Kirchenburgen prägen eine ganze Region
Die wehrhaften Festen für die Gläubigen in Siebenbürgen drohen zu verfallen – Ostalbkreis nähert sich geistlich und kulturell
- In kaum einer anderen Region Europas wird der Luther-Choral „ein feste Burg ist unser Gott“so bildlich wie mit den rund 160 erhaltenen Kirchenburgen im südlichen Siebenbürgen. Die meisten deutschstämmigen Siebenbürger Sachsen haben Rumänien nach dem Fall des Eisernen Vorhangs verlassen. Auch viele der trutzigen, oft prächtig ausgestalteten Festen mit Kirchturm sind verlassen und drohen zu verfallen. Darauf macht jetzt im Landratsamt eine Wanderausstellung der Stiftung Kirchenburgen aufmerksam. Sie ist auch so etwas wie ein Auftakt für eine geistliche und kulturelle Intensivierung der Kontakte zwischen dem Ostalbkreis und dieser geschichtsträchtigen Region im Zentrum Rumäniens.
Etwas zur Geschichte der Kirchenburgen
Kurz zur Geschichte der Kirchenburgen: Im 12. und 13. Jahrhundert kamen deutsche Siedler ins damals zu Ungarn gehörende Siebenbürgen. Auf dem sogenannten „Königsboden“genossen sie freiheitliche Rechte und wurden eine Zeit lang von den Deutschordensrittern beschützt. Mit Blick auf die Kapfenburg der Deutschordensritter bemerkt der Aalener evangelische Altdekan Erich Haller „der Ostalbkreis ist überall“. Zehn Wochen lang vertrat er in Broos, einer Stadt in Siebenbürgen, eine vakante Pfarrstelle. Seine Eindrücke müssen sehr bewegend gewesen sein: Er erzählt von herrlichen Landschaften, beeindruckenden Baudenkmalen, freundlichen Menschen und einem riesigen Engagement der Ehrenamtlichen in der Gemeinde dort. Sein Beispiel zeigt, wie dramatisch sich die Situation verändert hat. Bis 1991 war die Kirchengemeinde dort noch 2000 Mitglieder stark. Heute gibt es gerade noch um die 100 Gemeindemitglieder.
Junge Philharmonie plant Konzertreise nach Rumänien
„Man weiß hierzulande zu wenig über die Kirchenburgen“, sagt Klaus Pavel in einer Doppelfunktion. Zum einen ist der Landrat Hausherr der Ausstellung, zum anderen ist er Vorsitzender der Jungen Philharmonie Ostwürttemberg. Und diese plant eine Konzertreise nach Siebenbürgen. Dazu kommt sozusagen die geistliche Verbindung, die mit Siebenbürgen ausgebaut wird. Wie der evangelische Dekan Ralf Drescher erklärt, wird der evangelische Kirchenbezirk Aalen seinen Pfarrkonvent im Herbst in Siebenbürgen in Rumänien abhalten. Der Kirchenbezirk umfasst 23 Kirchengemeinden mit etwa 40 000 evangelischen Christen und reicht von Adelmannsfelden bis Neresheim und von Wört bis Lauterburg.
Zurück zu den Kirchenburgen. Pfarrer Nicolai Gießler ist ein profunder Kenner dieser teilweise ziemlich mächtigen und ausgedehnten Anlagen mit Ringmauern, Wehrtürmen, Vorratskammern, Brunnen und Fruchthäusern. In ihnen fanden die Dorfbewohner Schutz. Gebaut wurden sie unter dem Eindruck der osmanischen Einfälle zu Beginn des 15. Jahrhunderts. Wochen-, ja monatelang konnten die Belagerten hier ausharren. Denn die Kirchenburgen waren recht wehrhaft und widerstandsfähig, sagt der evangelische Pfarrer Gießler. Von den einst 180 Anlagen konnten nur fünf eingenommen werden – eine allerdings im Lauf der Zeit gleich 50-mal von den Türken. Die Ausstellung „Kirchenlandschaft Siebenbürgen – ein europäisches Kulturerbe“ist im Landratsamt bis 2. Mai zu sehen, eventuell auch noch eine Woche länger und während der Öffnungszeiten des Landratsamts. Sie soll auf dieses europäische Kulturerbe aufmerksam machen, über ihre Entstehung informieren und Perspektiven aufzeigen, wie diese Kirchenburgenlandschaft erhalten werden kann.