Bayern will den Titel in der Arena
Die Trainergerüchte überlagern das Spitzenspiel des Bald-Meisters gegen Dortmund
(SID/dpa) - Jupp Heynckes sah sich zu einer Grundsatzrede veranlasst. Am Gründonnerstag. Vor seiner Mannschaft. „Das war notwendig und die Message ist angekommen“, sagte Bayern Münchens Trainer am Freitag vor dem deutschen Klassiker gegen Borussia Dortmund. Es ging Heynckes weder um seine Zukunft oder die anhaltenden Trainerspekulationen, noch um die Meisterschaftschance im Prestigeduell heute (18.30 Uhr/Sky). Heynckes wollte die Sinne schärfen „vor der heißen Phase im April“, wie er sagte.
In den nächsten Wochen zeigt sich, aus welchem Holz dieses Team des FC Bayern wirklich geschnitzt ist. Und Heynckes möchte das Optimum herausholen, schließlich soll sein Freundschaftsdienst im Mai mit dem größtmöglichen Erfolg enden. Ein Sieg gegen Dortmund drei Tage vor dem Viertelfinal-Hinspiel in der Champions League beim FC Sevilla wäre schon mal „sehr gut“, sagte Heynckes.
Ob der 28. Meistertitel danach kurz vor dem Osterfest perfekt ist, kümmert den Trainer-Routinier eher wenig. Obwohl es das erste Mal wäre, dass die Münchner in ihrer 2005 eröffneten Arena die Entscheidung herbeiführen. Ein Meisterstück dahoam, das wäre doch eigentlich was. „Für uns ist es sekundär, ob wir morgen deutscher Meister werden oder in einer Woche oder zwei Wochen“, sagte Heynckes: „Ich sehe das ganz relaxed und entspannt.“
Dortmund ohne Reus und Toprak
Der Zeitpunkt der alljährlichen Weißbierdusche hängt freilich auch von Schalke 04 ab. Wenn die Knappen heute nicht gegen den SC Freiburg gewinnen, kann der FC Bayern ein paar Stunden später ohne den verletzten Arturo Vidal (Oberschenkelprellung) den Abstand auf dann uneinholbare 19 oder 20 Punkte vor den letzten sechs Spieltagen ausdehnen. „Unser Plan ist es nicht, dass sie gegen uns die Meisterschaft feiern“, sagte BVB-Trainer Peter Stöger.
Sportlich birgt der deutsche Klassiker diesmal weniger Spannung als in den Vorjahren: In der Tabelle trennen die beiden Rivalen Welten. Eine Niederlage käme den Bayern dennoch ungelegen. Heynckes rechnet mit einem „hoch motivierten Gegner“, der im Kampf um die erneute Teilnahme an der Königsklasse ohnehin jeden Punkt dringend brauchen kann und über „riesiges Offensivpotenzial“verfüge. Allerdings muss der BVB auf Marco Reus verzichten, der an Adduktorenproblemen leidet. Außerdem fehlen Innenverteidiger Ömer Toprak wegen muskulärer Beschwerden, Linksverteidiger Raphael Guerreiro und Offensivspieler Jadon Sancho. Unter Druck steht derweil Mario Götze. Noch sieben Spiele bleiben dem Weltmeister, um sich noch für die nächste WM in Russland zu empfehlen. Bundestrainer Joachim Löw sagte zuletzt, Götze habe noch nicht ganz die Form erreicht, die man sich vorstelle. Er sei aber keineswegs abgeschrieben. Reus ebenfalls nicht. Und auch André Schürrle sei nach wie vor ein Thema für die WM. Dann sollte er allerdings in München überzeugen.
Mehr Brisanz bergen derzeit die Vorgänge außerhalb des Platzes. Das beginnt bei der Trainersuche. Bayern ist nach der Absage von Thomas Tuchel (siehe Meldung rechts) unter Druck, einen geeigneten Nachfolger für Heynckes zu finden. Ein Kandidat wäre Ralph Hasenhüttl, der bis 2019 bei RB Leipzig gebunden ist, aber einmal mehr behauptete, er sei eigentlich noch zu grün für den Job beim FC Bayern und könne sich gut vorstellen, in Leipzig zu bleiben. Im Zweifel dürfte RB eine horrende Ablöse für den Österreicher aufrufen. Weitere Kandidaten sind Lucien Favre, nach der Saison zu haben, und Niko Kovac von Eintracht Frankfurt.
An allen drei Trainern soll auch Dortmund Interesse haben, auch der BVB hätte am liebsten Hasenhüttl. Auf der Bank sitzt zwar noch Stöger, aber die Wahrscheinlichkeit, dass dies auch in der neuen Saison so sein wird, ist gering. Obwohl der BVB unter dem Österreicher in der Liga noch ungeschlagen ist (seit zwölf Spielen), gilt er nicht als Mann der Zukunft. Kritikpunkte: Eine unattraktive Spielweise und das blamable Aus in der Europa League.
Sammer wird wohl BVB-Berater
Und dann ist da noch die Personalie, die am späten Freitag bekannt wurde: Matthias Sammer soll nach Informationen der Funke Mediengruppe als externer Berater zum BVB zurückkehren. Dortmund bestätigte entsprechende Gespräche. „Wir benötigen einen wie Matthias Sammer. Seine Analysefähigkeit, seine Leidenschaft, seine Identifikation, seinen klaren Blick von außen“, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Er habe sich deshalb „seit geraumer Zeit“um den früheren BVB-Meistertrainer bemüht. Die Meinungsverschiedenheiten aus Sammers Zeit als Sportvorstand beim FC Bayern, versicherte Watzke, seien längst ausgeräumt.