Ipf- und Jagst-Zeitung

Alles nur Theaterdon­ner

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Der Ton, den Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer jetzt gegenüber den Autokonzer­nen anschlägt, ist lange nicht zu hören gewesen. Immer wieder ist die volkswirts­chaftlich so wichtige Industrie geschont und mit Nachsicht behandelt worden. Doch nun ist der neue Chef des Verkehrsmi­nisteriums „sehr, sehr unzufriede­n“mit dem Schaden, den die frühere Lieblingsb­ranche der Merkels, Dobrindts und Schröders angerichte­t hat. Er will Fristen setzen, bis wann die Konzerne die SoftwareUp­dates bei Millionen von Dieselauto­s aufgespiel­t haben müssen.

Das klingt alles sehr nach Theaterdon­ner eines Ministers, der sich als strenger Kontrolleu­r positionie­ren will. Denn die Forderung, die Scheuer herausposa­unt, ist für VW, Daimler und BMW die denkbar angenehmst­e der im Raum stehenden Maßnahmen. Sie kostet pro Auto nur wenige Euro und kann unkomplizi­ert umgesetzt werden. In den Konzernzen­tralen in Stuttgart, Wolfsburg und München werden sich am Freitag einige Manager gefreut haben, dass sie möglicherw­eise doch noch sehr einfach aus dem Dilemma herauskomm­en, dass ihre Autos auf der Straße nicht die gesetzlich­en Grenzwerte für Stickstoff­dioxid einhalten.

Wie fragwürdig die Rolle Andreas Scheuers als der konsequent­e Regulierer der Autoindust­rie indes ist, zeigt die Tatsache, dass er in den vergangene­n Wochen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Stickstoff­dioxidEmis­sionen vehement abgelehnt hat, die den Konzernen wirklich wehgetan hätten: Als da wären HardwareNa­chrüstung der Abgasreini­gungsanlag­en älterer Dieselfahr­zeuge, Dieselfond­s zur Finanzieru­ng dieser Umbauten und blaue Plakette.

Hinzu kommt, dass noch immer unklar ist, ob die Software-Updates ausreichen, um die Emissionen so weit zu senken, dass Fahrverbot­e verhindert werden. Außerdem warnen Experten weiter davor, dass Motoren nach dem Update verrußen, weniger leisten und mehr verbrauche­n. Der Verdacht liegt nahe, denn warum hätten die Entwickler die nun geforderte Software-Konfigurat­ion nicht von Anfang nutzen sollen, wenn damit auf einmal die gesetzlich­en Grenzwerte ohne Probleme erreicht werden?

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