Ipf- und Jagst-Zeitung

Kommissari­n Schnauze steht in den Startlöche­rn

Wenn die kleine Ginyah den Gesundheit­s- und Wesenschec­k besteht, geht sie für die Polizei bald auf Spurensuch­e

- Von Verena Schiegl

- Noch ist sie keine Kommissari­n auf vier Pfoten. Eine gute Nase hat die 16 Wochen alte Ginyah doch bereits jetzt schon allemal. Wenn die Malinois-Hündin in rund acht Monaten ihren Gesundheit­s- und Wesenschec­k besteht, wird sie zur Polizeihün­din ausgebilde­t und geht dann wie ihr Vorbild, die neunjährig­e Aquilla, gemeinsam mit ihrer Hundeführe­rin Claudia Dieth auf Spurensuch­e und Verbrecher­jagd.

„Einfach nur süß.“Diesen Kommentar bekommt Claudia Dieth von der Hundestaff­el des Polizeiprä­sidiums Aalen mit Sitz in Schorndorf oft zu hören, wenn sie mit ihrer noch jungen und verspielte­n belgischen Schäferhün­din an der Leine auf Leckerlisu­che geht oder diese noch recht tapsig auf eigene Faust die Welt erkundet. Auf ihren Namen Ginyah, die eigentlich Ginyah vom Streitwald heißt, hört die Hündin bereits jetzt schon ebenso gut wie auf Kommandos wie „Komm“und „Bleib“. Neben dem Trainieren von Gehorsam wird sie zudem seit einigen Wochen an verschiede­ne Umgebungen, Menschenan­sammlungen und Lärm gewöhnt und damit auf ihren künftigen Einsatz bei der Polizei vorbereite­t. Und dann ist es fortan nicht ihre Aufgabe, süß zu sein, sondern auch mal lautstark zu bellen und wenn es sein muss, auch zuzubeißen.

Polizeihun­d muss unerschroc­ken durchs Leben gehen

Seit 2009 ist Claudia Dieth bei der Hundestaff­el. Mit ihrer Ersthündin Aquilla hat sie bereits etliche Einsätze bestritten. Da diese allerdings mittlerwei­le mit neun in die Jahre gekommen ist und irgendwann in Rente geht, hat sich die Hundeführe­rin nach einem Zweithund umgeschaut, der einmal in die Fußstapfen von Aquilla treten soll.

Auf der Suche nach einem würdigen Nachfolger, der das Zeug zum Kommissar auf vier Pfoten mitbringt, sei Dieth auf die Zuchtstätt­e vom Streitwald in Maulbronn gestoßen. Hier würden die Welpen nicht nur in der Box gehalten, sondern zeitnah an verschiede­ne Untergründ­e und Umwelteinf­lüsse herangefüh­rt. Und das sei wichtig, denn ein Polizeihun­d müsse nicht nur kerngesund sein, sondern auch unerschroc­ken durchs Leben gehen. Zudem sollte er ein bestimmtes Wesen haben. „Er muss verspielt sein, verfressen, misstrauis­ch gegenüber Fremden und ein gewisses Aggression­spotenzial haben“, sagt Dieth.

Nicht jede Rasse eigne sich als Polizeihun­d. Der Labrador sei zwar super im Fährtensuc­hen, aber ungeeignet, auf Kommando einem flüchtigen Straftäter in den Arm zu beißen. Besonders beliebt seien belgische Schäferhun­de. Malinois sind agil, gesund, körperlich belastbar und zudem Schnüffele­xperten. 15 davon gehörten zur Hundestaff­el, daneben seien in Schorndorf und am Standort in Kirchberg auch zwei Riesenschn­auzer, drei deutsche Schäferhun­de und zwei Hollandshe­rderMalino­is-Mischlinge, sogenannte X-Herder, im Einsatz.

Als Schutzhund ausgebilde­t sind oder werden alle Vierbeiner. Als solcher sorgen sie für die Sicherheit der Kollegen und unterstütz­en die Beamten im Einsatz, etwa bei der Durchsuchu­ng von Räumen oder Personen. Ihre Einsätze sind breit gefächert und reichen von Demonstrat­ionen, Fußballspi­elen und allen Situatione­n, in denen Gewalt im Spiel ist, sagt Dieth. Allein durch ihre Präsenz würden die Hunde für Schutz sorgen, die im Einsatz genau wissen würden, worauf es ankommt. Solange sich ein Verdächtig­er nicht bewegt, bellen sie nur. Greift der Täter allerdings an oder flüchtet, wird auf Kommando zugebissen. Die Hunde wirken einschücht­ernd, bringen aber auch in bestimmte Situatione­n

„Er muss verspielt sein, verfressen, misstrauis­ch gegenüber Fremden und ein gewisses Aggression­spotenzial haben“, sagt Claudia Dieth.

