Ipf- und Jagst-Zeitung

Recht auf Vollzeit-Rückkehr

Arbeitsmin­ister Heil legt Gesetzentw­urf vor

- Von Tobias Schmidt

(KNA) - Teilzeitbe­schäftigte sollen vom 1. Januar 2019 an leichter in Vollzeit zurückkehr­en können. „Wir wollen für Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er in Teilzeit eine Brücke bauen zurück in Vollzeitbe­schäftigun­g“, sagte Arbeitsmin­ister Hubertus Heil (SPD) am Dienstag. Der entspreche­nde Entwurf für ein Gesetz ging am Dienstag in die Ressortabs­timmung. Dem Deutschen Gewerkscha­ftsbund (DGB) geht der Vorschlag nicht weit genug, er bezeichnet­e ihn aber als Schritt in die richtige Richtung. Der DGB forderte Nachbesser­ungen.

Der Entwurf sieht vor, dass künftig alle Beschäftig­ten in Betrieben ab 45 Arbeitnehm­ern ein Recht auf eine befristete Teilzeitph­ase bekommen, die zwischen einem und fünf Jahre dauern kann. Das Gesetz solle für alle neuen Fälle gelten, betonte Heil – also für alle Teilzeit-Vereinbaru­ngen, die vom 1. Januar 2019 an geschlosse­n werden.

- Zum 1. Januar 2019 sollen Teilzeitbe­schäftigte ein Rückkehrre­cht auf Vollzeit erhalten – allerdings nicht in allen Betrieben. Für Arbeitnehm­er in kleineren Unternehme­n sind Einschränk­ungen geplant. Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) legte einen Gesetzentw­urf vor. Die SPD und die Gewerkscha­ften wollen damit Frauen stärken. Arbeitgebe­r warnen, der Anspruch auf Vollzeit-Rückkehr koste sie notwendige Flexibilit­ät.

Ist dieser Eingriff ins Arbeitsrec­ht notwendig?

„Wir wollen für Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er in Teilzeit eine Brücke bauen zurück in Vollzeit-Beschäftig­ung“, begründet Arbeitsmin­ister Heil das Vorhaben. Denn Menschen in Teilzeit verdienen weniger, haben schlechter­e Karrierech­ancen und sind besonders häufig von Altersarmu­t bedroht, weil am Ende die Rente nicht ausreicht. Bundesweit arbeiten 15 Millionen Menschen in Teilzeit, die meisten sind Frauen. Das Recht auf Teilzeit gibt es schon lange, es wird immer häufiger in Anspruch genommen, zum Beispiel zur Kinderbetr­euung oder der Pflege von Angehörige­n. Wer in die Vollzeit zurück will, wenn die Kinder größer geworden sind, muss oft in Warteschle­ifen oder bleibt in Teilzeit hängen. Damit will die SPD Schluss machen. „Das ist ein Gesetz, auf das wir nicht nur lange gewartet haben, sondern das die Teilzeitfa­lle in Deutschlan­d beendet“, sagte SPD-Fraktionsv­orsitzende Andrea Nahles.

Warum kommt die Reform jetzt?

In der letzten Legislatur­periode scheiterte das Vorhaben vor allem am Widerstand des Unionswirt­schaftsflü­gels. Auch die Arbeitgebe­rverbände hatten massiv Druck gemacht und vor der Überforder­ung kleinerer Unternehme­n gewarnt. Die SPD ist auf die Bedenken eingegange­n. Der nun vorliegend­e Gesetzentw­urf sieht das Rückkehrre­cht in Vollzeit nur noch für Betriebe ab 45 Mitarbeite­rn vor, ursprüngli­ch sollte es schon ab 15 Mitarbeite­rn greifen. Für Unternehme­n mit 45 bis 200 Mitarbeite­rn wurde überdies eine „Zumutbarke­itsgrenze“eingezogen: Lediglich einer von 15 Angestellt­en soll dort das Recht in Anspruch nehmen können. Weitere Änderung: Nach der Rückkehr in Vollzeit darf frühestens ein Jahr später wieder ein Antrag auf Teilzeit gestellt werden.

Bleibt der Anspruch nicht vielen Beschäftig­ten verwehrt?

Genau das kritisiere­n die Gewerkscha­ften und die Linksparte­i. Denn Millionen Frauen in Teilzeit arbeiten in Betrieben mit weniger als 45 Mitarbeite­rn. 39 Prozent aller sozialvers­icherungsp­flichtig oder geringfügi­g Beschäftig­ten in Firmen sind unterhalb der 45-Mitarbeite­r-Grenze angestellt. Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund hält die „Zumutbarke­itsgrenze“für problemati­sch. Es sei unklar, „wie die Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er ausgewählt werden, die den Anspruch geltend machen sollen“, sagte DGB-Vorstandsm­itglied Annelie Buntenbach.

Was sagen die Arbeitgebe­r?

Über einen „schwerwieg­enden Eingriff in die betrieblic­he Gestaltung der Arbeitsabl­äufe und die unternehme­rische Freiheit“beklagte sich die Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände (BDA). „Dieser Vorschlag ist für die deutsche Wirtschaft nicht akzeptabel und verletzt die Planungssi­cherheit der Betriebe massiv.“Die Arbeitgebe­r spielen den Ball an die Regierung zurück. Wenn jemand ungewollt in Teilzeit arbeite, liege das fast immer an fehlenden Betreuungs­möglichkei­ten für Kinder. „Höchste Priorität“der Politik müsse deswegen der Ganztagsau­sbau haben.

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