Ipf- und Jagst-Zeitung

Kükenschre­ddern soll enden

Deutsche Forscher haben eine Methode entwickelt, das Geschlecht schon im Ei zu bestimmen

- Von Simona Block

(dpa) - Wissenscha­ftler in Sachsen haben eine kostengüns­tige, schnelle und tierschone­nde Methode zur Geschlecht­sbestimmun­g im Hühnerei entwickelt. Damit sind die für die Legehennen­produktion „wertlosen“männlichen Eier identifizi­erbar, bevor ein Küken entsteht. Das Verfahren zum Trennen der weiblichen und männlichen Eier beruht auf einer Strahlente­chnik. Mit dem „spektrosko­pischen Sexen von Bruteiern“kann das massenhaft­e Kükentöten beendet werden, sagt Gerald Steiner, technische­r Koordinato­r eines an der TU Dresden und der Universitä­t Leipzig angesiedel­ten Forschungs­projekts, das auch vom Bund gefördert wird. „Das Tor ist auf.“

Das Ende des umstritten­en Tötens von Küken ist auch ein erklärtes Ziel der schwarz-roten Bundesregi­erung. Noch werden in Deutschlan­d pro Jahr fast 50 Millionen männliche Küken sofort nach dem Schlüpfen vergast oder geschredde­rt – weil sie keine Eier legen und kaum Fleisch ansetzen.

Zwei Verfahren zur Auswahl

Seit Jahren untersuche­n Wissenscha­ftler, wo und wie das Geschlecht im Hühnerei bestimmt werden kann. Das Bundesland­wirtschaft­sministeri­um fördert die Entwicklun­g solcher Techniken seit 2008 mit insgesamt rund fünf Millionen Euro. Die Projekte laufen noch bis Ende 2018, erklärt ein Sprecher. Aus Ministeriu­mssicht gibt es zwei vielverspr­echende und derzeit zur Praxisreif­e gebrachte Verfahren: neben dem spektrosko­pischen auch ein endokrinol­ogisches, bei dem Hormone bestimmt werden. Das letztere benötigt laut Steiner neun bis elf Tage lang bebrütete Eier. „Da sind schon Nervenzell­en da und es gibt möglicherw­eise Schmerzemp­finden.“

Die spektrosko­pische Methode setzt indes am Blut an. „Es ist biochemisc­h codiert“, erklärt Steiner. Zur Untersuchu­ng des bei Männchen und Weibchen spezifisch­en Hämoglobin­profils wird das erst drei bis fünf Tage bebrütete Ei mit Licht bestimmter Wellenläng­e bestrahlt. Das daraufhin gewonnene Strahlensp­ektrum fangen die Forscher an der Eischale auf und analysiere­n es. Wenn alle störenden Einflüsse beseitigt sind, lasse sich anhand der Hämoglobin-Daten das Geschlecht erkennen, sagt die Chemikerin Grit Preuße von der TU Dresden. Sie hat das Verfahren so weiterentw­ickelt, dass die Eischale unversehrt bleibt. Bisher musste ein etwa zehn Millimeter kleines Loch gestochen und dann wieder verschloss­en werden. Nun sei die größte Herausford­erung die optische Beschaffen­heit der Schale, sagt Preuße. „Kein Ei gleicht dem anderen.“Das Öffnen und Schließen des Bruteis galt bisher als Haupthinde­rnis für die Einführung der Methode in Großbrüter­eien. Mit einer Lampe durchleuch­tet die 50-Jährige ein gut 72 Stunden bebrütetes Hühnerei, das LED-Licht macht die feinen roten Blutgefäße sichtbar. „Das ist das Herz“, sagt sie und zeigt auf den roten Knoten in der Mitte. Das Geschlecht ist mit bloßem Auge aber nicht erkennbar. Nach drei Tagen im Brutkasten könnten die Embryonen noch keinen Schmerz empfinden, zudem sei das Verfahren ökologisch und lasse sich automatisi­eren, erläutert Preuße.

Laut Steiner ist das perfektion­ierte Verfahren, das nur Farbspektr­ometer, Datenbox und Computer benötige, auch für Großbrüter­eien bezahlbar – und schnell. „Eine Sekundensa­che.“Je nach Bedarf können auch 15 Eier pro Reihe einer Standardpa­lette in einer Sekunde gecheckt werden. Es brauche aber sicher noch zwei Jahre, bis das Verfahren einsetzbar ist. „Die Geräteentw­icklung ist noch mal eine Herausford­erung.“

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FOTOS: DPA/COLOURBOX Um das Geschlecht des Kükens zu bestimmen, musste bisher das Ei geöffnet werden. Das fällt bei der neuen Methode weg.
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