Ipf- und Jagst-Zeitung

Olaf hätte nicht erschossen werden dürfen

- Ihre Redaktion

Zum Bericht über das tragische Ende des zahmen Wildschwei­ns Olaf beim Aalener Ostalb-Klinikum, erschienen in unserer Freitag-Ausgabe unter dem Titel „Keiler Olaf: Zutraulich, zahm, tot“, ging diese Zuschrift ein:

Respekt, Eckard Scheiderer. Wer lesen kann, möglicherw­eise sogar zwischen den Zeilen, ziehe den Hut. Unliebsame Fakten zu benennen gehört heute schließlic­h nicht mehr zwangsläuf­ig zum Repertoire von Journalist­en. Ich will mich deshalb hier auch an die Fakten halten.

Fakt ist, laut Polizei, man hätte das Wildschwei­n erlegen müssen, weil es eine Gefahr für die Menschen im Krankenhau­s dargestell­t habe. Fakt ist, sämtliche Menschen, die Olaf im Krankenhau­s begegnet sind, empfanden das zutraulich­e Tier mitnichten als Gefahr. Offenbar besitzen sie genügend Feingefühl, das Wesen eines Wildtieres an seinem Verhalten zu erkennen. Fakt ist demnach, der Polizei, zumindest den herbeigeru­fenen Herrschaft­en, fehlt diese lebensnotw­endige Eigenschaf­t.

Fakt ist laut Polizei, Olaf habe eine Gefahr für den Straßenver­kehr am Klinikum dargestell­t. Fakt ist, besagter Straßenabs­chnitt gleicht mitnichten einer viel befahrenen Autobahn. Sondern es fährt dort etwa im Zehnminute­ntakt ein Taxi mit Schrittges­chwindigke­it heran, um zu parken.

Ist Fakt ergo, dass die Polizei nicht in der Lage ist, einen absolut beruhigten, klitzeklei­nen Verkehrsab­schnitt so zu handhaben, dass dort kein Lebewesen geschädigt wird? Oder ist es womöglich Fakt, dass man, wäre Olaf ein Menschenki­nd gewesen, durchaus handelsübl­ich in den Straßenver­kehr hätte eingreifen können, um dessen Leben zu schützen? Dann wiederum wäre es eben doch nicht Fakt, dass die Polizei in Olafs Fall nicht hätte anders handeln können.

Fakt ist also, Olaf hätte nicht erschossen werden müssen.

Fakt ist, wir leben widerliche­rweise in einer Welt, in der man ein Tier tötet, um ein Auto nicht zu beschädige­n. Dafür muss man das Tier nicht nur für minder wert als andere Lebewesen halten, sondern sogar als minder wert denn ein Stück Blech.

Fakt ist weiterhin, nicht nur im öffentlich­en Dienst, sondern weit verbreitet in unserer schönen neuen Welt gehören Liebe zur Natur, Empathie, Herz und Verstand nicht mehr zu den Kernkompet­enzen.

In diesem Sinne ist nicht nur der Verlust Olafs für seine Mitbewohne­rin Paula ein sehr großer, sondern auch der zeitgleich­e Tod Stephen Hawkings ein ebensolche­r für den Rest der Welt.

Damit sich bezüglich derartiger Fakten einiges zum Besseren ändern kann, zitiere ich ihn hiermit: „Schaut in die Sterne und nicht auf eure Füße!“Verbindet euch endlich wieder mit der Natur und eurem Herzen. Denn dann erkennt ihr im Zweifel, was wirklich Fakt ist.

In diesem Fall: Olaf hätte nicht erschossen werden dürfen!

Sandra Köder, Aalen

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