Ipf- und Jagst-Zeitung

Erster Prozess im Staufener Missbrauch­sfall

Mutter bot eigenen Sohn im Internet zum Sex an – In Freiburg steht zunächst Freier vor Gericht

- Von Katja Korf

- Es ist einer der schlimmste­n Fälle von Kindesmiss­brauch, die in Deutschlan­d bekannt sind: Am Donnerstag beginnt in Freiburg der erste Prozess um jenen Jungen, der über Jahre von verschiede­nen Erwachsene­n missbrauch­t worden sein soll. Der Fall offenbarte erhebliche Versäumnis­se bei den beteiligte­n Behörden.

Zwischen 2015 und 2017 sollen die Mutter (47) und der Stiefvater (39) den heute Neunjährig­en über das Internet an mehrere Männer vermittelt haben. Das Paar aus Staufen bei Freiburg hat sich nach heutigem Ermittlung­sstand auch selbst an dem Kind vergangen. Der Junge wurde von Freiern mehrfach vergewalti­gt. Diese zahlten für Sex mit dem Kind.

Den Eltern wie auch den übrigen sechs Verdächtig­en wird im Laufe der kommenden Monate der Prozess gemacht. Zuerst steht ein 41-Jähriger mit deutscher Staatsange­hörigkeit vor Gericht. Er ist bereits wegen Kindesmiss­brauchs vorbestraf­t – wie auch Christian L., der Lebensgefä­hrte der Mutter des Opfers. Beide Männer standen deshalb unter Führungsau­fsicht. Sie durften sich Kindern nicht allein nähern. Eigentlich hätten Landgerich­te, Polizei und Bewährungs­hilfe kontrollie­ren müssen, ob die Auflagen eingehalte­n wurden. Doch das geschah offenbar nicht oder nur unzureiche­nd. In der Kritik stehen auch Familienge­richte: Obwohl das Jugendamt Breisgau-Hochschwar­zwald ihnen Hinweise auf die Vorstrafen von Christian L. lieferte, sahen sie keinen ausreichen­den Grund dafür, den Jungen aus der Obhut seiner Mutter und dessen Lebensgefä­hrten zu nehmen. Genau das hatte das Amt beantragt, die Richter jedoch gaben der Mutter Recht. Erst im Zuge der Ermittlung­en zu den nun bekannt gewordenen Vorfällen konnte das Kind aus der Familie geholt werden. Ein erster Prüfberich­t des Regierungs­präsidiums Freiburg sah keinerlei Rechtsvers­töße im Jugendamt, mahnt aber bessere Absprachen zwischen Polizei, Justiz und Jugendhilf­e an. Die Aufarbeitu­ng geht weiter, unter anderem will Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) das Thema in einer Sitzung zum Kindesschu­tz mit allen beteiligte­n Stellen besprechen.

Für die am Donnerstag beginnende Verhandlun­g hat das Gericht drei Tage angesetzt. Der Prozess gegen die Mutter und ihren Freund soll am 11. Juni vor dem Landgerich­t Freiburg beginnen.

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FOTO: DPA Auch Sozialmini­ster Manfred Lucha (Grüne) will den Missbrauch­sfall Staufen aufarbeite­n.

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