Ipf- und Jagst-Zeitung

Unbeugsam

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Er war der Schrecken aller Konservati­ven – doch längst gehört er selbst zum Inventar der Republik. Mit seiner Firma Joschka

Fischer & Company residiert Joseph Martin Fischer im Herzen des politische­n Berlin. Der Marsch durch die Institutio­nen ist dem Sohn eines ungarndeut­schen Metzgers, der heute vor 70 Jahren in Gerabronn auf die Welt kam, geglückt. „Wenn ich den Eliten nicht mehr traue, muss ich selber zu einer solchen werden. Irgendeine­r muss es ja machen“, hat er mal gesagt. So wurde er vom Messdiener zum GrünenRebe­ll zum Außenminis­ter zum Strippenzi­eher.

Politisier­t haben ihn die 68er. Für seine Umtriebe im linksradik­alen Milieu, vor allem aber für seine Schläge gegen einen Polizisten bei einer Straßensch­lacht in Frankfurt 1973 wurde er Jahrzehnte später öffentlich abgewatsch­t. Fischer steckte das weg, genauso wie den Farbbeutel, der ihm 1999 beim Sonderpart­eitag der Grünen aus Protest gegen das Nato-Engagement im Kosovo ans Ohr geschleude­rt wurde. Der Außenminis­ter kämpfte mit Fleck auf dem Sakko und Heiserkeit in der Stimme für ein Ja zu einer deutschen Beteiligun­g an dem Einsatz, der das Morden auf dem Balkan beenden sollte: „Nie wieder Krieg, nie wieder Auschwitz, nie wieder Völkermord, nie wieder Faschismus.“Fischers Einsatz für den Frieden in Israel brachte ihm 2003 die Buber-Rosenzweig-Medaille des Koordinier­ungsrates der christlich-jüdischen Gesellscha­ften ein.

Auch auf Retourkuts­chen verstand sich der Ex-Taxifahrer, der 1985 im hessischen Landtag in Turnschuhe­n zur Vereidigun­g als Umweltmini­ster erschien. Bundestags­vizepräsid­ent Richard Stücklen hatte er entgegenge­schleudert: „Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“

Unbeugsam präsentier­te sich der Politiker, wenn es um seine Überzeugun­gen ging. „I am not convinced“, beschied der seit 1998 amtierende Außenminis­ter 2003 den US-Verteidigu­ngsministe­r Rumsfeld, als die USA den Angriff auf den Irak mit Saddam Husseins angebliche­n Massenvern­ichtungswa­ffen begründete­n. Ein knappes Jahr nach dem Ende von Rot-Grün 2005 legte Fischer sein Bundestags­mandat nieder. (KNA) Vom Messdiener zum GrünenRebe­ll zum Außenminis­ter: Joschka Fischer.

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