarbeiter auf die digitale Welt vor?
Natürlich sind alle unsere Mitarbeiter mit dem Umgang mit Telefon, PC und Smartphone vertraut. Dennoch ist es eine Herausforderung, andere Menschen, nämlich unsere Kunden, davon zu überzeugen, die digitalen Angebote unserer VR-Bank Ostalb zu nutzen. Diese Kompetenz vermitteln wir in Anwender-Workshops, mittels E-Learning-Modulen und Erklärfilmen.
Wie verändern sich dadurch die Beschäftigungsbedingungen?
Die unmittelbaren Beschäftigungsbedingungen verändern sich dadurch nicht. Allerdings erwarten unsere Mitglieder und Kunden, dass sie zum Beispiel im Rahmen von Chats mindestens dasselbe Erreichbarkeitslevel haben wie am Telefon.
Die Digitalisierung hat möglicherweise auch eine negative Seite: Sie vernichtet Arbeitsplätze und macht Zweigniederlassungen überflüssig, weil die Kunden viele Bankgeschäfte selbst erledigen können. Zieht sich die VR-Bank also nach und nach aus der Fläche zurück?
Dies ist nicht unsere Zielrichtung. Natürlich müssen wir jeweils prüfen, ob unser Filialangebot angemessen ist und von den Kunden beansprucht wird. In Abhängigkeit von dieser Prüfung müssen wir möglicherweise Filialstandorte zusammenlegen, was wiederum in Anbetracht unseres medialen Serviceangebotes zu keiner Einschränkung im Service führt. Wir werden trotz fortschreitender Digitalisierung weiterhin in der Fläche vertreten sein. Und bei der Frage nach den Arbeitsplätzen kann ich Sie beruhigen: Es werden keine vernichtet, wohl aber werden sich Inhalte und Aufgaben verändern.
Auch die Vorstellungen der Mitarbeiter, wie ihr Arbeitsplatz aussehen soll, ändern sich. Wie tragen Sie dem Rechnung?
Das ist absolut richtig. Unsere Mitarbeiter haben heute konkrete Anforderungen an die Ausgestaltung ihres Arbeitsplatzes. So bilden wir auch im Rahmen unseres betrieblichen Gesundheitsmanagements eine ganze Reihe dieser Erwartungen ab. In unserem Neubau sind alle Arbeitsplätze mit elektrisch höhenverstellbaren Schreibtischen ausgestattet. Alle Mitarbeiter können kostenlos außerhalb ihrer Arbeitszeit unseren neuen Fitness-Raum, auch unter zeitweise fachkundiger Anleitung, nutzen. In Einzelfällen bieten wir, wenn auch nur vorübergehend, Heimarbeitsplätze an.
Wie steht es bei der VR-Bank mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
Dies ist uns sehr wichtig. So wurde die VR-Bank Ostalb bereits vor drei Jahren als familienfreundliches Unternehmen ausgezeichnet. Wir bieten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein überaus flexibles Arbeitszeitmodell an, das Zeitguthaben bis zu 150 Stunden ermöglicht, und ein Lebensarbeitszeitkonto, auf dem Zeitguthaben angesammelt werden können. Diese können für Sabbaticals, für Bildung und vorzeitigen Ruhestand genutzt werden. Darüber hinaus fördern wir nachgewiesene Vorsorgeuntersuchungen mit einem halben Tag Urlaub.
Sie stehen kurz vor dem Ruhestand: Wie sieht nach Ihrer Einschätzung die Bank der Zukunft aus?
Ich glaube, dass die Antwort hierauf sehr differenziert zu betrachten ist. Und daher möchte ich die Frage auf die VR-Bank der Zukunft einschränken. Hier wird weiterhin das Bankgeschäft von Mensch zu Mensch dominant sein. Dieses hat viel mit Vertrauen zu tun und Vertrauen hegen wir vorrangig gegenüber Menschen. Dies erleben wir auch an der jungen Generation. Transaktionen wie Überweisungen, Daueraufträge oder einfache Aufträge werden weitgehend auf dem Online-Weg erledigt. Wichtige Finanzentscheidungen, wie zum Beispiel Altersvorsorge und Baufinanzierung, gehören zu den bedeutendsten im Leben eines Menschen. Gerade diese möchten die meisten Kunden noch mit einem Berater „aus Fleisch und Blut“besprechen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass in einigen Jahren unsere Berater als „Finanz-Coach“der Kunden fungieren, dafür eine Honorarvergütung erhalten und der Kunde anschließend die dafür erforderlichen Transaktionen selbst via Internet vollzieht oder von der Bank ausführen lässt. Das Bankgeschäft hat auch viel mit sozialer Interaktion zu tun. Dazu werden unsere Kunden auf lange Sicht den Gedankenaustausch mit Menschen, nämlich unseren Beratern, suchen.