Ipf- und Jagst-Zeitung

„Schwäbisch isch wia Rock´n Roll“

Bernd Kohlhepp alias Herr Hämmerle lüftet die Geheimniss­e seines Tagebuchs

- Von Jürgen Blankenhor­n Von olympische­m Schlaf und dementen Radios

– Auf Einladung des Fördervere­ins Musikverei­n Ellenberg ist Bernd Kohlhepp mit seinem Programm „Hämmerle privat“in der Elchhalle aufgetrete­n. Und wenn der bekennende Bempflinge­r aus dem „Nähkästche­n“plaudert und die Geheimniss­e seines Tagebuchs lüftet, ist beste und kurzweilig­e Unterhaltu­ng garantiert.

Kaum auf die Bühne gekommen, bedauerte er mit „Was läuft bei denen alles schief?“die Zuschauer in der ersten Reihe, um sie sogleich Opfer seiner offenen und kommunikat­ionsfreudi­gen Art werden zu lassen. Und so erfahren Maria und Ina aus Ellenberg, Jörg aus Abtsgmünd und Marlies aus Ebnat, dass ihre Plätze bei Herrn Hämmerle eine Nebenrolle im Programm impliziere­n. Aber auch der Autor dieser Zeilen wurde vom Herrn Hämmerle mit viel Aufmerksam­keit bedacht.

Pragmatisc­he Lebenshilf­e und schwäbisch­e Philosophi­e

Eine besondere Beziehung baute er jedoch zu einem namenlosen Ellwanger auf. Trotz Hilfestell­ungen wie „wie hat Dich denn deine Mutter genannt?“oder „wie sagt deine Frau zu dir?“war dieser nicht in der Lage (oder willens), sich an seinen Namen zu erinnern. Dabei ist es genau dieses Spiel mit dem Publikum, das spontane Herbeiführ­en der Situations­komik, das Improvisie­ren, was die Auftritte des Bernd Kohlhepp so einzigarti­g macht. Dazu überrascht er mit fundierten Ortskenntn­issen. Egal ob Ellenbergs Gipfelkreu­z oder der fehlende Bahnhof: Hämmerle schaffte es, diese Steilvorla­gen gekonnt in sein Programm zu integriere­n.

Neben pragmatisc­hen Lebenshilf­en wie „Alkohol ist keine Lösung, es ist ein Destillat“überrascht­e Hämmerle mit elementare­n, auf der schwäbisch­e Lebensphil­osophie basierende­n Grundgedan­ken wie „Ich weiß nicht, dass ich was weiß“oder fast schon philosophi­schen Erörterung­en zum Standard-Abzählreim der Kinder der 70er, „Ene mene dubbe dene“. Egal ob hilfsberei­ter oder mitfühlend­er Nachbar, technikgen­ervter Schwabe, oder ärztemange­lgeschädig­ter Patient mit Vorsteherp­roblem, Hämmerle hatte für alle Lebenssitu­ationen eine Antwort oder ein Beispiel parat. Dass Frauen olympisch schlafen – länger, tiefer und weiter, oder im Kühlschran­k immer Licht brennt, sein Radio dement ist und sein Kühlschran­k inkontinen­t, Hämmerle outete sich schonungsl­os. Dazu verriet er wieso sein Mai 2016 34 Tage hatte oder wieso sein Tagebuch am 27. November 2063 endet und auf seinem Grabstein einfach „He“steht – keine Geheimniss­e blieben dem Publikum verborgen. Dazwischen begeistert­e der Bempflinge­r mit Gesangsein­lagen. Ob David Lee Roth, Elvis, Tom Jones oder Rocco Granata – keiner war vor seinen Coverversi­onen des „schwäbisch­en Gigolos“sicher. Dabei entzückte er die Damenwelt mit einem Hüftschwun­g, bei dem die Originale zu Recht neidisch geworden wären.

Dank seiner ausgeprägt­er Mimik und Gestik, seiner Eloquenz, seinem tiefgründi­gen Humor und seiner Schlagfert­igkeit ist jeder Auftritt Hämmerles eine Premiere – so auch in Ellenberg, bei dem Marias Gipfelkreu­z, Inas Waschmasch­ine und das Smartphone des namenlosen Ellwangers das Programm als RunningGag begleitete­n. Zuschauer des Abends war übrigens Jörg aus Abtsgmünd. Ob aus Mitleid oder wegen seiner aktiven Mitgestalt­ung des Programms – dieses letzte Geheimnis behielt Hämmerle für sich.

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FOTO: Hintergrün­dig und gewitzt: Bernd Kohlhepp alias Herr Hämmerle überzeugt durch Sprachwitz und das Spiel mit dem Publikum.

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