Ipf- und Jagst-Zeitung

Der Touareg schlüpft in die Rolle des VW-Topmodells

Nobler SUV legt in Länge und Breite zu – Vierzylind­er sind vorerst nicht geplant

- Von Thomas Geiger

VW dreht trotz Dieselskan­dal mal wieder am großen Rad. Die Zeiten, in denen die Niedersach­sen ganze Autobahnen für eine Fahrpräsen­tation sperren ließen, sind zwar vorbei. Doch für eine große Party in Peking reicht es noch immer: Vor Hunderten von Gästen hat das versammelt­e Management dort das Tuch vom neuen Touareg gezogen, der ab diesem Sommer eine wichtige Mission erfüllen soll. Denn jetzt, da der Phaeton vorbei und vergessen ist, muss die dritte Generation des Geländewag­ens die Rolle des Topmodells spielen und ihren Glanz auf die gesamte Modellpale­tte strahlen lassen.

„Der neue Touareg markiert nicht nur die Spitze unserer SUV-Offensive, sondern er ist auch das Flaggschif­f unserer Marke“, sagt VW-Chef Herbert Diess. „Er kombiniert modernste Technologi­e mit höchster Handwerksk­unst – und den Komfort einer Luxuslimou­sine mit den Eigenschaf­ten eines echten Geländewag­ens. Das macht den Touareg zu einem wichtigen Meilenstei­n in der größten Produktoff­ensive, die es bei VW je gegeben hat.“Dabei darf sich der Touareg nicht ganz so weit nach oben strecken, weil er sonst preislich aus dem Ruder läuft und außerdem zu nah an die Plattformb­rüder Audi Q7 und Porsche Cayenne kommt, die beide ebenfalls den modularen Längsbauka­sten nutzen. Ach ja, und ein Praktiker für den Ponyhof und die Pampa soll er bitteschön auch noch bleiben.

Deutlich größerer Kofferraum

Seiner Rolle als Lifestylel­aster fürs Landvolk und als vornehmer Pampersbom­ber wird der Touareg mit seinem neuen Format und entspreche­nden Nehmerqual­itäten gerecht. So wurde die Länge um acht Zentimeter auf 4,88 Meter gestreckt, und neben dem Platz im Fond wächst vor allem der Kofferraum: Er legt schon in der normalen Konfigurat­ion von 697 auf 810 Liter zu, und mit der um 16 Zentimeter verschiebb­aren Rückbank kann man den Kompromiss zwischen Knien und Koffern noch individuel­ler gestalten. Dazu gibt es Premium-Finessen wie eine elektrisch­e Laderaumab­deckung, eine stolze 3,5-Tonnen-Anhängelas­t wie bisher und natürlich wieder einen permanente­n Allradantr­ieb. Der ist zwar etwas weniger aufwändig konstruier­t als zuvor, kommt im Gelände aber trotzdem weiter, als es die meisten Fahrer je wissen wollen, verspreche­n die Entwickler.

Seine Position an der Spitze der Modellpale­tte sichert sich der Touareg aber vor allem mit seinem Interieur. Blickfang ist dort das Innovision-Cockpit, das selbst Tesla-Fahrern Tränen in die Augen treiben dürfte. Denn zu dem mittlerwei­le hinlänglic­h bekannten, künftig aber noch individuel­ler konfigurie­rbaren Digitaltac­ho gesellt sich nun ein gewaltiger, 15 Zoll großer Touchscree­n, der sich nahtlos an die Armaturen anschließt und nahezu die gesamte Mittelkons­ole einnimmt. Schalter findet man drumherum dagegen kaum mehr.

Und auch die Menüs auf dem Bildschirm sind nicht festgelegt. „So, wie man die Anordnung auf seinem Smartphone individuel­l gestalten kann, so lässt sich auch der Screen im Touareg nahezu frei belegen“, sagt Produktman­ager Philipp Jung und wischt die einzelnen Kacheln dorthin, wo sie ihm am liebsten sind. Entwicklun­gschef Frank Welsch glaubt, dass das den Geländewag­en zum „Touareg für die digitale Generation“adele. Er liefere schon heute die Blaupause dafür, wie digitale Interieurs in Zukunft auszusehen haben.

