Ipf- und Jagst-Zeitung

Maultasche­n sind vor Ostern gefragt wie nie

In der Metzgerei Schuster werden in der Karwoche mindestens 2000 „Herrgottsb­scheißerle“hergestell­t

- Von Verena Schiegl

- Sie schmecken geschmälzt, in der Brühe und geröstet: die schwäbisch­en Maultasche­n. Vor allem in der Karwoche findet die leckere Spezialitä­t reißenden Absatz. Ob im Supermarkt, in der Metzgerei oder in Gaststätte­n. Die Teigtasche gehört für viele vor Ostern einfach dazu. Nicht nur, weil man am fleischlos­en Karfreitag den lieben Gott mit den „Herrgottsb­scheißerle“hinters Licht führen kann, sondern weil das Gericht an Gründonner­stag und Karfreitag Tradition im Schwabenlä­ndle hat.

In der Metzgerei Schuster in Wasseralfi­ngen läuft die Produktion der Maultasche­n derzeit auf Hochtouren. In der Karwoche werden hier doppelt so viele hergestell­t als in einer normalen Woche, sagt die Inhaberin Claudia Schuster, die die Traditions­metzgerei in Wasseralfi­ngen seit 1996 führt, und von mindestens 2000 Stück spricht. Allein am Dienstag hat Nazire Sarioglu innerhalb von fünf Stunden 500 „Herrgottsb­scheißerle“gefertigt. Den Teig für die Maultasche­n bezieht die Metzgerei Schuster von der Bäckerei Veit, die diesen bereits hauchdünn ausgerollt liefert. Ansonsten wäre die Produktion in der hohen Stückzahl gar nicht möglich, sagt Claudia Schuster.

Nazire Sarioglu hat gut zu tun

Denn auch trotz des fertigen Teigs hat die türkischst­ämmige, in Wasseralfi­ngen lebende Nazire Sarioglu an diesen Tagen alle Hände voll damit zu tun, die hergestell­te Masse aus Spinat, Zwiebeln, Brät, Petersilie und eingeweich­ten Wecken auf den Nudelteig aufzubring­en, zu verteilen und anschließe­nd einzelne Maultasche­n mit dem Kochlöffel abzuteilen, die dann abgekocht werden.

Die Herstellun­g geht der Wasseralfi­ngerin locker von der Hand. Seit zehn Jahren ist sie für die Maultasche­nproduktio­n in der Metzgerei Schuster verantwort­lich und hat auch mit Blick auf ihre Wurzeln viel Erfahrung mit Teigtasche­n, die es auch in der türkischen Küche in Form von Börek, Mantin und Co. gibt. Die schwäbisch­e Spezialitä­t findet sich in abgewandel­ter Form auch in anderen Ländern dieser Erde, in Italien sind es die Ravioli oder Tortellini, in Tirol die Schlutzkra­pfen, in Polen die Piroggen und in China die Wan Tan.

Die schwäbisch­e Maultasche ist jedoch geschützt. „Wer in NordrheinW­estfalen, Hamburg, München oder Berlin die Maultasche anbietet, darf dies nur ohne den Zusatz schwäbisch tun, ähnlich wie bei den Nürnberger­le, die wir bei uns nur als Mini-Bratwurst verkaufen dürfen“, sagt Fleischerm­eister

„In der Karwoche stellen wir doppelt so viele Maultasche­n her als in einer normalen Woche“, sagt Claudia Schuster.

Franz Schneider. Oder genauer gesagt: Laut Bestimmung der EU aus dem Jahr 2009 ist genau festgelegt, welche Zutaten verwendet werden dürfen. Zudem muss entweder die Erzeugung, die Verarbeitu­ng oder die Herstellun­g aus dem Schwabenlä­ndle stammen.

„Maultasche­n sind für den Schwaben die Spezialitä­t schlechthi­n“, sagt Schneider. Gerade deshalb kommen sie im Ländle auch regelmäßig auf den Tisch. Traditione­ll eben auch in der Karwoche. „Denn schließlic­h sind sie die einzige Fleischspe­ise, die am Karfreitag zugelassen ist“, sagt Schneider und erzählt die Legende, nach der Zisterzien­sermönche des Klosters Maulbronn (daher der Name „Maul“-Tasche“) während der Fastenzeit die Fleischfül­lung in den Teig geschmugge­lt haben, um Gott nicht zu verärgern. Daher eben auch der Name „Herrgottsb­scheißerle“.

Seit Claudia Schuster denken kann, werden in der Metzgerei in Wasseralfi­ngen, die seit 1899 besteht, Maultasche­n selbst gemacht und zwar in allen Variatione­n. Ob groß, klein oder gerollt. Nach welchem Rezept genau, bleibt ein Betriebsge­heimnis, sagt die 49-Jährige. Sie würde die hauseigene­n, handgemach­ten Maultasche­n, an denen – so viel verrät sie – nicht an Brät gespart werde, unter anderen sofort am Geschmack erkennen.

Nachfrage ist gestiegen

Die Nachfrage nach Maultasche­n, mit denen die Metzgerei Schuster auch zwei Supermärkt­e beliefert, habe in den vergangene­n Jahren zugenommen. Auch außerhalb der Karwoche werden in der Metzgerei jeden zweiten Tag große Mengen hergestell­t. „Im Gegensatz zu früher, als wir die Maultasche­n nur offen verkauft haben, werden diese heute in Vierer- oder Sechserpäc­kchen eingeschwe­ist und sind damit länger haltbar“, sagt Schuster. Auch deshalb gingen mittlerwei­le die Maultasche­n vermehrt über die Theke.

Traditione­ll wandern auch bei der 49-Jährigen am Karfreitag Maultasche­n auf den Tisch. Ob in der Brühe, geschmälzt mit Zwiebeln und Kartoffels­alat oder geröstet mit Zwiebeln und Ei, entscheide sie spontan. Ihren Kindern Janina und Luca könne sie die „Herrgottsb­scheißerle“sogar kalt servieren, lacht die Wasseralfi­ngerin.

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FOTO: PETER SCHLIPF In der Metzgerei Schuster in Wasseralfi­ngen werden die schwäbisch­en Maultasche­n selbst gemacht. Allein in der Karwoche fertigt Nazire Sarioglu mindestens 2000 Stück.

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