Von der Leyen will Wehretat erhöhen
Verteidigungsministerin von der Leyen will zwölf Milliarden Euro zusätzlich
(dpa) - Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen macht in den laufenden Haushaltsverhandlungen Druck: Die CDU-Politikerin verlangt höhere Verteidigungsausgaben als von SPD-Finanzminister Olaf Scholz für die Jahre bis 2021 geplant. Zwischen den Vorstellungen der beiden klafft laut „Bild am Sonntag“eine Lücke von rund sechs Milliarden Euro. In den Verhandlungen fordere von der Leyen insgesamt zwölf Milliarden Euro mehr als der vorherige Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) in seinem Entwurf vom vergangenen Sommer vorsah.
- Neuer Zoff in der Großen Koalition: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) fordert für den Wehretat zwölf Milliarden Euro zusätzlich, doch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hält den Deckel drauf. Was am Sonntag aus den vertraulichen Haushaltsberatungen durchsickert, könnte zur ernsten Belastungsprobe für Schwarz-Rot werden. Bei der Sitzung des Bundeskabinetts am kommenden Mittwoch werde von der Leyen auf den Tisch hauen und Druck machen, heißt es in Berlin. Doch die SPD bleibt stur.
Finanzminister Scholz will die Rüstungsausgaben bis 2021 um 5,5 Milliarden Euro anheben. Das reicht von der Leyen nicht. Schon kommendes Jahr würden drei Milliarden Euro mehr benötigt, für 2020 vier Milliarden und für 2021 fünf Milliarden Euro. Der Modernisierungsbedarf sei „gewaltig“, und das ScholzAngebot „noch unzureichend“, schimpfen von der Leyens Leute. Angesichts der massiven Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr wird dringend auf die Trendwende gewartet. Die Ministerin steht gegenüber den Soldaten und den europäischen Partnern, mit denen gemeinsame Beschaffungsprojekte vorangetrieben werden sollen, in der Bringschuld. Um nicht mit fast leeren Händen dazustehen, droht von der Leyens Ministerium: Sollte Scholz nicht mehr Geld für die Truppe geben, müsse „mindestens eines der verabredeten großen internationalen Rüstungsprojekte“auf die lange Bank geschoben werden. Ein Stopp für den mit Norwegen geplanten Bau von UBooten, ein Verzug beim Kauf von sechs Transportflugzeugen vom Typ C-130 Hercules für eine deutschfranzösische Fliegerstaffel – beides wäre ein verheerendes Signal.
SPD-Chefhaushälter Johannes Kahrs winkte ab: „Olaf Scholz hat gemäß Koalitionsvertrag mehr Geld für die Bundeswehr eingeplant“, sagte er am Sonntag der „Schwäbischen Zeitung“. „Wichtig ist, dass das Bundesverteidigungsministerium jetzt die eigenen Abläufe und Strukturen arbeitsfähig macht“, spielte er den Ball zurück an von der Leyen, sieht in deren Haus Optimierungsbedarf und keine Notwendigkeit für mehr Geld.
Schließlich hätte das Verteidigungsministerium in den vergangenen Jahren stets eine Milliarde Euro gar nicht ausgeben können. Dass der Streit von der Leyen gegen Scholz am Mittwoch im Kabinett eskaliert, erwartet Kahrs indes nicht. Er gehe davon aus, dass der Beschluss über den Haushalt 2018 und die mittelfristige Finanzplanung „einstimmig gefasst wird“– also letztlich mit Zustimmung der Verteidigungsministerin. Schon in der vergangenen Woche – vor den vertraulichen Gesprächen der Ministerinnen und Minister mit Scholz über die Ressortetats – war eine Liste mit vorrangigen Rüstungsprojekten an die Öffentlichkeit gelangt mit dem Signal: Die Truppe braucht mehr Material. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels, hatte sich hinter die Forderung gestellt und davor gewarnt, die U-BootKooperation mit Norwegen oder die Hercules-Beschaffung mit Frankreich zu verschieben. Auch der Transatlantik-Koordinator der Bundesregierung, Peter Beyer, sieht Nachholbedarf mit Blick auf das gemeinsame Nato-Ziel, den Wehretat auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) anzuheben. „Wenn Deutschland verlässlicher Partner sein will, muss es zu seinen Vereinbarungen stehen und dieses Ziel einhalten“, sagte Beyer der „Schwäbischen Zeitung“am Sonntag. Während der Bundeswehrverband vor einem weiteren Vertrauensverlust in die Politik warnt, wollen die Grünen in die entgegengesetzte Richtung. „Das Problem der Bundeswehr ist nicht zu wenig Geld, sondern das Missmanagement“, erklärte Grünen-Chefin Annalena Baerbock am Sonntag in Berlin.
Statt über höhere Verteidigungsausgaben zu streiten, müsse über mehr Geld für die Entwicklungszusammenarbeit gesprochen werden, ermahnt die Grünen-Chefin die Große Koalition. Im Koalitionsvertrag ist eine Anhebung des Entwicklungsbudgets auf 0,7 Prozent des BIP zugesagt – die Ausgaben für diesen Bereich gehen jedoch zurück.