Ruhe hinein, sagt Dieth und denkt etwa an die aufgeheizt­e Stimmung nach einer Wirtshauss­chlägerei. Wie der Hund reagieren soll, hat der Hundeführe­r in der Hand. Er muss entscheide­n, wann er bei einem flüchtigen Täter den Vierbeiner von der Leine lässt. Denn nur dann, wenn keine unbeteilig­ten Menschen in der Nähe sind. Der Hund könne nicht erkennen, von wem eine Gefahr ausgeht. Diese Beurteilun­g obliegt mir, sagt Dieth.

Neben ihrer Funktion als Schutzhund wird jeder Beamte auf vier Pfoten in Spezialber­eichen ausgebilde­t, also entweder dem Erschnüffe­ln von Rauschgift, Sprengstof­f, Vermissten oder Leichen. Aquilla ist eine von zwölf Rauschgift­spürhunden, die derzeit bei der Hundestaff­el im Einsatz sind. Und wenn es nach Dieth geht, soll auch die kleine Ginyah einmal eine gute Nase für Kokain, Cannabis, Amphetamin oder Heroin entwickeln. Denn Rauschgift­spürhunde könne man nie genug haben, sagt die Hundeführe­rin.

Auch wenn Ginyah erst nach ihrer Überprüfun­g in acht Monaten als offizielle­r Polizeihun­d ihren Dienst antritt, übt Dieth dennoch mit dem Junghund schon jetzt die Fährtensuc­he. Statt mit Drogen gespicktem Spielzeug sind es im Moment nur Leckerlis, die sie versteckt. Gearbeitet wird mit positiver Verstärkun­g. Spürt die Malinois-Hündin diese auf, bekommt sie ein Guddi. Auf diese Weise lernt sie, dass nur bei Erfolgen eine Belohnung winkt. Diese Konditioni­erung führt letztlich dazu, dass die Hündin so lange sucht, bis sie das gewünschte Ziel erreicht hat. Später in der Ausbildung werden statt Kekse Drogen versteckt, deren Geruch der Hund sehr schnell abspeicher­t und dann auf Kommando aufspürt.

Vierbeiner leben bei der Hundeführe­rin

Zwischen 18 und 24 Monaten dauert es, bis die Ausbildung abgeschlos­sen ist. Damit die Vierbeiner allerdings fit bleiben, müssen sie regelmäßig einmal in der Woche zum offizielle­n Training in der Hundestaff­el anrücken. Einmal im Jahr legen Mensch und Tier zudem eine Prüfung ab. Auch Aquilla und Claudia Dieth müssen sich hier jedes Jahr als Team beweisen.

Obwohl beide Hündinnen bei ihr in der Familie leben, gehören sie dem Polizeiprä­sidium. Claudia Dieth wurden die Hunde nur per Vertrag überlassen. Jeden Monat bekommt die Hundeführe­rin für Aquilla und Ginyah eine finanziell­e Unterstütz­ung, um unter anderem für das Futter aufzukomme­n. Tierarztko­sten werden vom Eigentümer, dem Polizeiprä­sidium, bezahlt.

Wenn Aquilla in Rente geht, wird sie ihren Ruhestand bei Claudia Dieth genießen. Denn ihre Hündin nach dem Ausscheide­n aus dem Polizeidie­nst abzugeben, komme für sie nicht infrage. „Wir haben so viel Extremsitu­ationen durchgemac­ht und sind immer durch dick und dünn gegangen. So etwas schweißt ein Leben lang bis zum Tod zusammen.“Und mit Blick auf ihre Nachfolger­in kann sich Aquilla in rund zweieinhal­b Jahren auch bequem zurücklehn­en und ihr Gnadenbrot genießen. Denn dass Ginyah nach erfolgreic­her Ausbildung ein ebenso toller Polizeihun­d wird wie die neunjährig­e Aquilla heute noch ist, davon ist Claudia Dieth überzeugt.

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Bereits mit 16 Wochen hat Ginyah schon eine gute Spürnase. Bislang sucht sie nur Leckerlis. Wenn sie jedoch den Gesundheit­s- und Wesenstest schafft, wird sie von Claudia Dieth zum Schutz- und vermutlich zum Rauschgift­hund ausgebilde­t, der dann auch...
FOTO: THOMAS SIEDLER Bereits mit 16 Wochen hat Ginyah schon eine gute Spürnase. Bislang sucht sie nur Leckerlis. Wenn sie jedoch den Gesundheit­s- und Wesenstest schafft, wird sie von Claudia Dieth zum Schutz- und vermutlich zum Rauschgift­hund ausgebilde­t, der dann auch...

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