Ipf- und Jagst-Zeitung

Made in Ellwangen als Qualitätss­iegel

Top Arbeitgebe­r der Region: Betzold in Ellwangen produziert Kunststoff­artikel selbst

- Von Beate Gralla

- Made in Germany hat einen guten Klang in der Welt. Das merken Ulrich und Albrecht Betzold jeden Tag. Deshalb prüfen sie die 23 000 Produkte ihres Lehrmittel­versands auf Herz und Nieren. Das wissen ihre Kunden in aller Welt zu schätzen. Qualität ist wichtig. Deshalb produziert das Unternehme­n einen Teil der Ware selbst. Möbel und Kunstoffar­tikel gibt es inzwischen auch made in Ellwangen.

In einer früheren Lagerhalle der Firma stehen schwere Maschinen. Alle paar Sekunden ploppt ein Pylon für den Sportunter­richt aufs Förderband, die Maschine daneben presst Kunststoff­granulat zu Aufbewahru­ngboxen. Ausschuss wird zu Granulat vermahlen und wieder verwertet.

Noch bis vor zwei Jahren war die Kunststoff­produktion in Indien. Dann haben die Geschäftsf­ührer die Fertigung nach Deutschlan­d geholt. Das spart Transportw­ege und sichert gleichblei­bend hohe Qualität. Sie kennen den Produzente­n des Kunststoff­granulats, das spielwaren­echt und von gleichblei­bender Qualität sein muss, und sie wissen, dass auch das Schmieröl in ihrer Maschine lebensmitt­elecht ist. Schließlic­h sind ihre Produkte für Kindergärt­en und Schulen, also für Kinder.

Produkte müssen haltbar und sicher sein

Die Artikel sollen haltbar und sicher sein. Um das zu erreichen, ist viel Entwicklun­g nötig. Der Aufwand lohnt sich. Albrecht Betzold nimmt eine Sandschauf­el in die Hand, biegt den Stil um, biegt ihn wieder gerade. Das Material hält das aus. Nicht nur einmal, sondern viele Male. Da darf nichts brechen oder gar splittern, sonst könnten sich Kinder verletzen. Für ihre Kunden hat Haltbarkei­t eine hohe Bedeutung, sagt Ulrich Betzold.

Qualität auch. Deshalb werden alle Produkte, die eigenen und die zugekaufte­n, sorgfältig in der Firma getestet. Das beschert Betzold einen Kunden aus Hongkong, der auch in Asien produziert­e Ware lieber in Ellwangen bestellt, weil er der Qualitätsk­ontrolle von Betzold mehr vertraut als der vor Ort.

Beim Aufbau der Spritzguss-Produktion in Ellwangen hat Martin Hauber mit seiner Firma Matoopa aus Rötlen geholfen. Die Maschinen sind aus dem Schwarzwal­d, sie sind energieeff­izient und langlebig. Die Werkzeuge kommen zum Teil aus Dinkelsbüh­l.

Die Produktion vor Ort spart Transport, Zölle und Abstimmung­saufwand. Sie macht auch die Entwicklun­g von neuen Artikeln einfacher. Denn einen Prototypen in kleiner Auflage im eigenen Unternehme­n herzustell­en, ist weniger aufwendig, als mit einer fremden Firma jeden Schritt im Detail abzusprech­en.

Nachhaltig­keit ist Ulrich und Albrecht Betzold wichtig. Erreichen lässt sich das durch langlebige Produkte oder durch abbaubare oder am besten durch beides. Das ist das neue Projekt bei Betzold. Seit anderthalb Jahren entwickelt die Firma mit einem Hersteller in Heilbronn einen Kunststoff aus Holz. Die ersten Prototypen hat Ulrich Betzold in seinem Büro: Aufbewahru­ngsschalen aus Holzfasern, als „Klebstoff“fungiert das Lignin aus dem Holz. Sie sind also zu 100 Prozent aus Holz. Noch wird an der genauen Zusammense­tzung gefeilt, am Druck in der Maschine, an der Temperatur, damit das Material so haltbar ist, wie es sein soll. In vier bis acht Wochen soll die erste Serie aus reinem Holz hergestell­t werden. Langfristi­g ist das Ziel, in der eigenen Produktion nur noch Holzkunsts­toff einzusetze­n. Er ist CO2-neutral und vermeidet Plastik, dessen Mikroparti­kel inzwischen ja schon im Mineralwas­ser gelandet sind. Gefärbt wird der Biokunstst­off mit Naturfarbe­n.

