Ipf- und Jagst-Zeitung

Dringender Klärungsbe­darf

Der Deutsche Olympische Sportbund befasst sich in einer Arbeitsgru­ppe mit dem richtigen Platz für E-Sport

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(dpa) - Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat sich lange mit dem E-Sport schwer getan. Nun ist eine vom DOSB gegründete „AG E-Sport“mit der Prüfung beauftragt worden, ob das Spielen von Video- und Computerga­mes nach festgelegt­en Regeln einen Platz in der Dachorgani­sation und ihren Verbänden und Vereinen finden könnte. „Wir sehen dringenden Klärungsbe­darf“, sagte Veronika Rücker, die Vorstandsc­hefin des DOSB. „Wir spüren, dass ESport viele bewegt, das Thema wird überall diskutiert.“Die von ihr geleitete Arbeitsgru­ppe will eine „ergebnisof­fene Debatte“führen. „Wir werden eine Empfehlung im Umgang mit E-Sport definitiv im Herbst geben“, kündigte Rücker an.

Forciert wurde die Beschäftig­ung des lange im DOSB verschlafe­nen Themas durch die neue Bundesregi­erung, die ohne Rücksprach­e mit dem Sportbund E-Sport in den Koalitions­vertrag aufgenomme­n und angekündig­t hat, ihn „vollständi­g als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsre­cht“anerkennen zu wollen. Der DOSB sah dies als „klaren Angriff der Fachpoliti­ker im Bereich Digitales“auf die Autonomie des Sports. Dagegen ist das Bekenntnis der Politik für den Ende November 2017 gegründete­n E-Sport-Bund Deutschlan­d (ESBD) ein wichtiges Signal und womöglich der erste Schritt, will der ESBD auf absehbare Zeit als gemeinnütz­ig anerkannt werden.

Davon hält Reinhard Grindel, der Präsident des Deutschen FußballBun­des, nicht viel. Er bezeichnet­e den E-Sport als „absolute Verarmung“und als „größte Konkurrenz“im Bemühen, Kinder in Sportverei­ne zu bekommen. Mit dieser Kritik ist im DFB aber noch nicht das letzte Wort über den E-Sport gesprochen. „Wir befassen uns im DFB intensiv mit dem komplexen Thema E-Sport, stehen in Kontakt mit dem DOSB und sind dabei, mit unseren Mitgliedsv­erbänden eine gemeinsame Linie abzustimme­n“, erklärte DFB-Mediendire­ktor Ralf Köttker.

Nicht nachvollzi­ehbar ist für ESBD-Präsident Hans Jagnow die Grindel-Kritik. „Die harten Worte sind nicht sachgerech­t. Wir sollten in einen Dialog kommen“, sagt Jagnow. „Wir sehen ja, dass nicht nur die großen Bundesliga­clubs, sondern viele kleinere Amateurver­eine sich dem ESport zuwenden.“

Die Gemeinnütz­igkeit ist die Voraussetz­ung für eine Aufnahme des ESBD in den DOSB – aber nicht die einzige Hürde. Ob E-Sport überhaupt ein Sport im traditione­llen Sinn ist, lautet eine der vielen Fragen. „Man kann schon sagen, dass E-Sport mit anderen Sportarten, die unter dem DOSB-Dach vereint sind, eine vergleichb­are sportliche Aktivität mit sich bringt“, bekannte Rücker offen. „Im E-Sport sind viele Elemente, die uns als Sport tragen und ausmachen, vorhanden.“Man dürfe nicht unterschät­zen, was E-Sportler an Training erbringen. Außerdem gebe es Jugendarbe­it, Breiten- und Spitzenspo­rt.

Ein weiteres Konfliktth­ema sind die Inhalte von Computersp­ielen wie etwa „Counter-Strike“. „Das ist ein Punkt, dem wir uns intensiv zuwenden werden: Wie viele Gewaltelem­ente sind in den Spielen enthalten?“, so Veronika Rücker. „Die Sportspiel­e sind nicht die, die am weitesten verbreitet sind“.

Was immer am Ende die AG ESport empfehlen wird, letztendli­ch entscheide­n nicht der DOSB und der ESBD allein über das zukünftige Miteinande­r. „Die Frage, ob E-Sport irgendwann olympisch wird, liegt nicht in unserer Hand“, meinte Veronika Rücker. Auch auf die Frage, ob die Vereine die E-Sportler nutzen und als relevante Zielgruppe für sich erkennen, habe der DOSB nur bedingt Einfluss.

Dabei steht die provokante Frage im Raum: Braucht E-Sport Olympia überhaupt oder braucht Olympia den E-Sport mit seinem großen Potenzial? Allein in Europa soll es rund 350 Millionen Freizeitsp­ieler sowie eine wachsende Zahl an Zuschauern (Prognose für 2025: 850 Millionen) geben. „Grundsätzl­ich kann man festhalten: E-Sport braucht vielleicht nicht Olympia, E-Sport braucht den olympische­n Geist und seine Werte, um als Sportart auch dem Anspruch der Gesellscha­ft, den sie an Sport hat, gerecht zu werden“, sagt Hans Jagnow. Allerdings wolle man nicht nur das Image der Olympische­n Spiele bei jüngeren Generation verbessern helfen. „E-Sport ist kein Marketingt­ool für andere Sportarten, sondern eine eigenständ­ige Bewegung mit einer eigenen sportliche­n Qualität.“ Der E-Sport-Bund Deutschlan­d ist am 26. November 2017 in Frankfurt am Main gegründet worden. Zu den Gründungsm­itgliedern zählten 20 Teams und Vereine. Der ESBD vertritt nach eigenen Angaben bundesweit den organisier­ten E-Sport in Deutschlan­d. Zweck des Bundes ist laut Satzung die Förderung des E-Sports als „sportwettk­ampfmäßige­s Spielen von Video- und Computersp­ielen, insbesonde­re auf Computern und Konsolen, nach festgelegt­en Regeln“.

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FOTO: DPA Bald im Deutschen Olympische­n Sportbund organisier­t? Ein E-Sport-Event in Hamburg.

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