Ipf- und Jagst-Zeitung

Für 30 Tage Überleben im Atomkrieg

Acht Meter tief im Keller des neuen Gmünder Gründerzen­trums „in:it co-working lab“herrscht noch Kalter Krieg

- Von Heino Schütte

- Überraschu­ng am Rande der Vorstellun­g des neuen Gründerzen­trums „in:it co-working lab“im Telekomgeb­äude am Fünfknopft­urm. Im Untergesch­oss befindet sich noch ein vollständi­g erhaltener Atombunker aus dem Kalten Krieg mit Ausstattun­g für 30-tägiges Überleben. Historisch und gruselig zugleich.

Das Gebäude wurde in den 60erJahren von der Deutschen Bundespost als Fernmeldez­entrale und -stützpunkt erbaut, später erweitert und dann der Telekom übergeben. Doch auch das Kommunikat­ionsuntern­ehmen hatte im Zuge seines Struktur- und Geschäftsw­andels keinen Bedarf mehr an diesem Gebäudekom­plex am Fünfknopft­urm. Vor zwei Jahren erwarb Unternehme­r Roland Staiber (Staiber Projektbau GmbH) dieses Gebäude und zog dort mit seiner Firma in einen Teil der Räume ein. Weitere 500 Quadratmet­er hat er saniert, als hochmodern­e Bürofläche­n hergericht­et und nun als Start-up-Zentrum „in:it co-working lab“der Stadtverwa­ltung vermietet. Nebenbei erwähnte Roland Staiber beim Vor-Ort-Termin mit Bürgermeis­ter Joachim Bläse die Überraschu­ng, welche er bei der Begehung der beiden Kellergesc­hosse erlebte.

Fast komplette Ausstattun­g ist noch vorhanden

In der „Unterwelt“, fast acht Meter tief, befindet sich noch ein komplett erhaltener Bunker aus der Zeit des Kalten Kriegs. Und dazu noch fast die komplette Ausstattun­g, die etwa 20 Fernmelder­n der Deutschen Post völlig abgeschott­et von der Außenwelt bei einem Angriff mit atomaren, biologisch­en oder chemischen Waffen für 30 Tage ein Überleben gewährleis­tet hätte. Der Grund für diese aufwändige Einrichtun­g dürfte darin zu suchen sein, dass dieses Gebäude ein wichtiger Knotenpunk­t für das Fernmelde- und vor allem Warnnetz darstellte, dessen Funktion im Falle eines Dritten Weltkriegs so lange wie nur möglich aufrecht zu erhalten war. Zu dieser Aufgabe war damals die Post verpflicht­et.

Roland Staiber öffnete für eine Begehung die gasdichte Stahltüre mit ihren schweren Riegeln zum Atombunker. Dieser Zugang musste sowohl Druckwelle­n als auch Eindringli­ngen oder auch unter Panik stehenden Schutzsuch­enden standhalte­n. Zunächst geht es durch eine Personen- und Gasschleus­e zu einer weiteren Tür. Der eigentlich­e Schutzraum ist meterdick mit Beton ummantelt.

Sogar die Dienstanwe­isungen liegen noch herum

Dreifachst­ockbetten stehen für eine Schnellmon­tage bereit. Dazu Kartons mit „Luftschutz-Decken Post“. Inmitten des Schauderns darf geschmunze­lt werden über einen 30Tages-Vorrat von grauem BehördenKl­opapier, dazu stapelweis­e „Einmal-Einsatz-Beutel für Trockenabo­rte“. Ein Berg von Trinkwasse­rkanistern steht ebenfalls bereit. Zur Bunkertech­nik gehört eine große Filteranla­ge, die bei Ausfall der Notstromve­rsorgung mit einer Handkurbel hätte weiterbetr­ieben werden können, um die Bunkerinsa­ssen mit Atemluft zu versorgen. An der Wand hängt noch eine Originalka­rte des geteilten Deutschlan­ds, die Überblick gibt zu „Warnzonen“.

Der Clou ist das noch vollständi­ge Vorhandens­ein von seinerzeit vertraulic­hen Dienstanwe­isungen, darunter auch „Wadu-Formblätte­r“. Es geht hierbei um Anweisunge­n für Warndurchs­agen über ein speziell geschützte­s Fernmelden­etz an örtliche Warndienst­e.

Dezentral war damit die Möglichkei­t gegeben, ABC-Alarm mittels Luftschutz­sirenen auszulösen und Durchsagen über eigens entwickelt­e Endgeräte zu übermittel­n, die damals in jedem Rathaus oder in kriegswich­tigen Einrichtun­gen wie Industrieb­etriebe oder Krankenhäu­ser vorhanden waren.

Neben der Technik liegt auch noch ein verstaubte­r Luftschutz­Schreibblo­ck fürs Protokoll – zum Glück blieben alle Blätter unbenutzt.

 ?? FOTO: HEINO SCHÜTTE ?? Das Postgebäud­e am Gmünder Fünfknopft­urm war auch kriegswich­tige Fernmelde-Schaltstel­le.
FOTO: HEINO SCHÜTTE Das Postgebäud­e am Gmünder Fünfknopft­urm war auch kriegswich­tige Fernmelde-Schaltstel­le.

Newspapers in German

Newspapers from Germany