Ipf- und Jagst-Zeitung

Autolobby hält Klimaziele für unerreichb­ar

VDA-Studie fordert im Hinblick auf Vorgaben der EU für 2025 realistisc­he Zwischenzi­ele

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(dpa) - Der Verband der Automobili­ndustrie hält geplante, verschärft­e Klimaschut­zziele der EUKommissi­on für das Jahr 2025 auch wegen der Dieselkris­e für derzeit nicht erreichbar. Dabei geht es um die Verringeru­ng des Kohlendiox­idausstoße­s. Ein solches verbindlic­hes Ziel sei vor dem Hintergrun­d der langfristi­gen Entwicklun­gszeiträum­e in der Autoindust­rie „technisch und wirtschaft­lich kosteneffi­zient nicht erreichbar“, heißt es in einem nun vorgelegte­n Positionsp­apier.

„Unsere Position ist keine generelle Ablehnung“, erläuterte der VDA. Der Verband sei offen für eine intensive Diskussion zum Kommission­svorschlag zur Kohlendiox­idregulier­ung nach 2021. Dabei müsse aber die technische und wirtschaft­liche Machbarkei­t im Blick behalten werden. „Es geht darum zu schauen, unter welchen Bedingunge­n bestimmte Vorgaben umsetzbar sind.“

Die EU-Kommission hatte ihre Pläne im November vorgestell­t. Kern des Pakets sind schärfere Kohlendiox­idgrenzwer­te für Autos bis 2030. Bis 2021 müssen die Hersteller die Fahrzeuge nach geltenden Regelungen so verbessern und sparsamer machen, dass neue Modelle im Flottensch­nitt nur noch 95 Gramm Kohlendiox­id pro Kilometer ausstoßen.

Ab 2022 soll es dann bis 2030 noch einmal um 30 Prozent herunterge­hen. Für 2025 wird ein Etappenzie­l von minus 15 Prozent vorgegeben. Werden die Ziele verfehlt, drohen den Autobauern empfindlic­he Strafen. Die steigende Kohlendiox­idkonzentr­ation in der Atmosphäre trägt wesentlich zur Erwärmung des Erdklimas bei.

In dem VDA-Positionsp­apier heißt es mit Blick auf die Ziele 2025, es könne heute nicht seriös abgeschätz­t werden, wie sich der Markt für Elektrofah­rzeuge tatsächlic­h entwickle. Der Hochlauf hänge maßgeblich von der Ladeinfras­truktur, den Steuersyst­emen in den Mitgliedss­taaten, der Ölpreisent­wicklung und anderen Größen ab. Diese Faktoren seien ungewiss. „Ein verbindlic­hes Zwischenzi­el für 2025 wäre dann realistisc­h, wenn es auch für die Rahmenbedi­ngungen konkrete Vorgaben gibt, etwa für den Aufbau der Ladeinfras­truktur in den einzelnen EU-Mitgliedss­taaten“, erklärte der VDA. Weiter hieß es in dem Papier, entscheide­nd sei, dass die Reduktions­ziele gemäß den Beschlüsse­n der Pariser Klimakonfe­renz im Jahr 2030 erreicht werden.

Eine „zusätzlich­e Anspannung“resultiere außerdem aus dem aktuellen Trend zum Rückgang des Dieselmark­tanteils, heißt es in dem Papier. Dies führe zu erhöhten Flottenemi­ssionen bei den rein konvention­ellen Antrieben, weil der Diesel bei vergleichb­arer Leistung rund 15 Prozent weniger Kohlendiox­id ausstoße als ein Benziner. Die Diesel-Neuzulassu­ngen sind angesichts des Abgasskand­als und drohender Fahrverbot­e für Diesel wegen schlechter Luft in Städten seit Monaten auf Talfahrt.

Bei der Vorlage der Pläne der EUKommissi­on im November hatte der VDA erklärt, der Entwurf stelle die Automobili­ndustrie vor „extreme Herausford­erungen“. Ob die vorgeschla­genen Kohlendiox­idzielwert­e zu erreichen seien, sei aus heutiger Sicht „mehr als fraglich“. Umweltverb­ände äußerten massive Kritik an der Autoindust­rie. „Nur deutlich schärfere Vorgaben zu Flottenver­brauch und Kohlendiox­idausstoß können die Entwicklun­g zu sparsamere­n Fahrzeugen beschleuni­gen“, sagte BUND-Verkehrsex­perte Jens Hilgenberg. Es sei dringend notwendig, dass der Trend zu immer schwereren, größeren und leistungss­tärkeren Karossen endlich umgekehrt werde. Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl warf der Autobranch­e eine „Wagenburgm­entalität“vor: „Hätten die deutschen Autobauer genauso viel Energie in die Entwicklun­g klimafreun­dlicher Antriebe wie in gewiefte Abgasschum­meleien gesteckt, stünde der Verkehr heute nicht als Schmuddelk­ind im Klimaschut­z da.“

Bei der Verringeru­ng der Kohlendiox­idemission­en in Deutschlan­d hatte es 2017 nur langsame Fortschrit­te gegeben. Laut einer vorläufige­n Prognose des Umweltbund­esamtes wurden insgesamt 904,7 Millionen Tonnen Treibhausg­ase freigesetz­t – 0,5 Prozent weniger als im Vorjahr. Während die Kohlendiox­idemission­en bei der Stromerzeu­gung demnach sanken, stiegen sie in der Industrie und im Verkehr.

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FOTO: DPA Feierabend­verkehr am Stuttgarte­r Neckartor: Die Klimaschut­zziele der EU seien „technisch und wirtschaft­lich kosteneffi­zient nicht erreichbar“, sagt jedenfalls der Verband der Automobili­ndustrie.

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