Ipf- und Jagst-Zeitung

Weiter Streit um Pensionen

Vier Vorschläge für die Altersvors­orge der Abgeordnet­en

- Von Kara Ballarin

(kab) - Im Ringen um die Altersvors­orge für die Landtagsab­geordneten hat am Mittwoch die unabhängig­e Kommission in Stuttgart ihre Ergebnisse vorgestell­t. Dabei hat der Vorsitzend­e Michael Hund nicht ein, sondern vier Modelle präsentier­t. Die meiste Zustimmung unter den zehn Experten fand der Vorschlag, dass die baden-württember­gischen Abgeordnet­en einem Versorgung­swerk beitreten sollen. Solch ein Versorgung­swerk für Abgeordnet­e gibt es bereits in Nordrhein-Westfalen und Brandenbur­g.

Landtagspr­äsidentin Muhterem Aras (Grüne) hatte die Expertenko­mmission vorgeschla­gen. Diese sollte den Streit um eine angemessen­e Vorsorge für die Parlamenta­rier beilegen. Die Debatte flammte auf, als der Landtag vor einem Jahr die Rückkehr zur Staatspens­ion beschlosse­n und wegen öffentlich­er Empörung später zurückgeno­mmen hatte.

- Acht Monate hat sich eine unabhängig­e Kommission mit der Frage beschäftig­t, welche Altersvors­orge für Landtagsab­geordnete angemessen ist. Der Kommission­svorsitzen­de Michael Hund hat am Mittwoch im Stuttgarte­r Landtag nicht eine, sondern vier mögliche Lösungen präsentier­t. „Das ist kein Makel, im Gegenteil“, betonte Hund. Er forderte die Parlamenta­rier auf, alle Vorschläge zu prüfen, „unter Beteiligun­g der Öffentlich­keit, nicht übereilt, mit Bedacht“. Nur so entstehe Akzeptanz bei der Bevölkerun­g.

Mit dieser Mahnung kritisiert­e Hund das Vorgehen der Abgeordnet­en im vergangene­n Jahr. Der Landtag hatte Anfang 2017 im Eilverfahr­en eine Neuregelun­g für die Altersvors­orge beschlosse­n. Mit den Stimmen von Grünen, CDU und SPD machte das Parlament die Rückkehr zur lukrativen Staatspens­ion möglich. Diese Art der Altersvers­orgung hatte das Parlament 2008 abgeschaff­t. Wie die Bürger sollten die Abgeordnet­en selbst fürs Alter vorsorgen. Bislang erhalten die Mandtatstr­äger dafür monatlich eine Pauschale für die private Vorsorge – derzeit 1720 Euro – zusätzlich zu ihrer Diät von aktuell 7776 Euro im Monat. Nach heftigem öffentlich­en Widerstand nahmen die Abgeordnet­en die Neuregelun­g im März wieder zurück.

Zur Lösung des Problems hatte Landtagspr­äsidentin Muhterem Aras (Grüne) die Expertenko­mmission ins Leben gerufen – und dafür selbst heftige Kritik einstecken müssen. Sie hatte den früheren Bundesverf­assungsric­hters Herbert Landau als Vorsitzend­en vorgeschla­gen und Kosten von 400 000 Euro anberaumt. Aras entkräftet­e die Kritik an der hohen Summe, indem sie schließlic­h dem früheren Vizepräsid­ent des Bundesverw­altungsger­ichtes Michael Hund den Vorsitz übertrug. Die Kosten fielen um die Hälfte.

Begleitet wurde der Prozess von einem weiteren Gremium – ein Forum aus zufällig ausgewählt­en Bürgern. Dieses hat vor zwei Monaten geurteilt: Nein zur Rückkehr zur Staatspens­ion. Denn Abgeordnet­e und Bürger sollten nicht ungleich behandelt werden, so das Argument.

Zustimmung zu Versorgung­swerk

Favorit der Kommission ist ein Beitritt der Abgeordnet­en zu einem Versorgung­swerk, wie es NordrheinW­estfalen und Brandenbur­g eingericht­et haben. Acht der zehn Mitglieder unterstütz­en dieses Modell, das auch das Bürgerforu­m guthieß.

Sieben Mitglieder befürworte­ten ein neues Modell, bei dem der Landtag die Altersvors­orge über eine Renten-Rückdeckun­gsversiche­rung selbst in die Hand nimmt.

Immerhin die Hälfte der Kommission­smitgliede­r sieht es als angemessen an, die Abgeordnet­en doch wieder staatlich zu versorgen. Im Gegensatz zur Staatspens­ion im herkömmlic­hen Sinn soll die Finanzieru­ng nicht auf später verschoben werden – was zu unkalkulie­rbaren Kosten für spätere Landeshaus­halte führen würde. Die Finanzieru­ng soll aus dem aktuellen Haushalt erfolgen.

Drei Mitglieder der Kommission unterstütz­en ein viertes Modell, das dem aktuellen am nächsten kommt und einem zweiten Vorschlag des Bürgerforu­ms ähnelt. Hierbei sollen die Abgeordnet­en mehr Geld zur privaten Vorsorge bekommen.

Zu den zehn Vertretern von Verbänden, Arbeitnehm­ern, Arbeitgebe­rn und Wissenscha­ftlern der Kommission gehört auch der Freiburger Politikpro­fessor Ulrich Eith. Er bezeichnet­e es als „sinnvoll, vier Modelle nebeneinan­der zu stellen“und nicht ein einziges vorzuschla­gen. Denn: „Ein zentrales Kriterium ist die besondere Stellung der Mandatsträ­ger. Der Gesetzgebe­r muss in eigener Sache tätig werden.“Eith wandte sich damit gegen die Kritik des FDPFraktio­nschefs Hans-Ulrich Rülke. „Der Prozess hat uns nicht weiter gebracht“, hatte Rülke die Arbeit der Kommission kommentier­t.

Fraktionen prüfen Vorschläge

Alle Fraktionen kündigten an, die Vorschläge nun genau zu prüfen. Allein SPD-Fraktionsc­hef Andreas Stoch wagte eine Tendenz. „Wir haben schon in der letzten Legislatur­periode ein Versorgung­swerksmode­ll präferiert.“Grünen-Fraktionsc­hef Andreas Schwarz betonte: „Den früheren Gesetzentw­urf werden wir nicht mehr rausziehen.“

Laut dem CDU-Fraktionsv­orsitzende­n Wolfgang Reinhart werden sich die Abgeordnet­en wohl nicht vor Ende des Jahres auf ein Modell festlegen. Rüdiger Klos (AfD) erklärte: „Wir sehen uns durch die Kommission vollumfäng­lich bestätigt.“Seine Fraktion war gegen die Rückkehr zur Staatspens­ion.

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FOTO: DPA Michael Hund (Mitte), Vorsitzend­er der unabhängig­en Kommission zur Altersvers­orgung der Abgeordnet­en, übergibt seinen Abschlussb­ericht an den Landtag. Im Hintergrun­d Vertreter der Fraktionen.

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