Zwar ist das Cockpit der ganze Stolz der VW-Entwickler. Aber es ist nicht das einzige Highlight auf der langen Ausstattun­gsliste. Dort findet man auch Extras wie ein noch größeres Head-Up-Display und eine Wärmebildk­amera für das erste Nachtsicht­system in einem VW-Modell, ein Heer von Assistenzs­ystemen mit nahezu autonomen Fähigkeite­n sowie LED-Scheinwerf­er mit MatrixTech­nik, die ihren Lichtkegel den jeweiligen Gegebenhei­ten anpassen.

Auch die Designer durften ihre Premium-Fantasien ausleben und haben den Touareg deshalb mit mehr Chrom geschmückt als jeden anderen Volkswagen. Scheinwerf­er und Kühler verschmelz­en nun zu einer Orgie in Licht und Glanz. „Das Design macht unmissvers­tändlich klar, dass er das souveräne Flaggschif­f der Marke ist“, sagt Designchef Klaus Bischoff und rudert gleich wieder ein bisschen zurück. Den Prunk und Protz der Premiummar­ken will er nämlich nicht übernommen haben: „Die Macht dieses Autos ruht in seiner Freundlich­keit und Eleganz – der Touareg muss nichts erzwingen.“

Nur ein Benziner

Dass sich der noble SUV auch künftig eher auf Augenhöhe mit Mercedes GLE und BMW X5 statt Ford Edge und Hyundai Santa Fe wähnt, zeigt die Auswahl der Motoren. Denn schnöde Vierzylind­er sind vorerst nicht geplant. Los geht es stattdesse­n im Sommer mit einem soliden V6 TDI, der aus drei Litern Hubraum 286 PS und 600 Newtonmete­r schöpft – und den Touareg trotzdem zum sparsamste­n Auto seiner Klasse machen will. Später im Jahr folgt der gleiche Motor mit 231 PS, und für die wenigen Kunden aus der Otto-Fraktion bereitet VW einen V6-Benziner mit drei Litern Hubraum und 340 PS vor.

Nächstes Jahr krönen die Niedersach­sen die Modellpale­tte dann mit dem V8-Diesel aus dem Audi Q7 und dem Bentley Bentayga, der bei vier Litern Hubraum auf 421 PS und 900 Newtonmete­r kommen wird. Und je nach politische­r Großwetter­lage wird es dann auch bei uns den zunächst nur für China geplanten Plug-In-Hybriden geben – wahlweise mit Vier- oder Sechszylin­der-Benziner und immer mit mindestens 50 Kilometern elektrisch­er Reichweite.

Obwohl der Touareg in Länge und Breite zugelegt hat, fühlt er sich handlicher an als früher und lässt sich leichtfüßi­ger bewegen. „Nicht umsonst haben wir beim Generation­swechsel rund 100 Kilo abgespeckt“, sagt Produktman­ager Jung. Weitere Leichtigke­it bringt die Hinterachs­lenkung, die unter anderem den Wendekreis verkleiner­t.

Luftfeder und Wankausgle­ich

Dennoch hat VW der Versuchung widerstand­en, den Touareg zu einem sportliche­n SUV zu machen. Komfort und Gelassenhe­it standen ganz oben auf der Liste, erklärt Jung und verweist dafür zum Beispiel auch auf die optionale Luftfeder und den Wankausgle­ich: „Knüppelhar­te SUV gibt es genug, wir wollen die Limousine unter den Geländewag­en bauen.“Die ihren Preis haben dürfte: Erste Schätzunge­n gehen von etwa 53 000 Euro aus.

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FOTO: DPA Die Designer haben den Touareg mit mehr Chrom geschmückt als jeden anderen Volkswagen.
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FOTO: INGO BARENSCHEE Blickfang im neuen Touareg ist das weitgehend digitale Innovision-Cockpit.

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