15 Monate auf Bewährung für Ex-Pflegedienstchefin
Betrug bei Abrechnung von Pflegeleistungen – Anklage und Verteidigung verständigen sich vor dem Amtsgericht Ellwangen
(R.) - Der Umsicht des Schöffengerichts unter Vorsitz von Amtsgerichtsdirektor Norbert Strecker hat es die ehemalige Chefin eines ambulanten Pflegedienstes in Ellwangen zu verdanken, dass das Verfahren wegen gewerbsmäßigen Betrugs mit einem relativ milden Urteil abgeschlossen werden konnte.
Die 63-Jährige war angeklagt, zwischen Januar 2013 und Mai 2014 in 263 Fällen Pflegeleistungen, die sie nicht oder nur zum Teil erbracht hatte, abgerechnet und sich auf diese Weise bereichert zu haben. Dadurch entstand den gesetzlichen Krankenkassen ein Schaden von fast 75 000 Euro. Die von Staatsanwalt Jörg Böhmer vorgetragene Anklage ist umfangreich und umfasst 35 Aktenordner.
Der Fall hatte 2015 bereits das Ellwanger Landgericht beschäftigt. Damals kam er nicht zum Abschluss, es wurde weiter ermittelt. Richter Strecker machte nun von der 2014 vom Gesetzgeber verabschiedeten Möglichkeit einer Verständigung im Strafverfahren mit einer Strafoberund einer Strafuntergrenze Gebrauch. Durch den Verzicht auf eine langwierige Beweisaufnahme – allein die Anklage hätte 59 Zeugen geladen – wird ein, besonders bei komplizierten Sachverhalten, oft monatelanges Verfahren beschleunigt.
Geständnis kommt der Angeklagten zugute
Voraussetzung dafür ist ein umfassendes und glaubwürdiges Geständnis. Das legte die Angeklagte durch ihren Verteidiger, den Esslinger Rechtsanwalt Thomas Mende, ab: „Die Schuldvorwürfe treffen insgesamt zu“, sagte Mende. Auch dass sie nicht vorbestraft ist und seit 2014 nicht mehr in der Pflege arbeitet, kam seiner Mandantin zugute.
Der Strafrahmen für gewerbsmäßigen Betrug bewegt sich zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Das Schöffengericht, so Norbert Strecker, habe es sich nicht leicht gemacht. Nach Beratung schlug das Gericht ein Jahr und drei Monate als untere Strafgrenze, ein Jahr und neun Monate als obere Strafgrenze vor.
Dem konnte auch Staatsanwalt Böhmer zustimmen – sechs Monate pro Tat, insgesamt eine Strafe von 15 Monaten. Angesichts der Fülle der angeklagten Taten müsse man das Geständnis stark strafmildernd berücksichtigen. 263 Fälle – das klinge zunächst nach „Schwerverbrecher“, so Böhmer. Doch handele es sich um überwiegend kleine Beträge: „Die Summe macht’s.“Dennoch sei der verursachte Schaden nicht allzu hoch. Das Ganze habe wohl auch mit „Schlamperei“zu tun. Seine Mandantin habe Fehler gemacht und unter dem seit Jahren andauernden Verfahren sehr gelitten, führte Verteidiger Mende aus. Er dankte dem Gericht und dem Staatsanwalt dafür, dass sie nun damit abschließen könne.
Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Die Geldauflage in Höhe von 3000 Euro muss die Verurteilte in Raten zu je 90 Euro an die Kinderklinik der Universität Tübingen zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.