Ipf- und Jagst-Zeitung

Die heitere Seite verunglück­ter Worte

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Ein Klassiker sprachlich­er Ungenauigk­eiten ist der freudsche Verspreche­r. Er hat die schöne Eigenschaf­t, durch das unbeabsich­tigte Ausdrücken eines Umstandes, versehentl­ich die Wahrheit ans Licht kommen zu lassen. In das Poesiealbu­m der politische­n Reden hat es zum Beispiel Angela Merkel im Jahr 2008 geschafft, als sie ihren lieben Parteifreu­nd Roland Koch auf freudsche Art „Roland Kotz“nannte. Was für eine psychologi­sche Ursache dahinterst­eckt, konnte im Anschluss nicht erschöpfen­d geklärt werden. Jedenfalls: Vom ehemaligen hessischen Ministerpr­äsidenten hat man bald darauf und bis in die jüngere Zeit nicht mehr allzu viel gehört.

Natürlich gibt es auch Verspreche­r, die wenig psychologi­sche Doppelbödi­gkeit aufweisen. Auch in dieser Disziplin haben sich Politiker besonders hervorgeta­n. Denn durch ihr staatstrag­end geprägtes Auftreten, erhalten sprachlich­e Wirren besonderen Charme. Als Altmeister dieses Genres darf Edmund Stoiber gelten, der es mit seinen schönen Sätzen wahrschein­lich bald in den Kanon der Schülerlek­türe an bayerische­n Gymnasien schafft. Passend zum Frühling hat er zum Beispiel folgende poetischen Worte geprägt: „Ich hab’s mir auch angewöhnt, dass ich jeden Tag in der Früh’ in den Garten schaue und vielleicht eine Blume hinrichte oder aufrichte.“

Am schönsten ist es jedoch, wenn ein unschuldig­er Kindermund durch die eigentlich verfehlte Konstrukti­on eines Wortes einen neuen Sinn gebiert. Und es – wie kürzlich in Hörweite eines Vaters geschehen – sagt: „Du Papa, was bedeutet eigentlich Laktose-Inkompeten­z?“

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FOTO: DPA Roland Koch, Opfer eines freud● schen Verspreche­rs.

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