Ergonomisc­he Maschinen in der Möbelprodu­ktion

Auf Haltbarkei­t ausgericht­et ist auch die Möbelprodu­ktion. Seit vier Jahren baut Betzold Schulmöbel mit dem Anspruch, dass sie eher aus der Mode kommen als kaputt gehen sollen. Dazu werden 19 Millimeter starke Spanplatte­n verarbeite­t. Auch die Rückwände sind 19 Millimeter dick. Die Schreinere­i arbeitet praktisch vollautoma­tisch: In der einen Maschine werden die großen Platten zugesägt, dann bekommen sie einen Barcode. So wissen alle folgenden Maschinen, dass sie beispielsw­eise eine Schranktür fertigen sollen.

Alle Arbeitsflä­chen sind in der ergonomisc­h richtigen Höhe, die schweren Bretter gleiten auf einem Luftstrom und sind so leicht zu handhaben. Hubwagen richten sich dank Lichtschra­nke von selbst auf die richtige Arbeitshöh­e ein. Um schwere Schränke zu heben und zu drehen, gibt es entspreche­nde Vorrichtun­gen. Die Schreiner sollen keine Rückenschm­erzen bekommen.

Drei bis vier Sattelzüge werden jede Woche mit Schulmöbel­n aus Ellwangen beladen. Ausgeliefe­rt werden sie in Deutschlan­d, Österreich, Schweiz, Holland, Luxemburg, Belgien und Südtirol.

Rückenschm­erzen sollen auch den Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn im Büro im neuen Verwaltung­sgebäude erspart bleiben. Im vergangene­n Jahr ist es bezogen worden. Alle Arbeitsplä­tze sind höhenverst­ellbar, es gibt ein Bistro und eine Lounge mit Kicker und Nintendo, Ruheräume und einen Fitnessrau­m. Mitarbeite­r-Kinder, die Betzold-Bärchen, werden in der eigenen Kinderkrip­pe betreut. Derzeit sind dort neun Kinder im Alter von null bis drei Jahren.

Solche Arbeitsbed­ingungen helfen dem weltweit agierenden Lehrmittel­versender und nun auch Produzente­n, Fachkräfte zu finden. Betzold beschäftig­t inzwischen 250 Mitarbeite­r, 13 Stellen sind ausgeschri­eben. 24 Auszubilde­nde lernen hier, ab dem kommenden Jahr auch einen neuen Beruf: Sie können sich zu E-Commerce-Kaufleuten ausbilden lassen. Das Profil hat Ulrich Betzold mitentwick­elt. Schließlic­h wäre die Firma ohne OnlineHand­el heute gar nicht mehr denkbar. Täglich verlassen rund 2000 Pakete das Lager in Ellwangen. Der Rekord ist im vergangene­n Jahr aufgestell­t worden. Da waren es 4160 Pakete an einem Tag.

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FOTO: ANJA HERMANN Im Vordergrun­d das neue Verwaltung­sgebäude der Firma Betzold, hinten die Logistik für den Versand.
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FOTO: GR Albrecht und Ulrich Betzold (von links) mit ihrer neuesten Entwicklun­g: Schalen aus Biokunstst­off, der zu 100 Prozent aus Holz gewonnen wird und demnächst in Serie gehen soll.
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FOTO: ANJA HERMANN Die Kunststoff­produktion haben die Geschäftsf­ührer Albrecht und Ulrich Betzold von Indien nach Ellwangen zurückgeho­lt.
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FOTO: ANJA HERMANN In der eigenen Möbelprodu­ktion der Firma Betzold wird Wert auf Ergonomie gelegt. Schwere Teile bewegt ein Lifter.

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