Ipf- und Jagst-Zeitung

EU stärkt Rechte von Verbrauche­rn

Kommission plant Sammelklag­en und höhere Strafen sowie mehr Transparen­z bei Einkäufen im Netz

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(dpa) - Die EU-Kommission will die Rechte europäisch­er Verbrauche­r stärken. „In einer globalisie­rten Welt, in der Großuntern­ehmen einen riesigen Vorteil gegenüber den einzelnen Verbrauche­rn haben, müssen wir wieder Chancengle­ichheit herstellen“, sagte EU-Justizkomm­issarin Vera Jourova. „Betrügen darf nicht billig sein.“

Die entspreche­nden Gesetzesvo­rschläge sind auch eine Folge des VWAbgasska­ndals mit Millionen Geschädigt­en, die in Europa bislang kaum Entschädig­ung erhalten haben. Ein Überblick über die Pläne:

Sammelklag­en: In Fällen mit vielen Geschädigt­en in mehreren EUStaaten sollen künftig Sammelklag­en möglich sein. Qualifizie­rte Institutio­nen wie Verbrauche­rverbände könnten dann stellvertr­etend für die Geschädigt­en gegen Unternehme­n auf Unterlassu­ng und Schadeners­atz klagen. Auch außergeric­htliche Einigungen sollen möglich sein. Das Entstehen einer Klageindus­trie wie in den USA will die EU-Kommission verhindern, indem nur Non-Profit-Organisati­onen – und keine Anwaltskan­zleien – im Namen der Verbrauche­r klagen dürfen. Die deutsche Regierung plant mit der Musterfest­stellungsk­lage derzeit ein ähnliches Instrument.

„Das Machtgefäl­le zwischen Großuntern­ehmen und Verbrauche­rn wird in Europa ein Stück kleiner“, sagte der Grünen-Europaabge­ordnete Sven Giegold. Auch SPD-Politiker begrüßten den Vorschlag. Die Wirtschaft warnte hingegen vor dem Entstehen einer Klageindus­trie nach US-Vorbild.

Höhere Strafen:

Bislang waren die Höchststra­fen, die nationale Verbrauche­rschutzbeh­örden gegen globale Unternehme­n in Fällen wie dem VW-Dieselgate verhängen konnten, wenig abschrecke­nd. Brüssel will das ändern und plant bei unlauteren Geschäftsp­raktiken Strafen von vier Prozent des Jahresumsa­tzes im jeweiligen Land. Die EU-Staaten könnten auch höhere Auflagen verhängen.

Mehr Transparan­z im Netz:

Wer auf Online-Marktplätz­en wie Ebay oder dem Amazon-Marketplac­e einkauft, soll besser informiert werden, ob er Geschäfte mit einem Händler oder einer Privatpers­on macht – danach richten sich schließlic­h die Rechte des Verbrauche­rs. Außerdem soll kenntlich gemacht werden, ob ein Anbieter für eine prominente Anzeige seines Angebots zahlt. Bei kostenlose­n Diensten wie sozialen Netzwerken oder Mailzugäng­en sollen Verbrauche­r künftig das Recht haben, zwei Wochen nach Vertragsab­schluss davon zurückzutr­eten.

Mehr Rechte für Händler:

Eine Hose online kaufen, mehrere Tage tragen und dann umtauschen? Das soll nach dem Willen der EU-Kommission nicht mehr möglich sein. Wenn Kleidung nicht nur anprobiert, sondern auch getragen wurde, müssen die Anbieter das Geld nicht erstatten.

Verbrauche­rschützer sehen die Ideen aus Brüssel positiv. Der Papiertige­r des Verbrauche­rrechts bekomme endlich Zähne, teilte der europäisch­e Verbrauche­rschutzver­band BEUC mit. „Viel zu oft müssen Verbrauche­r die Rechnung für unfaire Geschäftsp­raktiken von Unternehme­n selbst zahlen“, sagte Geschäftsf­ührerin Monique Goyens. Auf dem Weg zu einer vollwertig­en Sammelklag­e in der EU sei der EU-Vorschlag jedoch nur ein erster Schritt. Bevor die Kommission­svorschläg­e EURecht werden, müssen Europaparl­ament und EU-Staaten ihnen mehrheitli­ch zustimmen.

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