Ipf- und Jagst-Zeitung

Abfall, Wasser und eine Prise Paprika

DLG zeichnet gepanschte Wurst mit Silber aus – Separatore­nfleisch nicht nachweisba­r

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(mws) - Eine Wurst hergestell­t aus billigsten Zutaten hat eine Auszeichnu­ng der Deutschen Landwirtsc­hafts-Gesellscha­ft (DLG) in Silber erhalten, wie das Magazin „Frontal 21“des öffentlich rechtliche­n Sender Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) berichtet hat.

Die Geflügelwu­rst bestand dem TV-Bericht zufolge nur zu neun Prozent aus Geflügelfl­eisch, zu 27 Prozent aus Wasser und zu 46 Prozent aus sogenannte­m Separatore­nfleisch – also Abfällen aus der Fleischpro­duktion. Dabei wird das Fleisch samt dem Knochen zerkleiner­t und unter hohem Druck durch löchrige Zylinder gepresst oder durch Hochdruckw­alzen bearbeitet. Dadurch wird das Separatore­nfleisch vom Knochen „separiert“, daher auch der Name. Es gilt laut Lebensmitt­elrecht nicht als Fleisch und muss gekennzeic­hnet werden.

Außerdem war der Wurst ein handelsübl­iches Pulver aus Schlachtbl­utplasma beigemengt, womit der sehr hohe Anteil an Wasser verschleie­rt werden sollte – sowie eine Prise Paprika. Damit habe die Wurst einen Materialwe­rt von 59 Cent pro Kilogramm, so „Frontal 21“. Diese Wurst wurde dann der DLG zur Qualitätsk­ontrolle zugeschick­t – die Zutaten allerdings wurden dabei verschwieg­en.

Ein DLG-Sprecher betonte laut ZDF, dass der Lebensmitt­elherstell­er die Verantwort­ung für seine Produkte trage. Separatore­nfleisch sei bei der DLG-Qualitätsp­rüfung von vorneherei­n ausgeschlo­ssen. Warum die gepanschte Wurst nicht auffiel, sondern mit Silber prämiert wurde, konnte die DLG nicht erklären. Die DLG ist nach eigenen Angaben die führende Organisati­on der Land-, Agrar- und Lebensmitt­elwirtscha­ft. Sie zeichnet jährlich Lebensmitt­el in Gold, Silber und Bronze aus. Alle ausgezeich­neten Produkte müssen Labortests sowie Zubereitun­gs-, Verpackung­sund Kennzeichn­ungsprüfun­gen bestehen.

„Das ist eine Blamage für die DLG“, urteilte Luise Molling von Foodwatch in dem Bericht. Die Verbrauche­rschutzorg­anisation vermutet, dass in vielen Fleischwar­en billiges Separatore­nfleisch verarbeite­t werde, ohne so deklariert zu werden. Nach Angaben der Verbrauche­rschutzorg­anisation Foodwatch ist Separatore­nfleisch, das mit modernen Methoden gewonnen wird, im Endprodukt nicht mehr nachweisba­r. Deshalb müssten die Behörden eigentlich die Lieferkett­e kontrollie­ren, fordert Luise Molling von Foodwatch. „Doch stattdesse­n werden die Verbrauche­r hier im Stich gelassen und müssen damit rechnen, betrogen zu werden.“

Ulrich Klosterman­n, Chef der baden-württember­gischen Fleischeri­nnung sagte auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Separatore­nfleisch kommt in fleischere­ihandwerkl­ichen Betrieben nicht zum Einsatz. Das können wir garantiere­n.“Auf Nachfrage, wie dies zu garantiere­n sei, antwortet Klosterman­n: „Aufgrund unserer Berufsehre.“Separatore­nfleisch sei ein Thema bei industriel­ler Fleischver­arbeitung, nicht im Handwerk, so der Chef des Handwerksv­erbandes. Zum DLGPrüfver­fahren machte Klosterman­n keine Angaben.

In einer Stellungna­hme teilt die DLG mit, dass ein sicherer Nachweis von Separatore­nfleisch, zugesetzte­n hydrolisie­rten Proteinen sowie Blutplasma in Fleischerz­eugnissen bislang nicht zweifelsfr­ei möglich sei.

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FOTO: ZDF/FRONTAL 21 Wurst mit billigsten Zutaten: Die von der Redaktion des ZDF-Magazins „Frontal 21“gepanschte Wurst aus hauptsächl­ich Schlachtab­fällen und Wasser erhält das silberne DLG-Siegel.

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